0096 - Wir jagten den U-Bahn-Mörder
bereits zugegeben! Sagen Sie, daß die anderen sechs Morde in den Untergrundbahnen auch noch auf Ihr Konto kommen, und dann lassen wir Sie für heute in Ruhe!«
»Ich bin nicht der U-Bahn-Mörder!« sagte Ed Bakewell dumpf. »Die Sache mit der Tyler war nur ein ganz blöder Zufall. Ich dachte, man würde annehmen, daß der U-Bahn-Mörder der Täter wäre. Aber ich habe wirklich nichts mit den anderen Morden zu tun.«
Phil pfiff durch die Zähne.
»Daher weht also der Wind«, meinte er. »Sie wollen Ihren feigen Überfall auf Miß Tyler als Ihre erste Tat hinstellen. Sie tun so, als hätten Sie vorgehabt, die Tat dem U-Bahn-Mörder in die Schuhe zu schieben. Ganz einfach, nicht wahr, Bakewell? Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Der Haken bei der Geschichte ist bloß der: Wir nehmen Ihnen das nicht ab! Wir weigern uns einfach, so einen Quatsch auch nur anzunehmen, geschweige denn, zu glauben!«
Phil blickte den Mann aus kritisch prüfenden Augen an.
»Sie haben sich verrannt, Bakewell!« sagte er leise, aber eindringlich.
»Warum glauben Sie mir denn nicht?« sagte Ed Bakewell gequält, und zum ersten Male lag auf seinem Gesicht ein Ausdruck ungläubiger Bestürzung.
Ich war nachdenklich geworden. Hier stimmte etwas nicht. Was paßte hier nicht zusammen? Diese Frage bewegte mich in den nächsten Minuten, während Phil den Verbrecher weiter ausfragte.
***
Das Motiv. Das würde uns vielleicht weiterbringen, dachte ich und bedeutete Phil durch ein Augenzwinkern mir das weitere Verhör zu überlassen.
»Bakewell«, begann ich. »warum haben Sie June Tyler überfallen? Sagen Sie mir ohne Umschweife den Grund!«
»Ich brauchte Geld«, antwortete ei dumpf und sank noch mehr in sich zusammen.
»Das war doch nicht der einzige Grund?« stieß ich nach.
Der Mann hob erstaunt den Blick, sah mich aus großen Augen verwundert an und hob verständnislos die Schultern.
»Warum denn nicht?« sagt er mit belegter Stimme und ließ die Schultern langsam wieder fallen. »Ich kenn doch die Tyler gar nicht — ich meine, ich hab‘ sie sie bis Sonnabend nicht gekannt — warum sollte ich sie denn sonst überfallen? Doch nur wegen Geld!«
Aus Gangstern werden beim Verhör oder vor Gericht manchmal die talentiertesten Schauspieler, nämlich stets dann, wenn's um ihr erbärmliches Leben geht. Aber diesem Ed Bakewell gestand ich diese Begabung nicht zu.
»Eigentlich hab‘ ich das nur wegen meiner Frau gemacht«, murmelte er. »Sie brauchte, ach — sie wollte unbedingt ‘nen neuen Mantel haben.' Dabei ist doch der alte noch gut genug.«
Ich stand auf und trat an die Stirnwand unseres Zimmers. Dort hing ein Stadtplan, in den wir eine ganze Menge Stecknadeln gepiekt hatten. Nadeln mit roten, blauen, gelben und grünen Köpfen. Jede Nadel trug ein Fähnchen, das eng beschrieben war.
»Kommen Sie doch mal her, Bakewell!« befahl ich.
Der Mann erhob sich und kam schwerfällig näher. Phil trat neben ihn.
»Sie sehen die vielen Nadeln«, sagte ich und musterte den Verbrecher aufmerksam. »Die Nadeln haben verschiedenfarbige Köpfe. Das hat natürlich was zu bedeuten. Wir haben die Dinger nicht da ‘reingesteckt, um uns die Zeit zu vertreiben. Sie finden auf der Karte an den verschiedensten Stellen sechs Nadeln mit roten Köpfen. Ferner: vier blaue, achtzehn gelbe und einhundertzweiundzwanzig grüne Köpfe. Ich werde Ihnen jetzt mal vorlesen, was unter diesem blauen Kopf« — ich wies auf, die Nadel, die zwischen der 225. und 215. Straße steckte — »auf dem Fähnchen alles draufsteht. Passen Sie mal gut auf, das wird Ihnen nämlich bekannt Vorkommen: ›June Tyler, 32, wohnhaft N. Y. 244. St. West 14, Tatort: 225.—215. St., Zeit: Sonnabend, 24. Januar, 23.15 Uhr.‹ Die Nadeln mit den blauen Köpfen bedeuten: Mordversuch!«
Ed Bakewell starrte auf die Stelle, an der er die Tat begangen hatte.
»Nehmen wir jetzt die grünen Stecknadeln«, fuhr ich fort. »Grün, das heißt: Frauen in der U-Bahn angesprochen. Die Daten liegen zwischen August und Dezember des vergangenen Jahres. Jetzt die gelben: das sind grobe Belästigungen. Es ist vielleicht nur Zufällen zu verdanken, daß statt der gelben keine roten Stecknadeln verwandt werden brauchten. Damit sind wir bereits bei rot: Mord! Und jetzt passen Sie besonders gut auf, Bakewell! Es begann am Sonntag, den siebten September vergangenen Jahres. Das erste Opfer war Leona Dar well, dreiunddreißig Jahre alt. Sie wurde auf den U-Bahn-Gleisen zwischen Sheepshead Bay und
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