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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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September. Kincaid hatte keine Lust, den Abend schon zu beenden. »Machen wir noch einen Spaziergang durch den Garten, ehe wir hineingehen?«
      »Ja, guter Gedanke«, antwortete Hannah.
      Sie gingen schweigend durch die Dunkelheit. Das Licht im Garten war diffus und warf keine Schatten; gespenstisch leuchteten im Dunst die weißen Steinlöwen auf den Balustraden. Jenseits des Parks erhob sich finster Sutton Bank, ein schwarzer Buckel vor dem helleren Himmel. Am Ende des Wegs blieben sie stehen und blickten zum Haus zurück. Mehrere Fenster im ersten Stock waren erleuchtet, und in der leeren Suite im Parterre flammte ein Licht auf, so flüchtig allerdings, daß Kincaid meinte, seine Augen müßten ihm einen Streich gespielt haben.
      »Wir wohnen übrigens nebeneinander. Wir müssen einmal feststellen, wer von uns den schöneren Blick hat. Cassie hat mir versichert, von meinem Balkon hätte man den besten im ganzen Haus.«
      »Das gleiche hat sie zu mir gesagt«, versetzte Hannah. »Sie müssen mir von Ihrem Balkon aus etwas vortragen - Lyrik um Mitternacht.« Sie lachte, hob die Arme hoch über ihren Kopf und drehte sich übermütig im Kreis. »Das war ein wunderbarer Abend. Ich hatte vor dem Urlaub ein paar Zweifel. Ich dachte, es sei vielleicht doch ein... kein guter Gedanke gewesen. Ach, ich kann es nicht erklären -es ist zu kompliziert. Aber plötzlich habe ich das Gefühl, als würde alles in Ordnung kommen. Sie müssen einen positiven Einfluß ausüben.«
      »Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Kompliment ist«, sagte er mit einem Lächeln und fragte sich im stillen, wer oder was hinter diesem plötzlichen Ausbruch von Überschwang steckte.
     
    Vogelgezwitscher weckte ihn. Auf einem Sonnenstrahl schwebten die Töne durch die offene Balkontür ins Zimmer. Kincaid drehte sich auf die andere Seite und zog sich das Kissen über den Kopf. Dann streckte er sich und sah auf seine Uhr. Sieben.
      Er war voll angekleidet, mit dem aufgeklappten Buch auf der Brust und bei Licht eingeschlafen, am frühen Morgen war er erst ins Bett geschlüpft. Und doch fühlte er sich nach dieser unorthodoxen Nacht erstaunlich frisch. Es war gerade noch Zeit für eine Runde im Pool und eine Dusche vor dem Frühstück; danach wollte er einen Ausflug in die Yorkshire Dales machen, es schien ein idealer Tag dafür zu sein. Er ließ seine zerknitterten Sachen in einem Häufchen auf dem Bett liegen, schlüpfte in Badehose und Bademantel und machte sich auf bloßen Füßen auf den Weg zum Pool.
      Stille hüllte das Haus ein - keine gedämpften Stimmen hinter den geschlossenen Türen, kein Klappern von Geschirr, kein Kaffeeduft. Im Flur blieb er einen Moment stehen und genoß den morgendlichen Frieden und das wiedergewonnene Gefühl körperlichen Wohlbefindens.
      Er stieß die Tür zur Galerie auf. Vielleicht würde er den Pool für sich...
      Ein durchdringender, schriller Klagelaut stieg von unten zu ihm auf. Ein leidendes Tier, ein junger Hund oder ein Kätzchen - der erste Eindruck verflüchtigte sich rasch, und mit dem bewußten Hinhören kam die Erkenntnis, daß der klägliche Schrei der eines Menschen war. Er raste die Treppe hinunter und stürmte durch die Tür.
      Die beiden Kinder standen drinnen zusammengedrängt an den Stufen, nur ein, zwei Schritte vom Sprudelbad entfernt.
      Sebastian Wades nackter Körper schaukelte sachte am Rand des Beckens, vom unaufhörlichen Wirbel des aus den Düsen sprudelnden Wassers getragen.
     
     

4
     
    Sebastian lag mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Seine Haut war mausgrau, und die Strähnen seines hellen Haars schlängelten sich in einer Art perverser Lebendigkeit wie die Fäden von Seeanemonen. Er hatte im Gegensatz zu Kincaids erstem Eindruck eine Badehose an, die mit tropischen Blumen gemustert war.
      Vom Balkon in der ersten Etage hing ein elektrisches Kabel herunter, das sich im wirbelnden Wasser verlor. Kincaid schob die nun stummen Kinder durch die Tür ins Haus. Ihre Gesichter schienen im Schock erstarrt, und ihm wurde bewußt, daß er sich nicht an ihre Namen erinnern konnte. Er ging vor den beiden in die Hocke und sagte sanft: »Bleibt schön hier, ja? Ihr dürft nicht noch mal ans Wasser. Habt ihr das verstanden?« Sie nickten ernsthaft, und er ließ sie stehen und rannte, immer drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf.
      Das Kabel, das in der Dose neben der Tür eingesteckt war, hing durch die Gitterstäbe des Balkongeländers nach

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