01- Die Normannenbraut
unter der Bürde. Er wusch den Schmutz und das getrocknete Blut aus dem erstarrten Gesicht, hüllte sein Kind liebevoll in Seide und übergab es den Priestern.
***
Friggid der Krummbeinige stand auf einem Hügel und schaute Hasserfüllt ins Tal hinab, wo die irischen und norwegischen Verbündeten ihre Toten bestatteten. Seine eigenen Leute waren gefallen oder großteils in alle Winde verstreut. Nur vierzig Krieger hatten sich wieder um ihn versammelt und pflegten nun die Verwundeten. Fluchend hob er eine Faust. »Der Wolf lebt immer noch!«
Olaf der Weiße besaß Dubhlain, die Tochter des Ard-Righ, und die Könige der Provinzen fraßen ihm aus der Hand. Das musste ein Ende finden. Während die Sonne hinter den Klippen versank, beobachtete Friggid die Trauerzeremonien.
Plötzlich wandte er sich zu den Männern. Seine Augen glühten wie im Fieber. »Heute nacht reiten wir nach Süden! Niall von Ulster wird nordwärts ziehen, der Ard-Righ landeinwärts, in südlicher Richtung. Der Wolf folgt der Küste, in den Süden. Wir schließen uns den gesetzlosen Banden an, die über die Meeresarme herfallen, und bleiben Olaf stets um einen Schritt voraus. Zu guter Letzt erwarten wir ihn, stellen ihm eine Falle und sehen ihn nach Walhall reisen - am Tor der Stadt, die er uns genommen hat.«
Die Dänen jubelten ihrem Anführer zu, und er grinste. Ob sie alle für ihn fallen würden, kümmerte ihn nicht. Er war besessen von seinem Hass gegen den Wolf, den Jüngeren, Stärkeren, den mächtigen, schönen goldblonden Helden.
Olaf musste sterben. Einmal war er nur mit knapper Not dem Tod entronnen und hatte den Verlust seiner Grenilde hinnehmen müssen. Doch jetzt war er mit der Tochter des Ard-Righ verheiratet. Eine Schwachstelle? Friggid beschloss darüber nachzudenken.
***
Asche zu Asche, Staub zu Staub. Monoton erklangen die Gebete, während Erde auf Leiths seidenes Leichentuch gestreut wurde. Noch nie hatte Aed Finnlaith so alt ausgesehen wie in dem Augenblick, wo er sich von dem Stück Land abwandte, das mit dem Blut seines Sohnes bezahlt worden war.
Olaf ging zu seinem alten Feind und neuen Freund. »Meine Männer wollen deinen Sohn und den König von Connaught ehren, ihren Tribut den großen Helden zollen, die nach ihrem Glauben bald die Festtafel von Walhall zieren werden.«
Der alte König lächelte sanft. »Ich danke dir, Wolf, und ich bin froh, dass die Krieger, die an Leiths und Fennens Seite gekämpft haben, ihnen diese Ehre erweisen. Walhall - oder der Himmel des Christentums? Welch ein Unterschied liegt schon in solchen Worten, mein Freund? Bitte, sag deinen Männern, sie haben meinen Segen und mögen so beten, wie es ihnen beliebt.«
Schweigend nickte Olaf, ging davon und verstand besser denn je, was ihn zu dem alten Ard-Righ hinzog. Die irischen Priester murrten, doch die Norweger ließen sich nicht daran hindern, Leith mac Aed und Fennen mac Cormac eine ungefährdete Reise nach Walhall zu ermöglichen.
Die beiden Verstorbenen wurden zusammen mit ihren Schwertern beerdigt, mit Nahrung für den Übergang in die andere Welt, mit Tellern, Kelchen und Messern. Und damit sie in den Himmel reiten konnten, begrub man auch ihre Pferde mit Sätteln und Zaumzeug. Die Wikinger bevorzugten es, ihre Toten zu verbrennen und deren Geister durch die Lüfte zu senden. Doch die christlichen Priester hätten es niemals ertragen, einen irischen Prinzen und einen irischen König in Flammen aufgehen zu sehen.
***
Aed zog sich mit den Söhnen in sein Zelt zurück. Für sie war es an der Zeit, allein und ungestört zu trauern, und Olaf respektierte das. Er selbst fand keinen Schlaf und wanderte durch die Nacht. Immer ungeduldiger sehnte er sich nach seinem Heim, nach seiner Frau, die ihn völlig verzaubert hatte und Grenilde allmählich aus seinem Herzen verdrängte.
An diesem Tag hatte er die Dänen wieder besiegt. Friggid lebte, zwar noch, war aber aus Dubhlain und Ulster vertrieben, der Tod Grenildes zumindest teilweise gerächt worden. Doch dieser Erfolg schenkte dem Wolf nicht den erträumten inneren Frieden.
Die Tür zur Vergangenheit konnte er allmählich schließen und in die Zukunft schauen. Würde er sie gemeinsam mit Erin erleben? Drei lange Monde waren sie nun schon getrennt. Davor hatten sie kaum eine Gelegenheit gefunden, einander kennenzulernen. Nach seiner Rückkehr würden sie noch einmal von vom anfangen, das gelobte er sich. Ihre Kämpfe hatten sie ausgefochten. Nun wollte er
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