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0099 - Hexennacht

0099 - Hexennacht

Titel: 0099 - Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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beigewohnt hatte.
    »Das Mädchen ist ja ein Phänomen!« hatte Don Kelly gesagt.
    Daß man in Gegenwart des berühmten Stars eine dumme Anfängerin von knapp zwanzig ›phänomenal‹ fand, war eine unglaubliche Provokation für Harriet Gilbert.
    »Wann braucht ihr sie?« fragte sie knapp.
    »Heute nacht… aber besser wären zwei. Mit zweien gäbe es keinen Streit zwischen uns, dann hätten wir alle genug!«
    Die irisierenden Lichter in den Augenhöhlen der Hexen funkelten vor Lust.
    Die Hexen kreischten auf, begannen hochzuspringen und sich erneut grotesk nach einer imaginären Melodie zu bewegen. Ihr Geschrei schwoll zu einem infernalischen Lärm an. Sie schlugen sich auf die Schultern, daß es laut polterte, schwärmten aus und stampften in den weißen Sand. Doch ihre knochigen Füße sanken nicht ein. Sie schienen über die feinen weißen Körnchen hinwegzuschweben.
    Zerstreut sah Harriet ihnen nach. Die Angst war immer noch nicht wiedergekehrt. Sie hatte jetzt eine Aufgabe bekommen, die sie erfüllen mußte. Die Hexen von Boston brauchten sie. Sie würden ihr nichts antun.
    June Atkins ist mein erster Tribut, dachte sie und schloß schläfrig die Augen. Und ein zweites junges Mädchen werde ich auch noch finden. Es gibt ja viele blutjunge Komparsinnen auf dem Filmgelände.
    ***
    Im Restaurant des Conti-Hotels von Hollywood nahm Zamorra ein verspätetes Mittagessen ein.
    Gerade, als sich Nicole Duval zu ihm setzen wollte, wurde sie zum Telefon gerufen.
    Jetzt kehrte sie wieder zurück. Zamorra sah ihr entgegen und stellte fest, daß ihr Haar jetzt auf einmal einen flamingoroten Schimmer hatte. Wie hatte sie das nun wieder so schnell geschafft? Der Wechsel der Haarfarbe war für Nicole eine alltägliche Gewohnheit geworden, doch er hatte es aufgegeben, herauszufinden, wie sie das praktisch bewerkstelligte.
    »Bill Fleming hat angerufen«, meldete sie und setzte sich nieder. »Er ist mit einer Chartermaschine nach Boston geflogen und hat dort in den Archiven gestöbert.«
    »Guter Bill«, murmelte der Professor und zerschnitt ein Stück halbrohes Steak. »Und? Wer ist Eve Livermore? Hat er das herausgefunden?«
    »Ja, es muß diese eine Eve Livermore gemeint sein. Sie hat im Jahre 1768 den damaligen Bürgermeister von Boston Gilbertson geheiratet.«
    Zamorra ließ das Besteck sinken. »Gilbertson hieß der Bürgermeister? Wirklich?«
    »Ja. Damals ging es in Boston hoch her«, fuhr Nicole fort. »Denunziationen waren an der Tagesordnung. Immer wieder brauchte man neues Holz für Scheiterhaufen.« Sie schwieg. »Eve Livermore war ein einfaches Bürgermädchen, ging regelmäßig zur Kirche und war fromm«, fuhr sie nach einer Pause fort. »In der Chronik steht vermerkt, daß sie die meisten Meldungen über angebliche Hexenverschwörungen machte. Die erste, die verbrannt wurde, war die Frau eines Alchimisten mit Namen Radegonde Greensberg. Die Serie begann mit ihr. Ihr folgten Bürgerfrauen, Töchter wohlhabender Bürger — und viele gingen auf den Verrat Eve Livermores zurück. Ich stelle mir vor, daß sie ständig durch die Gassen streifte und sich neue Opfer suchte. Sie ist doch nichts anderes als eine Massenmörderin gewesen.«
    »Das ist deine Version!« murmelte Zamorra.
    »Es steht in der Chronik«, stieß Nicole hervor,, »daß sie wegen ihrer frommen Haltung und ihrer emsigen Meldetätigkeit — wie man diese gigantische Denunziation nannte — geehrt wurde. Dabei hat sie dann Bürgermeister Gilbertson — einen Einwanderer aus Schweden — kennengelernt. Er hat sie geheiratet und sieben Kinder mit ihr gezeugt.«
    Der Professor aß langsam weiter.
    »Eines dieser Kinder war der Ahnherr von Harriet Gilbert«, murmelte er. »Es ist kein Zweifel möglich. Als, die Hexen den Fernsehapparat erbeuteten und dort Harriet Gilbert zu Gesicht bekamen, wußten sie sofort, daß sie eine Nachfahrin von Eve Livermore vor sich hatten.«
    »Dann ist Harriet verloren!« sagte Nicole bekümmert.
    »Das ist sie ohnehin!« Zamorra berichtete, was sich in Nicoles Abwesenheit auf dem Filmgelände abgespielt hatte.
    »Mon dieu«, entfuhr es ihr erschrocken. »Dann ist sie erledigt. Vampirbisse am Hals, unbelichtetes Zelluloid — das sind beides Gründe, um einen Filmstar zum Untergang zu verurteilen. Wo ist sie jetzt?«
    »Keine Ahnung. Sie lief Hals über Kopf aus dem Vorführraum. Aber der Regisseur hat ihr vorher noch mitgeteilt, daß er auf ihre weitere Mitarbeit verzichtet.«
    Nicole griff nach dem Weinglas, das Zamorra

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