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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Haares des einen Mädchens löste die gewohnte Reaktion aus - einen vertrauten Schmerz, den er schon unterdrückt hatte, fast ehe er ihm bewußt wurde. Vic. Seltsam, Jasmine beinahe bis in ihre innersten Regungen zu kennen, während er bei seiner eigenen Frau nie gewußt hatte, was sie dachte. Seine Beziehung zu Jasmine war auf eine perverse Weise intimer geworden als seine Ehe.
      Kincaid schob den letzten Bissen Wurst und Pommes in den Mund. Widerstreben hin oder her, er würde jetzt nach Hause fahren und sich wieder über die Tagebücher setzen. Unmöglich, jetzt plötzlich aufzuhören, dem Leben nicht bis zu seinem Ende zu folgen. Ein innerer Drang, ein Zwang beinahe, trieb ihn.
      Die Einträge, die Jasmines Umzug nach London folgten, erinnerten Kincaid über Monate hinweg an die Tagebücher, wie viktorianische Ehefrauen sie zu führen pflegten. »Vorhänge für die Wohnung gekauft. Zehn Pfund ausgegeben, um Küche mit dem Notwendigsten einzurichten. Hoffentlich reicht der Rest für die fixen Kosten.« Es folgte eine lange Unterbrechung, dann endlich begannen die Worte wieder zu fließen. Die Eintragungen waren undatiert, sporadisch, unzusammenhängend. Kincaid überflog Seite um Seite und hielt nur gelegentlich inne, um diesen oder jenen Eintrag genauer zu lesen.
      »May ist tot. Wie Vater. Ich sollte wahrscheinlich irgend etwas empfinden, aber ich empfinde gar nichts. Nur Leere. Ob sie gewußt hat, daß sie sterben muß? Hat sie Angst gehabt oder war sie bis zum Ende so steif und unnahbar wie immer? Hat sie an mich gedacht? Hat es ihr leid getan?
      Hätte ich sie gernhaben können, wenn ich mir mehr Mühe gegeben hätte?
      Ich fahre nicht hin, auch für Theo nicht.«
      »In dieser Stadt scheint die Einsamkeit aus den glatten, nassen Straßen zu wachsen, aus der Kälte ihrer Steine. Sein ganzes Leben könnte man hier verbringen, ohne erkannt oder wahrgenommen zu werden. Ich gehe Tag für Tag denselben Weg zur Arbeit, kaufe in denselben Läden ein, aber ich bin immer noch eine Fremde, nichts als >Miss<.
      Die Wohnung empfängt mich mit ihrem Gestank nach altem Bratfett, wenn ich komme, und ich stecke gerade so viele Münzen in die Heizung, daß ich nicht erfriere. Manchmal träume ich, wenn ich einschlafe, von Indien. Ich träume dann, ich läge in meinem Bett in dem Haus in der Mohur Street und hörte unter meinem Fenster das Geschrei der Händler und Hausierer.«
      »Nie hätte ich gedacht, daß May soviel Geld hat. Oder daß sie es uns zu gleichen Teilen vererben würde. Sie hat sich bemüht, gerecht zu sein, obwohl ihr Gefühl ganz anders war. Das muß ich ihr zugute halten.
      Warum hat sie die ganzen Jahre so gespart? Sie hat gelebt, als könnte sie die Milch für den nächsten Tag nicht bezahlen, sie hat mir vorgehalten, sie könnte es sich nicht leisten, mich zu beherbergen, obwohl ich doch weiß Gott genug abgegeben habe, und dabei hatte sie die ganze Zeit das viele Geld auf der Bank. So was Geiziges!«
      »Eine neue Wohnung in Bayswater, Erdgeschoß. Klein, aber sauber und sonnig. Hinten in dem winzigen Garten steht ein Pflaumenbaum, der gerade die ersten Blüten bekommt. Ich freue mich darauf, abends hierher nach Hause zu kommen, mir etwas Einfaches zu kochen, ein Glas Wein dazu zu trinken, alles genauso, wie ich es will. Zum erstenmal habe ich einen kleinen Funken Hoffnung, daß das Leben hier vielleicht doch nicht immer so grau und eintönig bleiben wird. Aber dann durchzuckt es mich, daß nur Mays Geld mir diese Veränderung ermöglicht hat. Ich habe es für die Anzahlung genommen, aber mehr gebe ich nicht davon aus. Ich werde von meinem Gehalt leben und das Kapital nicht angreifen.
      Theo hat mich bereits um ein Darlehen gebeten. Ich kann nicht nein zu ihm sagen. Er erscheint mir immer so verloren.«
      »Die Träume haben wieder angefangen. Ich bin schweißgebadet aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen. Letzte Woche habe ich wieder seiner Mutter geschrieben. Keine Antwort. Sonst kann ich niemanden fragen. Ich sollte es lassen. Ich weiß, daß ich es lassen sollte. Ich sollte aufhören, daran zu denken, mich zu erinnern, immer wieder zu schreiben.
      Manchmal kommt es mir vor, als wäre das alles einer anderen geschehen, so fern ist es und so verwässert. Dann kommen die Träume.«
      »Heute ist ein besonderer Tag. Mein erster Tag als stellvertretende Abteilungsleiterin in der Baubehörde. Das Gehalt ist nicht gerade überwältigend, aber es ist der

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