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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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daß ihre Großeltern ihren Sprößling mit dem karottenroten Haar ausgerechnet Violet genannt hatte. Aus Violet war Vi geworden, so bald das Kind alt genug gewesen war, um selbst ein Wörtchen mitzureden, und dabei war es geblieben.
      »Wo ist Dad?« fragte Gemma, als sie um die Theke herumkam und sich eine weiße Schürze umband. Toby steuerte schnurstracks den Korb mit den Spielsachen an, der extra für ihn und seine beiden kleinen Vettern hier unten stand.
      »Hinten. Er schneidet das Brot für Mrs. Tibbit. Du bleibst doch zum Abendessen, Kind?«
      Gemma nickte und bediente den letzten Kunden. Bei ihren Eltern gab es kein Ausweichen von der täglichen Routine - man schloß den Laden, aß zu Abend, sobald ihre Mutter das Essen auf den Tisch brachte, und machte es sich dann vor dem Fernsehapparat bequem. Gemma fand es sowohl aufreizend als auch anheimelnd.
      Dieser Abend war keine Ausnahme. Eine halbe Stunde nach Ladenschluß saßen sie an dem roten Resopaltisch in der Küche und aßen Toast mit Butter, harte Eier und Kuchen, der mit Marmelade gefüllt war. An demselben Tisch hatte Gemma als Kind ihre Mahlzeiten eingenommen, und auch das Linoleum, auf dem sie ihre Milch verschüttet hatte, war noch dasselbe. Ihre Mutter steckte ihre ganze Zeit und Energie in den Laden, nicht in »die Innendekoration«, wie sie zu sagen pflegte. Der gute Ruf, den die Bäckerei weit und breit genoß, war der Lohn dieses Engagements, und sie und ihre Schwester, sagte sich Gemma, hatten im Grund nicht darunter gelitten. Ihre Schwester -
      Schuldbewußt hielt Gemma inne und fragte: »Wie geht es Cyn?«
      Ihre Mutter warf ihr diesen mißbilligenden Seitenblick zu, bei dem sie sich heute noch wie die schlimmste Sünderin fühlte. »Dukannstsie doch selbst anrufen. Oderhastdudir die Finger gebrochen?«
      »Ich weiß ja, Mama.« Gemma seufzte. »Sag’s mir trotzdem.«
      »Du hast sie um ein Haar verpaßt. Sie war gestern abend mit den Kleinen hier. Der neue Salon scheint wirklich das Richtige zu sein. Sie hat schon die erste Gehaltserhöhung bekommen, und die Geschäftsführerin hat gesagt...«
      Aus langer Gewohnheit gab Gemma an den entsprechenden Stellen Geräusche von sich, die Interesse beweisen sollten, während sie in Gedanken ganz woanders war.
      »Gemma, du hast mir überhaupt nicht zugehört.« Ihre Mutter sah sie scharf an, und die Gereiztheit auf ihrem Gesicht wich einem Ausdruck der Besorgnis. »Überhaupt warst du den ganzen Abend so still. Geht’s dir nicht gut, Schatz?«
      Gemma zögerte, hin und her gerissen zwischen ihrem Bedürfnis, ihr Herz auszuschütten, und ihrem Widerstreben, ihrer Mutter neue Munition zu liefern. Immer wieder hielt ihre Mutter ihr die Schwester, deren Ehe nicht in die Brüche gegangen war, als leuchtendes Beispiel vor Augen, obwohl Gemmas Meinung nach ihr Schwager keineswegs der Traummann war - im Gegenteil, er war ein notorischer Faulenzer, der statt zu arbeiten lieber stempeln ging.
      Aber der innere Druck war zu groß. »Ich glaube, Rob ist abgehauen, Mama. Er hat schon seit Monaten kein Geld mehr für Toby geschickt, und ich weiß nicht, wie lange ich so, wie es jetzt ist, noch durchhalten kann.«
      Anstatt zu antworten, ließ Vi Wasser in den elektrischen Wasserkochtopf laufen und nahm zwei Tassen vom Bord. »Setz dich. Wir trinken noch eine Tasse.«
      Gemma hätte beinahe gelacht. Niemals nahm ihre Mutter eine Schwierigkeit in Angriff, ohne sich zuvor mit kräftigem, süßem Tee gestärkt zu haben. Aus dem Wohnzimmer hörte sie die Stimme ihres Vaters und Tobys helles Lachen, dann die Titelmusik zu Coronation Street. Ihre Mutter brachte ihr ein großes Opfer.
      »Du hast versucht, ihn aufzustöbern?« fragte Vi, als sie sich Gemma gegenüber setzte und ihr eine Tasse zuschob.
      »Natürlich. Ich sag’ dir, er ist abgehauen, Mama. Er hat seine Arbeit gekündigt, keine Nachsendeadresse hinterlassen und auch keine Telefonnummer. Ich habe mit sämtlichen Leuten gesprochen, die etwas von ihm wissen könnten, aber gebracht hat es nichts.«
      »Auch mit seiner Mutter?«
      »Wenn sie etwas weiß, dann sagt sie’s mir nicht, und schließlich ist es doch ihr Enkel, der leidet. Wie kann er uns das antun? Dieser gemeine Kerl!« Gemma spürte, wie ihre Kehle sich zusammenzog, hörte die Tränen in ihrer Stimme. Hastig trank sie von dem Tee, der noch so heiß war, daß sie sich den Mund verbrannte.
      »Wie schlimm ist es, Gem?«
      Gemma zuckte

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