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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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verwickelt war, und doch erwachten jedesmal, wenn er ihr begegnete, väterliche Gefühle in ihm. Er mußte plötzlich an Gemma denken und lächelte. Obwohl die beiden Frauen etwa im gleichen Alter sein mußten, weckte Gemma niemals väterliche Gefühle bei ihm.
      Ein schmaler Mond hing über dem verblassenden Rosa des westlichen Himmels. Menschen drängten sich an ihm vorbei, in Eile, nach Hause zu kommen. Kincaid blickte die Heath Street hinauf und hinunter, in der sich ein Restaurant an das andere reihte - italienisch, mexikanisch, indisch, griechisch, thailändisch, japanisch, chinesisch. Wenn man auf traditionelle britische Küche aus war, durfte man nicht nach Hampstead kommen.
      Obwohl er hungrig war, war er zu ruhelos, um sich in ein Restaurant zu setzen. Er ging zu Fuß die Heath Street entlang bis zur Fitzjohn Avenue und trat dort in das italienische Feinkostgeschäft. Der Geruch von Knoblauch und Oliven drang bis auf die Straße und lockte andere Passanten an. Drinnen, in der Vitrine unter dem Fenster standen große Keramiktöpfe mit dunklen Oliven und vielfarbiger Pasta, mit marinierten Fischen und Schalentieren, mit Paprika und Auberginen in Knoblauchsoße. Überwältigt von solcher Fülle kaufte Kincaid das, was er immer kaufte - eine Pizza, die er nur noch ins Rohr zu schieben brauchte, mit geröstetem süßem Paprika und Mozzarella.
      Im Spirituosengeschäft gegenüber besorgte er eine Flasche Rotwein und ging dann den Hügel hinunter heimwärts. Es war beinahe so, dachte er, als ginge er zu einer lang erwarteten heimlichen Verabredung.
      Und in gewisser Weise war es ja auch so, wenn auch die verblaßten blauen Hefte außer der Zeit waren.
     
    »Der Wind ist heute wie wild durch die Straßen gefegt. Er hat einem die Papierfetzen um die Beine gewirbelt und den Staub ins Gesicht und Augen getrieben, daß es gebrannt hat wie von Brennesseln. Bestrafung.
      Während ich in der Schlange auf den Bus wartete, hinter der Plexiglaswand verkrochen, mußte ich plötzlich an lang vergangene Abende denken, wenn ich in der Mohur Street auf der Veranda saß. Es lag damals eine Stille über den Dingen, eine beinahe melancholische Erwartung. Immer war es so, als warte gleich um die Ecke etwas Aufregendes, ich mußte nur richtig hinsehen.
      Habe ich mir je vorgestellt, daß man seine Tage in so geisttötendem Einerlei zubringen kann?«
      »Ein merkwürdiges Gefühl, nach so vielen Jahren aus Bays-water wegzuziehen. Wenigstens kannte ich hier die Ladenbesitzer, sogar die Katzen der Nachbarn. Die Carlingford Road strahlt im Gegensatz dazu Ruhe und Wohlanständigkeit aus, genau die Dinge, die ich früher am wenigsten verlockend fand. Bin ich vielleicht alt geworden, ohne es zu merken?«
      »Ich fühle mich in dieser Wohnung mehr zu Hause als an irgendeinem Ort, den ich seit meiner Kindheit bewohnt habe. Ich weiß nicht, warum. Sie paßt irgendwie zu mir, oder ich passe zu ihr. Man hat den Eindruck, die Möbel stünden schon seit Jahren hier; alles hat sofort seinen Platz gefunden. Wenn ich nachts aufwache, weiß ich genau, wo ich bin und kann mich auch im Dunkeln in der Wohnung zurechtfinden.
      Habe den Mann kennengelernt, der unter mir wohnt, Major Keith. Ein komischer alter Vogel, so förmlich und höflich, aber irgend etwas an ihm kommt mir ganz vertraut vor. Er lüftet seine Mütze vor mir und nennt mich Miss Dent. Er ist es, der dafür sorgt, daß der Garten immer so wunderschön aussieht. Jetzt, da es ein wenig wärmer wird, ist er jeden Tag draußen im Freien, ordnet dies und säubert das, aber ich glaube in Wirklichkeit hält er nach den ersten Knospen Ausschau, nach den ersten grünen Trieben, die aus der Erde hervorstoßen. Obwohl er kaum mit mir spricht, glaube ich nicht, daß es ihn stört, wenn ich auf meiner Treppe sitze, während er im Garten arbeitet.«
      »Dieser Husten beunruhigt mich. Ich dachte, es wäre eine Frühjahrserkältung, aber nun habe ich ihn schon seit Monaten. Ich werde wohl oder übel zum Arzt gehen müssen, wenn er nicht bald besser wird.«
      »Mein armer Theo. Was soll ich tun, wenn das nun auch wieder nicht klappt? Er wird doch wenigstens diesen kleinen Laden halbwegs kompetent führen können! Aber er hat noch nie so etwas geschafft, warum auf einmal jetzt? Da ist wohl bei mir der Wunsch der Vater des Gedankens.«
      »Es ist schon seltsam, wie sehr wir uns auf unseren Körper verlassen, ohne jemals wirklich einen Gedanken an ihn zu verschwenden.

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