01 Arthur und die vergessenen Buecher
vorgelegt, aber ich war mir sicher, unser Verfolger würde uns dicht auf den Fersen bleiben. Immer wieder versuchte ich, schneller voranzukommen – vergebens. Die Marktbesucher bummelten gemütlich an den Ständen entlang und dachten nicht daran, den Weg für uns freizumachen.
Nach einer kleinen Ewigkeit erreichten wir endlich die andere Seite. Ein Blick zurück beruhigte mich ein wenig. Von Ham Slivitsky war nichts zu sehen.
Hier waren auch nicht so viele Menschen unterwegs wie auf dem Marktplatz. Wir passierten eine Reihe von kleinen Restaurants, Antiquariaten und Kunstgalerien, deren Besitzer vor den Türen standen und mit ihren Nachbarn ein Schwätzchen hielten.
Am Ende der Fußgängerzone stießen wir auf ein winziges Café mit roten runden Tischen und grünen Holzstühlen. Ich fühlte mich wieder etwas sicherer, und als Larissa vorschlug, eine kurze Rast einzulegen, willigte ich ein. Wir suchten uns einen Platz am Fenster, der von einem Gummibaum verdeckt wurde. Von dort konnten wir die Straße beobachten, ohne selbst sofort gesehen zu werden.
Nachdem die junge, dunkelhäutige Kellnerin uns unsere Colas gebracht hatte, verschwand sie wieder hinter der Theke, wo sie mit ihrem Handy herumspielte. Ich zog einen Reiseführer von Haarlem aus der Tasche, den ich mir noch kurz vor der Abfahrt am Amsterdamer Bahnhof gekauft hatte. Larissa beobachtete währenddessen die Straße.
»Wusstest du, dass Haarlem eine der ältesten Städte der Niederlande ist?«, fragte ich sie, über meinen Reiseführer gebeugt. »Der Name bedeutet so viel wie ›Haus auf der Höhe‹. Der berühmte Maler Frans Hals hat hier gelebt. In Haarlem gab es die erste holländische Eisenbahnlinie, die erste elektrische Straßenbahn, den ersten Fußballverein, die erste Zeitung in ganz Europa und das erste Baseballstadion.«
»Wow«, sagte sie. »Das sieht man der Stadt gar nicht an. Sie macht eher einen verträumten Eindruck.«
Larissa hatte recht. Verglichen mit Amsterdam, war Haarlem ein beschaulicher Ort. Die Häuser waren nicht so hoch und die Straßen nicht so lang – und vor allem nicht so voll, mal abgesehen von dem großen Marktplatz. Insgesamt kam mir die Atmosphäre entspannter und weniger hektisch vor.
Der Duft von frischen Pommes stieg mir in die Nase und ich merkte, wie hungrig ich war. Wenn wir schon hier saßen, dann konnten wir auch gleich essen – wer weiß, wann sich die nächste Gelegenheit dazu ergeben würde.
Larissa ließ sich nicht lange bitten, und wir bestellten jeder eine frikandel speciaal mit fritjes . Ich kannte die wurstartigen Gebilde von meinen Ferien in Holland. Larissa hatte so etwas noch nie gegessen und beäugte die Rolle auf ihrem Teller zunächst misstrauisch.
»Was ist da drauf?«, fragte sie mich.
»Curryketchup, Zwiebeln und Mayo«, erwiderte ich, während ich mir den ersten Bissen in den Mund schob.
Vorsichtig nahm sie einen Happen und kaute. »Hmm, nicht schlecht«, sagte sie anerkennend.
Während wir unsere Mägen füllten, schmiedeten wir unseren Plan für das weitere Vorgehen. Ein richtiger Plan war es eigentlich nicht. Wir wollten versuchen, ungesehen bis zum Museum zu gelangen, indem wir die Innenstadt mieden und uns dem Gebäude von der anderen Seite näherten.
»Dort werden sie uns bestimmt nicht vermuten«, meinte Larissa zwischen zwei Bissen. »Sie wissen ja nicht, wohin wir wollen, und werden eher in der Innenstadt suchen.«
Ich pflichtete ihr bei. Mein Reiseführer enthielt einen Stadtplan von Haarlem, mit dessen Hilfe ich unseren Weg festlegte. Nachdem wir unsere Frikandels verputzt hatten, gingen wir zur Theke, um zu bezahlen. Die Kellnerin war immer noch in ihr Handy vertieft und legte es beinahe erschrocken beiseite, als sie uns bemerkte. Ich lächelte sie freundlich an: »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Nein, nein, schon gut«, sagte sie. »Ich war mit meinen Gedanken nur gerade ganz woanders.« Dabei sah sie mich ein wenig schuldbewusst an.
Wir zahlten, und ich gab ihr ein großzügiges Trinkgeld. Larissa trat als Erste auf die Straße, um zu prüfen, ob die Bahn frei war. Wir liefen stadtauswärts, bis wir kaum noch Passanten begegneten. Dann überquerten wir eine Gracht und schlugen einen Bogen durch ein Wohnviertel zurück in Richtung Innenstadt.
Die Luft war inzwischen schwer geworden und die trockene Sommerhitze machte einer zunehmenden Schwüle Platz. Ich spürte, wie ich zu schwitzen begann.
»Man müsste sich unsichtbar machen können«, bemerkte ich.
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