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0097 - Wir sprangen dem Tod ins Genick

0097 - Wir sprangen dem Tod ins Genick

Titel: 0097 - Wir sprangen dem Tod ins Genick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir sprangen dem Tod ins Genick
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vielleicht schon vermutet, nicht?«
    »Klar! Hat er denn geredet?«
    »No. Er hat sein Maul nicht aufgemacht, obgleich wir ihn so durch die Mangel gedreht haben, daß er viermal ohnmächtig wurde…«
    In mir zog sich etwas zusammen. Ich brauchte meine ganze Willenskraft, um dieser Bestie nicht an die Gurgel zu gehen.
    Aber noch mußten wir uns beherrschen. Noch ,war die Stunde nicht gekommen, in der wir losschlagen durften. Die ganze Bande wollten wir, nicht nur einen von ihr…
    Wolden hatte inzwischen die Tür zu der Bude aufgeschlossen.
    »Habt ihr euch Nachschlüssel gemacht?« fragte ich.
    »No«, grinste ich. »Hatten wir gar nicht nötig. Das sind die Duplikate der echten Schlüssel.«
    »Habt ihr sie —?«
    Phil machte die Bewegung, die das Stehlen symbolisieren soll. Aber Wolden schüttelte wieder den Kopf.
    »No. Der Sohn von dieser netten Firma gehört zu uns. Er hat es satt, sich den ganzen Tag für ein mageres Butterbrot abschuften zu müssen…«
    Wir betraten die Bude. Es roch nach frischem Holz.
    Und da war noch ein anderer Geruch.
    Schach zwar, doch unverkennbar.
    Der Geruch von Verwesung.
    Wolden machte sich an einem Flaschenzug zu schaffen, der von der Decke herabhing.
    »Mach die Luke dort auf!« sagte er, ohne in irgendeine bestimmte Richtung zu blicken.
    »Welche Luke denn?« fragte Phil. »Ich sehe keine.«
    Wolden lachte wieder:
    »Ach so! Klar! Kannst ja auch keine sehen. Haben wir ja getarnt. Schiebt die Bretterstapel dort beiseite. Darunter ist die Luke.«
    Wir taten, was er uns gesagt hatte. Als wir den Lukendecke! hochhoben, flog uns eine Wolke von Verwesungsgeruch entgegen, daß nicht viel mehr fehlte, und uns wäre übel geworden.
    »Na los!« brüllte Wolden roh. »Runter mit euch! Damit wir diese stinkende Leiche endlich hier loswerden!«
    Ich schluckte und holte Luft. Im letzten Augenblick hieb mir Phil eins in die Rippen und ich schluckte wieder hinunter, was ich schon halb auf der Zunge gehabt hatte.
    »Komm, Jerry«, raunte Phil leise, während Woldens Flaschenzug klirrte. »Es ist das Letzte, was wir für unseren Kameraden tun können…«
    Er hatte recht. Wir steckten uns Zigaretten an und sprangen hinab. Wir ahnten in dieser Minute nicht, daß der Tod bereits seine Hand nach uns ausstreckte…
    ***
    »Kannst dich drauf verlassen«, sagte O'Brien. »Wir quetschen dich doch noch aus!«
    Er saß mit dem jungen Craise in seinem Office im Revier.
    Er hatte den Jungen sofort mitgenommen, aber der Junge hatte noch keine einzige Frage beantwortet.
    O'Brien hatte hin und her überlegt, wie er den Jungen zum Sprechen bringgen könnte. Er hatte mit den Eltern, mit den Lehrern gedroht — es war alles sinnlos gewesen.
    Auf einmal bemerkte er, wie der Halbwüchsige interessiert auf die gutgebaute Reklamefigur eines jungen Mädchens auf einem Coca-Cola-Kalender blickte, der an der Wand hing.
    Da kam ihm der rettende Einfall.
    Er stand auf und sagte:
    »Komm mit.«
    Schweigend, wie er bisher geschwiegen hatte, folgte ihm der jugendliche Verbrecher.
    Sie durchquerten den Flur und betraten den Hauptraum des Reviers mit der Wache. O'Brien stellte sich vor den Tisch des Wachhabenden und sagte:
    »Johnny, verwahr mir den Burschen gut. Ich muß eben noch eine Kleinigkeit erledigen.«
    »Okay, Bill.«
    O'Brien ging hinaus. In tiefen Zügen atmete er die würzige Abendluft. Es war längst dunkel geworden und vom Himmel sah man hie und da einen Stern blinken. Meine Güte, dachte er, während er in den Dienstwagen kletterte. Die Technik ist im Begriff, das Weltall zu erobern. Mit unserem rechnerischen Verstand haben wir ungeheure Fortschritte gemacht. Milliarden werden für die Technik und ihre Voraussetzungen ausgegeben.
    Ob es nicht sinnvoll wäre, auch einmal Milliarden für die selische Bildung der Menschen auszugeben? Moralische Forschungsinstitute einzurichten und mit der gleichen Leidenschaft zu betreiben wie etwa die Erforschung der atomaren Kräfte? Was soll uns die ganze Technik, wenn wir ihrer nicht Herr werden können? Kann man denn das Gute im Menschen nicht mit der gleichen strengen Leidenschaft und finanziellen Großzügigkeit heranbilden wie seine technischen Begabungen?
    Na, ich werde es leider nicht ändern können, dachte er. Aber darüber sollte viel mehr gesprochen und geschrieben werden. Es ist verdammt nötig. Craise hätte kein Verbrecher zu werden brauchen. Kein jungen Mensch brauchte es. Es gibt keine Veranlagung zum notorischen Gangster. Es hat sie nie gegeben und es wird

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