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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Schritte hinter sich gehört. Ihren keuchenden Atem, als der Anstieg ihr das letzte abverlangte.
    Zamorra fluchte hemmungslos. Es nutzte nichts, aber es erleichterte. Wer immer hinter diesem Spuk steckte — er hatte bewiesen, daß er ein ebenbürtiger Gegner war. Während sich Zamorra mit festem Willen gegen den Einfluß der Hypnosescheibe gestemmt hatte, war ihm durch fremden Befehl längst aufgeschwatzt worden, seine Sekretärin befände sich noch hinter ihm. Sportlich und gewandt wie immer. Nur aus Höflichkeit nicht ihren Chef bei dem Wettlauf überholend.
    Zamorra schaute sich um.
    Kein brennendes Kreuz im Grund. Kein Hohepriester des Teuflischen in haariger Bocksmaske. Nicht die Spur eines Lebewesens.
    Schweigend lag die Schlucht da, als habe es nie Leben in ihr gegeben. Romantisch sah sie aus. Jetzt, wo sich der Mond durch die Wolken stahl. Kein blinder Dudelsackpfeifer weit und breit.
    Nur in der Ferne heulte ein Hund. Schaurig, langgezogen. Und der Totenvogel antwortete höhnisch…
    ***
    Zamorra verstand die Welt nicht mehr. Er rief nach Nicole.
    Keine Antwort! Nur der Wind strich über das Gras und rüttelte an den Bäumen im Grund.
    Zamorra kehrte um.
    Überall suchte er nach seiner Sekretärin. Er fand sie nicht!
    War sie etwa in ihrer Angst in geradem Anlauf den Steilhang hinaufgestürmt? Dann wartete sie am Ende am Wagen. Er aber hatte den Schlüssel zum Citroën in der Tasche. Nicole war ausgesperrt!
    Auf schnellstem Wege kehrte Zamorra um.
    Langsam kam auch er außer Atem. Er wurde wütend. Schließlich konnte er dem Versteckspiel keine lustige Seite mehr abgewinnen. Ärgerlich trat er auf den Pfad, dem er mit dem Wagen gefolgt war bis zu der Stelle, an der der Citroën sich festgefahren hatte.
    Zamorra glaubte seinen Augen nicht.
    Weit und breit keine Spur vom Citroën.
    Zamorra knipste kurz entschlossen die Taschenlampe an. Der Lichtkegel huschte über zerwühlte Grassode. Da hatte der Wagen gestanden, kein Zweifel. Aber jetzt führte die Reifenspur in der ursprünglichen Richtung weiter. Hatte Nicole am Ende Reserveschlüssel gehabt, sich in Panik hinter das Lenkrad geworfen und war losgebraust?
    Das sah ihr nicht ähnlich! Sie hätte sich nicht vom Fleck gerührt, ehe nicht ihr Chef aufgekreuzt wäre. Bei keinem der haarsträubenden Abenteuer der vergangenen Jahre hatte sich Nicole dermaßen kopflos aufgeführt.
    Aber es gab keinen Zweifel. Sie war hier gewesen. Die Fußspuren bewiesen es. Es gib nicht nur welche, die vom Citroën wegführten, sondern auch ganz deutliche Abdrücke, die zur Tür auf der Fahrerseite liefen und sich leicht zurückverfolgen ließen bis zum Rand der Schlucht.
    Kopfschüttelnd setzte sich der Professor in Bewegung.
    Er folgte einfach der Spur seines Citroën.
    Nirgends schien sich Nicole noch einmal in Schwierigkeiten befunden zu haben. Selbst morastige Teilstrecken hatte sie hinter sich gebracht, ohne steckenzubleiben.
    Und dann erkannte Zamorra in der Ferne ein Licht.
    Daunton? Kein Zweifel. Dort lag eine Ortschaft. Denn die Lichtquellen vervielfachten sich, je näher Zamorra herankam.
    Bald erkannte er, daß trotz der späten Stunde sämtliche Einwohner auf den Beinen waren. Immerhin rund hundert Seelen. Ausnahmslos ältere Leute, die Fackeln in den Händen trugen und einen silbergrauen Citroën bestaunten wie das achte Weltwunder.
    Nicole stand neben dem Wagen und verhandelte gerade mit einem schieläugigen Patron. Offenbar dem einzigen in Daunton, der Fremdenzimmer zur Verfügung stellen konnte. Ihm gehörte die einzige Pub des Ortes.
    »Nicole!« rief Zamorra wütend.
    Seine Sekretärin schaute ihn freudig überrascht an.
    »Da sind Sie also in der glücklichen Lage, einen waschechten Professor beherbergen zu dürfen«, meinte sie zu dem Mann mit dem Silberblick, hakte den Burschen vertrauenselig unter und zog ihn mit sich.
    »Mehr hast du nicht zu sagen?« stöhnte Zamorra.
    Nicole blickte ihn verwundert an.
    »Hast du mich nicht angewiesen, vorauszufahren und für dich Quartier zu machen?« fragte sie erstaunt. »Wie kommst du darauf, mir jetzt Vorwürfe machen zu wollen?«
    Zamorra schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Dann nickte er nur. Denn Nicole konnte schließlich nicht dafür! Sie war das Opfer einer Hypnose mit Gedächtnissperre. Der unbekannte Gegner schoß mit grobem Geschütz. Er wollte nur seine Möglichkeiten andeuten. Eine unüberhörbare Warnung aussprechen.
    »Also was ist, bekommen wir zwei Zimmer?« fragte der Professor den Gastwirt.

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