Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
unten. Kincaid umfaßte den Stecker mit dem Zipfel seines Bademantels und zog ihn heraus. Dann schlang er das Kabel um eine der Geländerstangen, damit es nicht hinunterrutschen konnte. Auf dem Rückweg machte er bei den Kindern halt, um sie noch einmal zu beruhigen, dann zog er seinen Bademantel aus und ging daran, Sebastian Wade aus dem Wasser zu ziehen.
      Sebastians Haut fühlte sich schlaff und schwammig an. Trotz langer Gewöhnung an den Tod bestürzte es Kincaid immer wieder, daß etwas so Unfaßbares wie das Leben so konkret über die Haut erfahren werden konnte. Sebastians Körper jedoch war wärmer als sein eigener, das Fleisch so glitschig, daß es seinen Fingern immer wieder entglitt.
      Schließlich aber gelang es Kincaid, ihn aus dem Pool zu ziehen, indem er ihn unter den Achseln nahm; die Leiche rutschte mit einem leichten Schmatzgeräusch auf die Backsteineinfassung. Kincaid drehte den Körper herum und suchte nach Anzeichen von Leben, obwohl eigentlich klar war, daß dies vergeblich sein würde.
      Die Tür zum Pool wurde aufgestoßen, und er hörte einen unterdrückten Aufschrei. Mit einiger Anstrengung richtete er sich auf und wischte sich instinktiv die Hände an den Seiten ab.
      Emma MacKenzie war an der Tür stehengeblieben. Gott sei Dank, dachte Kincaid, daß es Emma ist und nicht Penny.
      »Guter Gott! Sebastian! Er ist tot, nicht wahr?« Ihre Stimme war überraschend sanft. Sie kam näher und streckte den Arm aus, als wollte sie Sebastian berühren.
      Kincaid nickte. »Ich fürchte, ja. Könnten Sie ins Büro gehen und die Polizei anrufen? Und dann vielleicht warten, bis sie kommen, damit Sie ihnen den Weg zeigen können?«
      »Aber - was ist mit den Kindern?«
      »Die haben das Schlimmste schon gesehen. Ich glaube nicht, daß ein paar Minuten mehr noch schaden können. Jemand muß bei der Leiche bleiben. Wenn ich die beiden allein hinaufschicke, werden in der nächsten Minute ihre Eltern hier unten erscheinen, und je weniger Trubel wir hier haben, bevor die Polizei kommt, desto besser.«
      Emma überlegte kurz, dann nickte sie. »Gut«, sagte sie, wieder ganz die alte, nüchtern und sachlich. Ihre Badesandalen klatschten auf den Fliesen, als sie hinauseilte.
      Sie hatte seine Autorität ohne Frage akzeptiert. Kincaid war klar, daß die Schwierigkeiten sich bald genug einstellen würden. Es war töricht von ihm gewesen, sich für etwas auszugeben, das er nicht war; nun würde er die Konsequenzen tragen müssen. Der Instinkt des Polizeibeamten in ihm war zu stark, um sich so leicht unterdrücken zu lassen. Schon spürte er den rauschhaften Reiz erhöhter Wahrnehmung, der den Beginn eines Falls zu kennzeichnen pflegte. Aber es ist nicht dein Fall, ermahnte er sich streng. Er war hier nicht zuständig, und die Kollegen, die zuständig waren, würden ihn höchstens als lästig empfinden. New Scotland Yard, das unaufgefordert seine Nase in fremde Angelegenheiten steckte. Er kannte niemanden von den Gästen hier, außer vielleicht Hannah. Er wünschte keinesfalls mehr als eine flüchtige Bekanntschaft mit ihnen, und er würde sich hüten, sich da hineinziehen zu lassen. Sein Gewissen zwickte ihn. Er hatte Sebastian gemocht. Plötzlich fühlte er sich erschöpft und tief erschüttert.
      In der Stille zwischen der Entdeckung und dem Erscheinen der Polizei wurde ihm bewußt, daß er bis zu einem gewissen Grad unter einem emotionalen Schock stand. Immer überkam ihn eine Aufwallung von Zorn und Mitleid, wenn er eine Leiche das erstemal sah, aber er hatte gelernt, sich innerlich von den Toten zu distanzieren. Nie zuvor hatte er sich der Leiche eines Menschen gegenübergesehen, den er gekannt, berührt, mit dem er noch Stunden zuvor gesprochen hatte. Er hatte das Bedürfnis, irgendwie einen Unterschied zu machen, ihn durch eine persönliche Geste zu bestätigen. Er kniete nieder und berührte ganz kurz Sebastians bloße Schulter.
      Der Dorfpolizist, der bald darauf erschien, war ein vierschrötiger junger Mann mit einem runden, roten Gesicht und leicht dümmlicher Miene. »Also was gibt’s? Ich höre, daß hier ein Herr im Pool ertrunken ist.«
      »Er ist nicht ertrunken«, sagte Kincaid. Er wies auf Emma, die dem Beamten gefolgt war, um ihm die Tür zum Pool zu öffnen und sich um die Kinder zu kümmern. Sobald sie mit den Kindern verschwunden war, fügte er hinzu: »Er ist an einem elektrischen Schlag gestorben. Es wird irgendein kleines Haushaltsgerät gewesen

Weitere Kostenlose Bücher