01 - Der Ring der Nibelungen
Pergament trug. »In der Tat - Hjalmar strafft die Truppen.«
Hagen nickte. »Er weiß, dass sein Reich leicht zu verteidigen ist - das Meer verhindert den Angriff über die Flanken und den Einfall von Norden her. Er muss nur einen Bogen aus schwer bewaffneten Soldaten an den südlichen Grenzen setzen, und schon ist Dänemark eine Festung.«
»Und das rebellische Xanten wird nur noch von wenigen Schwertern verteidigt«, murmelte Siegfried. »Wie wir es planten.«
»Wir sollten schnell handeln«, merkte Hagen an. »Solange viele der Truppen noch unterwegs sind, können sie nur durch ein Netz von berittenen Boten in Einklang gebracht werden.«
Gunther deutete auf die blaue Linie, die sich nordwärts zur See schlängelte. »Nicht zu schnell jedoch. Wenn wir dem Lauf des Rheins auf unserer Seite folgen, braucht es keinen Strategen am dänischen Hof, um unsere Absichten zu durchschauen. Aber wenn wir rechtsrheinisch marschieren, als planten wir den späteren Einfall in die östlichen Reiche, wird es Hjalmar in trügerischer Sicherheit wiegen. Sind die Regenten, deren Grund wir auf der Reise betreten, benachrichtigt und uns wohlgesinnt?«
Hagen nickte und sah dann Siegfried an. Zweifel standen in seinem Gesicht. »Ihr haltet daran fest, die Schlacht vor den Toren von Xanten zu suchen, wo einst Euer Vater fiel?«
»Die Schlacht würde ich dort suchen, wenn ich sein Schicksal teilen wollte«, antwortete Siegfried. »Doch was ich wirklich brauche, sind zwei Heere Auge in Auge, an legendärer Stätte. Dann wird sich das Blutvergießen vielleicht vermeiden lassen - abgesehen von Hjalmars Kopf, den ich mir zu holen gedenke.«
»Dann ist es entschieden«, sagte Gunther. »Wenn die Sonnenscheibe morgen den Himmel erhellt, findet sie die Soldaten Burgunds unter Waffen - und auf dem Weg.« Er sah Siegfried an. »Ich hoffe, du weißt, welcher Gefahr ich das Reich aussetze, um mein Wort zu halten.«
Siegfried lächelte und legte ihm die Hand auf den Arm. »Mein König, wenn unsere Pferde wieder in ihren Ställen sind, wird Burgund reich an Gold und Ruhm sein - und einen starken Freund im Norden haben.«
Gunther lächelte nicht weniger freundlich, aber weniger überzeugt. »Auf dass unsere Reiche einen Bund bilden, der die Generationen überdauert.«
Siegfried gähnte überdeutlich. »Ich denke, für den heutigen Tag ist mein Kopf genug mit Schlachtplänen gefüllt worden. Was für ein Vorbild wäre ich, wenn ich morgen auf meinem Pferd schliefe?«
Er nickte Gunther und Hagen zu und verließ den Thronsaal.
Hagen wartete, bis die Türen wieder geschlossen waren. »Ist Euch aufgefallen, dass er von sich als Vorbild spricht? Vorbild für die Soldaten Burgunds, deren König Ihr seid?«
Gunther schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf die Pläne. »Er meint es nicht so. Siegfrieds Zunge ist ein schlechter Diplomat.«
»Schlechte Diplomaten geben selten gute Könige«, mahnte Hagen.
Sichtlich entnervt blickte Gunther seinen Ratgeber nun direkt an. »Was soll ich tun, Hagen? Mein Wort brechen?«
Hagen wählte seine Worte mit äußerster Vorsicht. »Wenn das geschieht, was er prophezeit, dann regiert im Norden bald ein reicher und mächtiger König, der Eure Schwester freien will. Wenn Ihr sie ihm dann nicht geben könnt - was hindert ihn, sie sich zu holen?«
Gunther runzelte die Stirn. »Er würde es nicht tun. Respekt und Freundschaft sind Werte, die er hochhält.«
»Das bezweifle ich nicht«, stimmte Hagen zu. »Aber wenn er aus verweigertem Herzensglück doch noch zum Feind werden könnte - ist es dann nicht unklug, ihm auf genau jenen Thron zu helfen, der eine Schlacht gegen Burgund ermöglicht? Den Schmied und Erben Siegfried können wir abweisen, den König von Xanten nur schwerlich.«
Gunther leerte seinen Kelch Rotwein und ließ sich für die Antwort lange Zeit. »Wir müssen Gott vertrauen, dass es so weit nicht kommen wird.«
»Euer Gott mag dafür empfänglich sein«, murmelte Hagen, »doch meine Götter belohnen Voraussicht und Planung.«
Müde winkte Gunther ab. »Es ist spät, und meine Glieder sind schwer. Das königliche Wort ist gegeben, und alles Weitere wird man sehen.«
Er machte sich auf den Weg in seine Gemächer.
Hagen stand noch lange über die Karte gebeugt.
Gunthers Loyalität war löblich, aber die Zukunft des Reiches durfte davon nicht abhängen. Es war klar, dass der König sein Wort nicht brechen würde. Hagen hingegen fühlte sich ungebunden und nur Burgund verpflichtet.
Ob
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