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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mir dir geschehen?«, fragte der Schmied besorgt, während er sich neben Siegfried hockte und vorsichtig das gebrochene Handgelenk betastete.

    Siegfried verzog das Gesicht - aus Schmerz ebenso wie aus Scham. »Es war . . . waren Isländer.« Das war zumindest nicht völlig gelogen.
    Regin blickte sich um. »Hier im Wald?«
    »Sie kamen vom Rhein«, erzählte der Junge. »Vielleicht suchten sie Wild für ihre Heimreise.«
    Der Schmied packte Siegfried beim gesunden Arm und half ihm auf die Füße. »Du lügst schlecht. Es ist kein Talent, das dir angeboren war - und ich sah keinen Nutzen darin, es dir beizubringen.«
    So gut es ging, stützte sich Siegfried auf den viel kleineren Mann. »Es tut mir Leid. Aber ich . . . ich . . . «
    »Bah«, knurrte Regin nur. »Spare deinen Atem für den Heimweg. Wenn die letzten Stunden nur dir gehören sollen, dann behalte sie auch für dich.«
    Sie gingen schweigend. Und an diesem Abend, zum ersten Mal, aßen sie auch schweigend.
     
    »Zieht die Planke ein«, knurrte Hakan von Isenstein grimmig. »Wenn sie nicht rechtzeitig kommt, wird sie uns hinterherreiten müssen.«
    Eolind nickte unglücklich. »Mein König, wenn der Prinzessin etwas zustoßen würde, dann wäre das für Island . . . «
    Der beleibte König von ungepflegtem Äußeren schlug dem Ratgeber mit seiner riesigen Pranke jovial auf den Rücken.
    »Ha! Sie ist die Tochter Hakans, die künftige Königin Islands! Die Götter stehen auf ihrer Seite, und wehe dem, der sich mit ihr anlegt. Sie würde ihm die Knochen im Leibe brechen! Mit bloßen Händen!«
    Eolind sorgte sich immer, wenn es um Brunhilde ging. Das Mädchen war wild und unberechenbar - ihre Wutausbrüche waren auf Burg Isenstein gefürchtet. Was aber noch schlimmer wog - sie benahm sich wie ein Kerl, und wie ein ungehobelter noch dazu.
    Eolind hatte jahrelang versucht, Brunhilde in Ermangelung einer Mutter die Feinheiten der höfischen Etikette beizubringen - an einem Hofe, der nichts weniger schätzte als Etikette. Für Hakan, der in vierter Generation männlicher Thronfolger war, bedeutete gutes Benehmen nichts. Aber das Fehlen eines männlichen Erben bedingte, dass Brunhilde Island in die Ehe mit einem König vom Festland einbringen oder einen Adligen vom Festland zu sich an den Hof holen musste. Beides würde die Fähigkeit erfordern, als Gemahlin eine gute Figur zu machen.
    So, wie es derzeit aussah, würde Brunhilde allerdings ihren Zukünftigen mit Waffengewalt ins Schlafgemach zwingen müssen. Oder der Gemahl würde Waffengewalt benötigen, sie zu erobern.
    Eolind winkte zwei Kriegern, die nun die schwere Holzplanke, über die die Isländer ihre Schiffe verließen, einzuziehen begannen.
    In diesem Augenblick brach ein Rabe aus dem Wald in das Mondlicht. Ihm folgte ein Kampfschrei wie aus den Untiefen von Utgard. Mit einer Handbewegung bedeutete Hakan seinen Männern, die Planke wieder fallen zu lassen.
    Wie eine getriebene Bestie durchbrach ein schwarzes, stämmiges Pferd das Unterholz, angetrieben von einer Reiterin, die mit ihm verschmolzen war.
    Das Tier sprang von der Böschung auf den Strand, und ohne zu verlangsamen, preschte es über die Planke auf das Deck. Kurz schien es, als würde das Pferd, vom eigenen Schwung getragen, an der anderen Seite des Schiffes über Bord stürzen. Doch Brunhilde riss entschlossen am Zügel, und schlitternd kam der Gaul zum Stehen. Er hatte den Kopf noch nicht gesenkt, da knallten Brunhildes Füße bereits auf das Holz.
    »Ihr wolltet doch nicht ohne mich ablegen, mein König?«, fragte sie spöttisch.
    Hakan lachte kehlig. »Und dieses arme Land dem Untergang weihen? Island mag keine Freunde haben - aber es braucht auch keine Feinde.«
    Eolind konnte abschätzen, wie viel Wahrheit in diesen Worten lag. Hinter Hakans wildem Auftreten verbarg sich ein scharfer politischer Verstand, dem es immer gelungen war, Island aus den Kriegen des Festlands herauszuhalten. Auch als vor fünfzehn Jahren Hjalmars Gesandter vorgesprochen hatte, um für Unterstützung gegen Siegmund zu bitten, war er von Hakan unverrichteter Dinge wieder fortgeschickt worden.
    Island wurde als Inselreich kaum beachtet, denn es lag außerhalb der Handelswege und lohnte die Besatzung nicht. Aber wenn es sich in Kriege einmischte, die nicht seine waren, machte es sich zum Ziel, und sei es nur um der Vergeltung willen. Hakan hatte deshalb von jeher alle Bündnisse strikt abgelehnt. Auch auf dieser Reise, die Brunhilde bei den Höfen des ganzen

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