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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Zellen und Organe tun ihre Arbeit, das Blut fließt, das Herz pumpt. Wir haben dauernd Angst vor Unfällen und Stürzen und Infektionen. Verrat von innen erwarten wir am allerwenigsten.
      Und der Krebs ist der heimtückischste Feind, eine Krankheit, bei der sich der Körper gegen sich selbst wendet wie ein Kannibale. Wie konnte das geschehen, ohne daß ich es gemerkt habe? Es gefühlt habe? Gespürt habe, wie dieser Knoten der Fäulnis sich vergrößerte?
      Bestrahlung und Chemotherapie, sagt der Spezialist. Werde ich das schreckliche Kind meines Körpers vergiften? Lieber Gott, ich fühle mich so entsetzlich hilflos.«
      »Manchmal denke ich stundenlang nicht daran. Es gelingt mir, so zu tun, als wäre ich wie die anderen, heil und gesund. Es gelingt mir, so zu tun, als sei die Entscheidung, ob für irgendein Projekt eine Baugenehmigung erteilt werden soll oder nicht, von weltbewegender Bedeutung; als sei es für mich ungeheuer wichtig, ob die Pommes frites in dem neuen Café besser sind als in dem alten; als sei alles wichtiger als mein eigener Körper.«
      »Das Haar fällt mir in Büscheln aus, wenn ich hineingreife, habe ich ganze Hände voll. Es ist, als rupfte man einen Vogel. Auf dem Grund der Badewanne liegt es in langen, dunklen Schlangenlinien, setzt sich dick und dicht in Kämme und Bürsten. Ich habe schon daran gedacht, daß man es in den Garten hinauslegen könnte; dann könnten die Vögel es zum Nestbau verwenden. Wie absurd.
      May würde lachen und mir wieder einmal sagen, daß Hochmut vor dem Fall kommt. Sie hat mich ja oft genug wegen meiner Eitelkeit ins Gebet genommen. Ich habe mir angewöhnt, Mützen zu tragen, meistens Baskenmützen -Travestie eines französischen Bauern. Ich kann es nicht ertragen, Theo zu sehen.«
      »Während ich zur letzten Behandlung weg war, hat eine neue Schreibkraft im Büro angefangen. Ein armseliges kleines Ding. Immer fehlt an ihren Kleidern irgendwo ein Knopf, immer läuft sie rot an, wenn man mit ihr spricht. Sie beobachtet mich, wenn sie meint, ich sähe es nicht. Mit einem Ausdruck von - ja, was eigentlich? Mitleid ist es nicht, das habe ich oft genug gesehen. Sorge? Es ist sehr merkwürdig.«
      »Sie wollen nichts mehr mit mir zu tun haben und haben mich Morpheus überantwortet. Tut uns wirklich leid, aber für Sie können wir nichts mehr tun. Wollen wir uns lieber jemandem zuwenden, der auch angemessen dankbar sein wird.
      Zu schwach jetzt, um zu arbeiten. Bin ohne viel Aufhebens gegangen. Was habe ich denn erwartet?«
      »Meg Bellamy hat mich besucht, zuerst mit Karten und Blumen aus dem Büro, dann aus eigenem Antrieb, als das kollektive Schuldgefühl im Büro langsam nachließ.«
      »Wieder Eliot gelesen. Diese langen, goldenen Herbstnachmittage scheinen wirklich eine beinahe körperliche Präsenz zu besitzen, eine Existenz, die von meinem Erleben abgetrennt ist.
      Ich habe alle meine Lieblingsbücher wieder gelesen, mich mit den Geschichten umgeben wie mit dem Trost alter Freunde.«
      »Der Major und ich haben eine gemeinsame Gewohnheit entwickelt. Wir sprechen natürlich nicht darüber, das würde irgendwie die Grenzen dessen, was sich gehört, überschreiten, aber wir halten uns dennoch getreulich an sie. An schönen Nachmittagen sitze ich auf der Treppe und sehe ihm bei der Arbeit im Garten zu, und wenn er dann seine Geräte säubert, stehe ich auf und mache Tee. Manchmal unterhalten wir uns, manchmal nicht, wir fühlen uns so oder so wohl miteinander. An einem seiner redseligsten Tage hat er mir erzählt, daß er im Krieg und danach in Indien gedient hat, in Kalkutta. Es wird wohl diese typische Art des Kolonialsoldaten gewesen sein, die mir so vertraut vorkam, als ich ihm das erstemal begegnete. Er muß ein junger Offizier gewesen sein, als ich ein Kind war, und wenn man bedenkt, wie eng begrenzt die englische Kolonie war, könnte er sogar meine Eltern gekannt haben.«
      »Seit sie die Behandlung abgebrochen haben, wächst mein Haar wieder nach, ist so dicht und kurz wie das eines Kindes, und da ich stark abgenommen habe, ist mein Busen zu nichts geschrumpft. Ich bin ein androgynes Wesen geworden, eine zerbrechliche Hülle aus Haut und Muskeln voller Erinnerungen.
      Bald werde ich eine Pflegerin brauchen.«
     
     

16
     
    »Sie wußten nicht, daß er in Indien gedient hat?« Gemma drehte sich in Kincaids Sessel, den sie usurpiert hatte, da sie vor ihm im Yard angekommen war.
      »Vor Jasmines Tod habe ich

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