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0099 - Hexennacht

0099 - Hexennacht

Titel: 0099 - Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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Kelly hob die Hand.
    »Wir machen einmal eine Stell- und Sprechprobe mit Scheinwerfern, aber ohne Kamera.«
    Matt schob June auf die aufgebaute Szenerie zu.
    Plötzlich flog die Tür auf.
    Im eng anliegenden knallroten Seidenoverall und hohen, weißen Stiefeln kam Harriet Gilbert ins unterirdische Atelier, wo noch die Überbleibsel der Science-Fiction-Dekoration standen: ein halbes Raumschiff lehnte an der Wand, eine nachgeahmte Schaltzentrale war noch in einer Ecke aufgebaut.
    Don Kelly runzelte die Stirn. Er winkte Zamorra und Nicole Duval zu, die im Hintergrund standen und die Vorbereitungen der Filmleute angeregt beobachtet hatten.
    Dann trat Don vor Harriet hin.
    »Wir brauchen dich hier nicht. Warum bist du gekommen?«
    Harriet öffnete die Lippen und ließ ihr langes, blondes Haar über den Rücken wallen.
    »Ich habe einen gültigen Vertrag. Wo ist Molly, meine Garderobiere? Ich will mich umziehen. Ich drehe meine Szenen zu Ende.«
    »Ich habe Molly nach Hause geschickt. Sie hat sich geweigert, für June zu arbeiten.« Don musterte den Star finster. »Geh’ und störe die Dreharbeiten nicht. Es ist schwer genug, alle Szenen umzubauen.«
    »Ich bleibe«, zischte die Diva.
    »Geh, sonst lasse ich dich durch die Atelierpolizei hinauswerfen.«
    »Das wagst du nicht«, sagte die Diva drohend. »Rühr mich nicht an.« Sie zuckte die Achseln. »Ich setze mich in einen Stuhl und sehe zu, falls heute ohne mich gedreht wird. Aber morgen bin ich wieder dabei.«
    Mit den ihr eigenen Schritten, träge und lasziv, ging sie zum Regiestuhl und setzte sich. Sie nickte den Beleuchtern zu und faltete die Hände.
    Sie sah aus, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte, und schenkte allen Arbeitern, die an ihrem Stuhl vorübergingen, ihr berühmtes, verführerisches Lächeln.
    Zamorra und Nicole blieben im Hintergrund. Der Professor hielt es für richtiger, sie noch ahnungslos zu lassen. Er war auf der Hut und lauschte angestrengt auf die Regungen seines gut entwickelten Instinkts.
    Nein, er schlug nur ganz schwach aus. Die Hexen waren noch nicht hier. Bis auf eine: Harriet, Der Regisseur hatte sich entschlossen, die Diva wie Luft zu behandeln. Er führte Matt und June Atkins in die heimlich von Halle 16 geholte Dekoration und erklärte ihnen die kurze Szene.
    Dann befahl er gellend: »Ruhe. Absolute Ruhe.«
    Er gab Matt ein Handzeichen.
    Matt sprach seinen Part und trat auf June zu. Die ehemalige Komparsin drängte ihre Aufregung zurück. Sie sprach flüssig, spielte hervorragend — man glaubte ihr die lang aufgestaute Sehnsucht nach dem Jugendfreund.
    Atemlos lauschte das Filmteam den Worten der beiden Darsteller.
    Don hob den Arm. »Szene zu Ende. Scheinwerfer aus.«
    Er eilte auf June Atkins zu. »Großartig. Aber du überspielst etwas. Spiel’ die Szene etwas verhaltener. Du bist ein sehr schüchternes Mädchen.«
    »Ja, Mr. Kelly.« Unter der Schminke wurde June rot.
    Gellendes Gelächter unterbrach die kleine Unterredung.
    Alles fuhr zu Harriet Gilbert herum. Sie war aufgesprungen.
    »Stümperhaft, laienhaft«, kreischte sie, »und die soll mich ersetzen? Mich, die große Harriet Gilbert? Daß ich nicht lache!«
    Zamorra erschrak.
    Er spürte die Nähe des Bösen wie einen eisigen Orkan, der in die Filmhalle drang.
    Er nickte Nicole zu. »Es ist soweit«, raunte er.
    Nicole hielt sich dicht hinter ihm. Den Filmleuten schien es noch nicht aufgefallen zu sein, daß etwas nicht in Ordnung war — daß die Gilbert verrückt spielte und so schrie, war nichts Außergewöhnliches. Das war man gewöhnt.
    »Wir drehen die Szene«, rief Kelly ärgerlich.
    Der Mann mit der Klappe trat vor. »Einstellung 83 zum ersten«, rief er.
    Stille entstand.
    Schwer atmend lehnte die Gilbert an der Dekoration und sah mit brennenden Augen auf die beiden Darsteller.
    Der kalte Lufthauch im Atelier wurde stärker.
    Der Chef des Kameräteams stand selbst hinter der Kamera. Er hatte das ein wenig ängstliche zarte Gesicht von June dicht vor Augen.
    Ich behalte die Nahaufnahme, dachte er. Das Gesicht von der Kleinen ist unglaublich fotogen.
    Das vertraute Surren fehlte.
    Als er schon zu filmen glaubte, blieb die Kamera stumm.
    Entgeistert richtete er sich auf.
    Da verlöschte einer der acht Scheinwerfer, die von oben auf die Dekoration niederleuchteten.
    »Hej«, schrie er. »Stop, nicht weitermachen… mit der Kamera stimmt etwas nicht.«
    Jim Underwood war heiser. Das war ihm noch nie in seiner achtzehnjährigen Praxis passiert: eine

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