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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ein. Ich glaube, ich werde ein bißchen wandern. Ich mache ja schließlich Urlaub hier«, erklärte Kincaid nicht ohne eine gewisse Ironie.
     
    Der Anblick Emma MacKenzies, die auf einer Bank oberhalb des Tennisplatzes saß, veranlaßte Kincaid, von seinem Weg abzuweichen. Durch ihren Feldstecher blickte sie angespannt zu den Baumwipfeln hinauf und ließ sich in ihrer Konzentration auch nicht stören, als Kincaid sich neben ihr hinsetzte. Er wartete schweigend, folgte mit den Augen ihrem Blick, und es dauerte nicht lange, da sah er es rot aufleuchten.
      »Ach verdammt. Jetzt ist er weg«, sagte Emma und senkte den Feldstecher.
      »Was war es denn?«
      »Ein männlicher Dompfaff. Kommt zwar häufig vor, aber man sieht sie selten. Sie sind sehr scheu.«
      »Ich habe noch nie Vögel beobachtet«, bemerkte Kincaid. »Das muß interessant sein.«
      Emma warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Unmöglich, jemandem, der eine so naive Bemerkung machen konnte, eine lebenslange Leidenschaft zu erklären. »Hm.« Sie wandte sich von ihm ab, um wieder zu den Bäumen hinaufzublicken. »Es ist eine Kunst. Sie sollten sich einmal darin versuchen.« Sie hielt ihm ihren Feldstecher hin. »Nehmen Sie ihn. Ich gehe jetzt sowieso hinein, der Nachmittag ist die ungünstigste Tageszeit.«
      »Gern.« Kincaid nahm den Feldstecher und zog sich den Riemen über den Kopf. »Vielen Dank. Ich habe vor, zum Sutton Bank hinaufzuklettern.« Er zögerte, dann sagte er in möglichst neutralem Ton: »Miss MacKenzie, haben Sie sich viel mit Sebastian unterhalten?«
      Emma hatte Anstalten gemacht aufzustehen. Jetzt hielt sie inne, ließ sich wieder zurücksinken, setzte sich bequemer. »Er schien mir ein intelligenter Junge zu sein, aber schwierig. Hinter dieser Schlagfertigkeit und dem spöttischen Mundwerk hat sich meiner Ansicht nach eine leicht verletzliche Empfindsamkeit versteckt.« Sie schwieg einen Moment nachdenklich. »Er konnte sehr liebevoll sein. Er war liebevoll zu Angela Frazer. Ich glaube, er hat sie als eine Art Schicksalsgenossin gesehen, jemand, der wie er nie dazugehörte; für ihren Vater immer nur eine Randfigur. Und ich hatte den Eindruck, daß er Graham Frazer verachtete. Ich weiß nicht, warum. Auch zu den kleineren Kindern war er sehr liebevoll, hat sich immer irgendwelche Spiele oder Unternehmungen für sie ausgedacht, um sie zu unterhalten. Er schien sich in ihrer Gesellschaft wohl zu fühlen.«
      »Nett zu Kindern und zu Tieren«, murmelte Kincaid und spürte, wie Emma MacKenzie an seiner Seite erstarrte. Er sah förmlich, wie sie die Zugbrücke hochzog, und verfluchte sich für seine Taktlosigkeit. »Nein, nein, ich mache mich nicht über Sie lustig«, beteuerte er hastig. »Ich habe ihn auch gemocht, obwohl ich ihn nur so kurz kannte und eigentlich wider Willen. Und ich muß sagen«, fügte er mit einem unbefangenen Lächeln hinzu, »Sie sind eine sehr gute Beobachterin.«
      Emma entspannte sich wieder, aber er spürte, daß der Strom versiegt war. Wenn er sie jetzt drängte, würde er nur ihr Gewissen auf den Plan rufen, und sie würde sich jede Neigung zu »billigem Tratsch« verbieten.
      »Wonach soll ich eigentlich Ausschau halten?« fragte er und hob den Feldstecher an die Augen.
      »Ich vermute, Sie könnten nicht einmal ein Rotkehlchen von einer Elster unterscheiden. Am besten nehmen Sie das hier mit«, sie reichte ihm ein kleines, abgegriffenes Buch, »da können Sie im Zweifelsfall nachschlagen. Versuchen Sie einfach, aufmerksam zu sein. Ich könnte mir denken, daß das Beobachten von Vögeln nicht so anders ist als das Beobachten von Menschen. O ja«, fügte sie hinzu, als sie seinen überraschten Blick sah, »Sie sind darin sehr geübt. Ich vermute, es ist eine Gabe, die Sie von Natur mitbekommen und dann ausgebildet haben. Sie flößen anderen Vertrauen ein mit dieser Miene aufrichtigen Interesses an jedem geäußerten Wort und einer kleinen Schmeichelei ab und zu. Und ich gehe jetzt lieber, ehe ich etwas sage, was ich besser nicht sagen sollte.«
      Damit stand sie auf und stapfte entschlossen zum Haus.
     
     

8
     
    Am Ende des Anwesens kreuzte der Fußpfad einen kleinen Bach und wandte sich dann scharf nach rechts, um dem Gewässer zum Sutton Bank zu folgen. Anfangs bereitete das Gehen keine Mühe, es war kühl unter den ausladenden Ästen, und der Boden war mit welkem Laub und knirschenden Eicheln gepolstert. Kastanienbeladene Zweige hingen tief herab, und zweimal sah

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