01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
bekommt, das bestimme ich. Deine Verwandten sind gleich dran.“
Efe war mit der Verteilung fast fertig, als ihr eine junge Frau den Becher entriss, den sie gerade an Lape reichen wollte.
Mama Ada hatte mir in Lagos einmal ein Sprichwort gesagt, das ich nie vergessen hatte: Der Bettler ist wie ein Dornbusch. Wenn du nicht Acht gibst, bleibst du an seinen Dornen hängen. Doch in unserem Fall waren die Verhältnisse ungleich komplizierter. Ngozis Verwandtschaft wusste offenkundig nichts von unserer Infektion. Damit jede Gefahr einer Ansteckung vermieden wurde, mussten wir ab sofort Situationen wie diese vermeiden.
Ich sah Ngozis Tochter streng an. „Wir sind glücklich, dass wir euch Unterschlupf gewähren dürfen“, meinte ich, „doch dies ist nicht euer Haus. Ihr werdet euch freundlich verhalten. Nur so werden wir uns verstehen.“
Das Gesicht der um einiges älteren Frau wurde hart. „Meine Mutter hat mir schon gesagt, dass du hier das Wort führen willst. Aber du bist jünger als ich.
Behandle mich gefälligst mit Respekt.“ Demonstrativ griff sie nach meinem Becher und der Teekanne. Ich drehte mich schnell genug zur Seite.
Meine Gefährtinnen ließen nun die Arbeit ruhen, und ehe ich begriff, was vor sich ging, standen sich zwei Gruppen gegenüber: meine Gefährtinnen hinter mir, Ngozis Verwandte hinter Rose.
„Beruhigt euch“, sagte ich. „Wir haben genug Tee. Efe und ich werden ihn sofort bringen.“
„Du willst uns schlechten Tee geben!“, stieß Rose hervor. „Wir wollen den anderen Tee.“
Darauf konnte ich mich schon deshalb nicht einlassen, weil ich nicht genügend Zutaten hatte, um derartige Mengen zuzubereiten. Den Grund dafür konnte ich unmöglich nennen; offensichtlich hatte Ngozi ihre Tochter niemals über unsere Infektion aufgeklärt. Hätte ich das in diesem Moment nachgeholt, hätten die von den Auseinandersetzungen im Ort ohnehin bis aufs Blut gereizten Frauen wahrscheinlich völlig durchgedreht.
„Lape, Florence und Elisabeth werden euch zu unserer Küche bringen. Dort seht ihr, dass wir einen guten Tee machen. Und eine Mahlzeit wird inzwischen auch fertig sein. Kommt mit, esst und trinkt“, sagte ich so versöhnlich, wie ich es vermochte. Einerseits taten mir die von den Wirren verängstigten Menschen Leid, andererseits spürte ich auch einen ziemlichen Zorn auf ihr forderndes Benehmen. Wahrscheinlich hätte die praktisch denkende Ngozi sie lieber in der Heilstation lassen sollen, anstatt sie mit unserem Mauerbau zu behelligen.
Wir waren auf der noch unbefestigten Rückseite des Grundstücks gewesen und betraten nun den Hof. Dort standen Ada, Bisi, Funke und Ngozi vor jenem Tor, das Ada gestern noch fertig gestellt hatte. Es war mit Feldsteinen verklemmt. Auf der anderen Seite befanden sich einige Männer, hinter denen ein Auto parkte.
Ausgerechnet jetzt, während wir mit unseren Besucherinnen einen überflüssigen Streit austrugen, war der liman zurückgekehrt.
„Was will dieser Mann hier?“, flüsterte Ngozis Tochter mit unüberhörbarer Panik in der Stimme.
„Er wird wieder gehen“, beruhigte ich sie und bat meine Schwestern, Rose und die übrigen Frauen zur Küche zu führen. Ich hielt Efe zurück. „Geh jetzt langsam in die alte Bibliothek und sorge dafür, dass dort alles ganz ruhig bleibt!“ Ich marschierte mit Magengrimmen zum Tor, als ich bemerkte, dass die Besucherinnen, entgegen meiner Aufforderung, zur Küche zu laufen, wie ein Haufen aufgeschreckter Hühner zum Farmhaus rannten. Hoffentlich, betete ich, geht das gut!
Am Tor war inzwischen ein heftiger Wortwechsel entbrannt. Mama Bisi zitterte am ganzen Körper.
„Habt ihr alles so gesagt, wie wir es besprochen haben?“, flüsterte ich ihr zu.
Sie nickte tapfer.
Liman Ahmed hob seinen Stecken und deutete auf mich. „Du dort, zeig uns dein angebliches Heilhaus. Wir wollen sehen, dass du nicht die Frau versteckst, die wir suchen.“
Mama Bisi umklammerte meine Hand. Ich verstand ihr stummes Signal und erwiderte: „Die Ältesten haben alles gesagt.“
Der liman hob seinen Stock und stieß ihn gegen das Tor. „Öffnet es“, befahl er den fünf oder sechs Männern, die ihn begleiteten.
Mama Ngozi stürmte nach vorn und stemmte sich gegen das Tor. Ada, Bisi, Funke und ich taten es ihr gleich. „Wir verbieten euch einzutreten. Dies ist ein Haus ehrenwerter Frauen. Ihr habt nicht das Recht, unseren Frieden zu stören!“, rief Mama Ngozi den Angreifern entgegen.
Hinter mir hörte ich jetzt
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