01- Die Normannenbraut
zwinkerte seinem Bruder zu. »Ich habe noch ein ganz besonderes Geschenk für dich.«
»Spann mich nicht auf die Folter! Was ist es?«
»Eine Frau, mein Bruder. Eine seltene, einzigartige Schönheit von den Franken erbeutet, die sie angeblich im fernen Persien gestohlen haben. Ihre Haut hat die Farbe von Honig, ihre Augen gleichen schwarzen Mandeln … «
»Eric!« Unterbrach der Wolf ihn ärgerlich. »Wenn es etwas gibt. was ich nun wirklich nicht brauchen kann, ist es eine weitere Frau. Bei den Göttern, ich habe schon genug Schwierigkeiten.«
»Natürlich habe ich von deiner Ehe gehört, die du nur geschlossen hast, um dein Bündnis mit dem Ard-Righ zu festigen. Genau deshalb bringe ich dir dieses Juwel aus Persien. Wie jeder weiß, trauerst du immer noch um Grenilde. Aber du bist ein Mann, und du darfst deinen Kummer nicht am Leben erhalten, indem du Tag für Tag eine langweilige, unscheinbare Irin anstarrst.«
Da warf Olaf seinen Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus. »Besten Dank für deine Fürsorge, Eric, aber glaube mir, ich habe keine Verwendung für eine Frau, so schön sie auch sein mag. Komm jetzt, ich will dir meine langweilige, unscheinbare Gemahlin vorstellen.«
***
Von ihrem Zimmer aus sah Erin die geblähten Segel der Drachenschiffe. Voller Angst hatte sie die Ankunft der Wikinger beobachtet. Aber sie war von Rig beruhigt worden, der ihr versichert hatte, die Besucher würden in friedlicher Absicht kommen und Geschenke von Olafs Vater, einem großen norwegischen Jarl, mitbringen.
Sehr schnell verwandelte sich ihre Erleichterung in Zorn. Offenbar hatten alle Leute in Dubhlain gewusst, dass diese Schiffe eintreffen würden, nur die Königin nicht. Seit vierzehn Tagen wechselte Olaf kaum ein Wort mit ihr, und natürlich hatte er es vorgezogen, ihr nichts von diesem Ereignis mitzuteilen.
Sie setzte sich ins heiße Bad, das Rig für sie vorbereitet hatte, und kaute bedrückt an einem Fingernagel. Ihre Lage verschlechterte sich zusehends. Anfangs war sie durch ihre Trauer um Leith und Fennen unempfindlich gegen Olafs Kälte gewesen, doch dieses Gefühl verflog jetzt allmählich.’ Nach jener ersten Nacht, wo er sie allein gelassen hatte, war er zu ihr zurückgekehrt. Doch er rührte sie nicht an. Schlaflos lagen sie nebeneinander, angespannt und gequält. Vor vierzehn Tagen hatte er das Gemach mitten in der Nacht fluchend verlassen, und seither war er nicht mehr zurückgekehrt. Erin redete sich ein, das sei gut so. Aber in schwachen Augenblicken erkannte sie, dass sie lieber mit ihm streiten als unter seiner Gleichgültigkeit leiden würde.
Laute Schritte auf der Treppe rissen sie aus ihren Gedanken. Hastig stieg sie aus der Badewanne und wünschte plötzlich, sie hätte sich nach Moiras Hochzeit eine Dienerin genommen. Die Wikinger erregten ihre Neugier, und außerdem stand ihr Stolz auf dem Spiel. Wenn diese Seefahrer Neuigkeiten nach Norwegen brachten, sollten sie erzählen, der Herr der Wölfe habe eine untadelige irische Gemahlin.
Obwohl kühles herbstliches Wetter herrschte, wählte sie eine hellblaue Robe aus dünner Seide, die keinen Gürtel erforderte und deshalb die Schwangerschaft verbarg. Ein taubenblauer Umhang aus Wollstoff würde sie wärmen.
Sie bürstete ihr Haar und schmückte es mit Juwelen, dann ging sie zu der geschnitzten Tür. Nach zwei tiefen Atemzügen straffte sie die Schultern und war bereit, den Besuchern gegenüberzutreten. Immerhin, sagte sie sich, bin ich die Tochter von Aed Finnlaith.
***
»Es hat sich nicht viel geändert.« Lachend legte Eric die gestiefelten Füße auf den Tisch. »Swein von Osgood hat bei einem Kampf Harilks Ohr abgeschnitten, worauf Harilks Bruder Swein erstach. Sweins Witwe schrie nach Rache, und Harilk wurde von ihrem Onkel getötet. Zweifellos wird die Fehde andauern, bis in beiden Familien nur noch Kleinkinder leben … «
Olaf stand nachdenklich am Feuer und drehte sich verwundert um, als sein Bruder plötzlich verstummte. Mit großen Augen starrte Eric zur Treppe, dann nahm er hastig die Füße vom Tisch und stand auf.
Belustigt und ärgerlich zugleich, folgte der Wolf dem Blick seines Bruders und sah Erin die Stufen herabsteigen.
Hatte es jemals eine Zeit gegeben, wo es ihm gelungen war, ihre Schönheit leidenschaftslos zu betrachten? Das schimmernde mitternachtsschwarze Haar, noch feucht vom Bad, kräuselte sich ein wenig - ein perfekter Rahmen für ihr ebenmäßiges Gesicht. Verlockend
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