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01 Arthur und die vergessenen Buecher

01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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dem Buch der Antworten her.«
    »Wie schön«, brummelte ich. »Das hätten Sie mir auch vorher sagen können.«
    »Hättest du dann freudestrahlend zugestimmt, allein im Dunkel der Tunnel zurückzubleiben?«, fragte er.
    Das war ein gutes Argument. Ich zuckte mit den Schultern und stöhnte leise auf, weil ich meine Verletzung vergessen hatte.
    »Was hast du?«, fragte Larissa besorgt.
    »Der Narbengrufti hat mir den Arm ausgerenkt«, erwiderte ich und blickte den Musiker vielsagend an. »So viel zum Thema Sie tun dir nichts .«
    »Lass mal sehen.« Er winkte einem seiner Helfer, der neben den Slivitskys stand. Es war ein hochgewachsener Schwarzer in unbestimmbarem Alter.
    »Antoine ist Chiropraktiker«, erklärte der Musiker. »Oder, besser gesagt: Er war Chiropraktiker, bevor er sein Land verlassen und nach Europa flüchten musste.«
    Der Musiker und Antoine wechselten ein paar Worte. Dann trat Antoine neben mich und befühlte vorsichtig meine Schulter. Plötzlich drückte er mit seinem Daumen fest zu und ich schrie vor Schmerz laut auf. Er ließ mich los und trat mit einem befriedigten Nicken einen Schritt zurück.
    »Was hat er vor?«, fragte ich misstrauisch.
    Der Musiker übersetze meine Frage. Antoine gab eine kurze Antwort.
    »Dein Arm ist ausgekugelt. Er wird ihn dir wieder einrenken.«
    Das hörte sich nicht gut an. Instinktiv zog ich meine Schulter von Antoine weg, nur um erneut einen stechenden Schmerz zu spüren.
    »Antoine weiß, was er tut«, versuchte der Musiker mich zu beruhigen. »Du kannst ihm vertrauen.«
    Blieb mir eine andere Wahl? Ich hatte keine Lust, vor Larissa und den anderen wie ein Feigling dazustehen.
    »Also gut«, seufzte ich. »Aber bitte schnell.«
    Antoine stellte sich hinter mich und schob meinen Oberkörper nach vorne. Mit der anderen Hand zog er meinen rechten Arm nach hinten. Dann hob er mit einer schnellen Bewegung den Arm an und drückte ihn nach vorn. Mir wurde vor Schmerzen schwarz vor Augen. Ich wäre sicher umgefallen, wenn Larissa mich nicht an der anderen Schulter gehalten hätte.
    Ich atmete ein paarmal tief durch und richtete mich langsam wieder auf. Antoine stand vor mir und sah mich fragend an. Der Schmerz hatte so schnell nachgelassen, wie er aufgetreten war. Vorsichtig versuchte ich, den Arm zu bewegen. Es tat zwar noch weh, war aber kein Vergleich zu vorher.
    » Grazie «, flüsterte ich. Antoine lächelte und nickte. Dann gesellte er sich wieder zu seinen Kameraden.
    »Dann sollten wir euch mal wieder nach oben bringen«, sagte der Musiker. »Meine Freunde werden sich um die drei hier kümmern und dafür sorgen, dass sie ein paar Tage hier unten bleiben. Die Tunnel unter der Stadt sind ein Labyrinth und wer sich hier nicht auskennt, kann leicht verloren gehen. Genug Zeit für euch, um in eure Heimat zurückzukehren und das Buch in Sicherheit zu bringen.«
    Er gab seinen Helfern noch ein paar Anweisungen auf Italienisch und führte uns dann zu einem der Ausgänge.
    »Wer sind diese Leute?«, fragte ich, während wir durch einen schmalen Tunnel Richtung Ausgang trabten.
    »Jede Welt hat ihre Einwohner«, erklärte der Musiker. »Die Welt über der Erde – und auch die Welt darunter. Hier wohnen die Ausgestoßenen, die Verfolgten, die Hoffnungslosen, die Flüchtlinge – sie alle haben hier unten eine neue Heimat gefunden. Nicht sehr komfortabel und auch nicht ungefährlich – aber für sie immer noch sicherer als die Welt über uns. Sie sind hier unten das Volk – und so nennen sie sich auch: popolo .«
    »Das ist ja schrecklich!«, rief ich.
    »Schrecklich ist es, in der Welt nicht willkommen zu sein«, entgegnete der Musiker. »In der Welt des popolo wird jeder so akzeptiert, wie er ist. Es spielt keine Rolle, wo er herkommt oder welche Sprache er spricht. Wenn die Welt oben einmal so weit ist, dann werden sicher alle wieder gerne hier heraussteigen.«
    Wir gingen einige Minuten schweigend weiter, jeder in seine Gedanken darüber vertieft, was wir soeben gehört hatten.
    »Bologna ist eine Stadt mit zwei Arten von Verkehrsadern – eine über der Erde und eine darunter«, wechselte unser Führer das Thema. »Das Netz der Kanäle und Tunnel ist fast so dicht wie das der Straßen über uns. Die Tunnel wurden schon vor vielen Hundert Jahren von den Reichen errichtet, die sich so von einem Adelspalast zum anderen fortbewegen konnten, ohne auf der Straße der Gefahr von Überfällen oder der Ansteckung mit Krankheiten ausgesetzt zu sein. Und die Kanäle wurden

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