01- Die Normannenbraut
näher kamen und Erin sahen, Die letzte Wegstrecke legte der Hengst allein zurück. Schweren Herzens beobachtete Erin, wie ihr Mann nach einem Paar eiserner Handschellen griff, die mittels eines langen Hanfseils am Sattel befestigt waren. Nun erkannte sie seine Absicht. Er würde sie mit sich führen so wie sie ihn an jenem Tag ihrer ersten Begegnung - mit dem einzigen Unterschied, dass sie nicht seine Widerstandskraft besaß.
»Du kannst doch nicht … «, begann Gregory, und Erin fiel ihm ins Wort.
»Olaf, bitte! Ich flehe dich an! Ich bin doch deine Frau!«
»Nur weil du meine Frau bist, lebst du noch«, erwiderte er mit kaltem Lächeln.
»Wenn du mir zuhören würdest … «
»Ich brauche nichts zu hören, wenn ich sehen kann. Dein Verrat hat mehreren Männern das Leben gekostet das Leben von Kriegern, die. für deinen Bruder kämpften, um Ulster zu retten.« Während er mit einer Hand immer noch ihr Nackenhaar festhielt, schloss er mit der anderen blitzschnell die schweren Eisenschellen um ihre Unterarme.
»Nein!« schrie sie und versuchte, nach ihm zu treten.
Wütend schob er sie zu Gregory hinüber. »Setz ihr den Helm auf!«
Während ihr Vetter gehorchte, unternahm er einen letzten, tapferen Versuch, sie zu retten. »Olaf! Straf mich an ihrer Stelle … «
Der Wolf stieg auf sein Streitroß. »Tut mir leid. Erin und ich haben schon einmal einen ähnlichen Weg zurückgelegt. Sie scheint immer noch zu glauben, es gäbe kein Gesetz außer ihrem eigenen. Nun muss ich ihr ein für allemal klarmachen, dass ich keine leeren Drohungen ausstoße und dass ich nicht jedes Mal, wenn ich ihr den Rücken kehre, um mein Leben bangen will. Kehr ins Lager zurück, Gregory. Wenn du es nicht freiwillig tust, werden dich meine Wachen holen.«
Erin wandte sich zu ihrem Vetter und versuchte, ihm mit einem flehenden Blick zu bedeuten, es wäre besser, wenn sie mit ihrem Mann allein bliebe. »Geh, Gregory!« flüsterte sie.
»Das kann ich nicht.«
»Du musst. « Sie sah ihn unglücklich über den steinigen Boden davonstolpern, dann blickte sie zu Olaf empor, der kerzengerade auf dem rastlos tänzelnden Hengst saß.
»Das ist Gerechtigkeit, Prinzessin«, herrschte er sie an. »Sogar damals am Bach bin ich dir niemals so bösartig begegnet wie du mir. Und seit du in meinem Haus wohnst, habe ich immer wieder über dein feindseliges Verhalten hinweggesehen. Aber jetzt ist die Grenze meiner Geduld erreicht. Du wirst so bestraft, wie du es verdienst.«
»Du willst nicht hören … « Erin konnte nicht weitersprechen. Die Lippen fest zusammengepresst, drückte er die Fersen in die Flanken seines Hengstes. Das Tierbegann loszutraben, und sie schnappte nach Luft, als sie ihm stolpernd nachlaufen musste.
Zunächst nahm sie nichts von ihrer Umgebung wahr, denn es erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit, sich den Schritten des Rappen anzupassen, um nicht zu stürzen. Doch dann erkannte sie in wachsendem Entsetzen, dass Olaf sie durch das Lager führte. Die Männer, die gerade ihr Pferde sattelten, die Sachen zusammenpackten oder die Toten begruben, hielten inne. Die Augen der Iren spiegelten Ungläubigkeit und Trauer über den Verrat der Goldenen Kriegerin wider, die Norweger betrachteten sie voller Hass. Keiner kam ihr zu Hilfe. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken angesichts der Verachtung, die ihr nun von allen Seiten entgegen schlug. Immer wieder zerrte Olaf sie im Kreis herum, und sie sah die Gefallenen, deren Tod sie verursacht hatte. Niemals würde sie diese Augen vergessen, die blicklos in den Himmel starrten.
Endlich zügelte der Wolf seinen Hengst. »Wir brechen nach Dubhlain auf! Ich reite mit meiner Gefangenen voraus.«
Zunächst sah es so aus, als würde niemand seinem Befehl widersprechen. Die Männer widmeten sich wieder ihren Aufgaben, um ihm dann in gebührendem Abstand zu folgen. Nur ein einziger widersetzte sich der Anordnung. Brice mac Aed, der immer noch der Truppe seines Schwagers angehörte, war während des Scharmützels am Brustkorb verletzt worden. Ein Gefährte hatte gerade die Wunde verbunden, als die Goldene Kriegerin ins Lager gezerrt worden war. Der Anblick hatte ihn anfangs völlig betäubt.
Aber während der Wolf nun davonritt, pulsierte neues Leben durch Brices Adern. Ohne auf den pochenden Schmerz seiner Wunde zu achten, stürmte er hinter dem schwarzen Streitroß her. Erin! Er hatte Leith verloren, und nun würde der wütende Wikinger seine Schwester töten. Als er am Lagerfeuer
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