01 - Ekstase der Liebe
Berg über den Arm und wankte beinahe aus dem Zimmer, wobei die
Unterröcke, die sich vor ihrem Gesicht auftürmten, sie am Sehen hinderten. Sie
musste dreimal gehen, dann hatte Charlotte ihr Zimmer wieder für sich.
Sie
lief auf und ab, die Stirn leicht gerunzelt. Dann begann sie, die
Porzellanfiguren auf dem Kaminsims und all den Krimskrams, der seit ihrem
fünften Lebensjahr auf ihrem Nachttischchen gestanden hatte, einzusammeln und
vorsichtig auf die Frisierkommode zu stellen. In dem Zimmer war immer noch zu
viel Firlefanz, es war das Zimmer eines Mädchens für die Träume eines Mädchens,
voller Butterblumen und Gänseblümchen.
Ich
werde es ändern lassen, dachte Charlotte, aber das kann ich morgen tun. Sie
wollte etwas Nüchterneres, vielleicht sogar blau, die Farbe von Kornblumen. Auf
Grund der Erinnerung an ihren Debütantinnenball hatte sie eine Abneigung gegen
Blau entwickelt, aber das war albern.
Charlotte
ging ohne einen Gedanken an die beinah fertige dritte Version von Sir Vigilant
Calverstill, der im dritten Stock auf sie wartete, zu Bett. Mit romantischen
Gedanken schlief sie ein und träumte davon, mit einem Mann mit silberschwarzem
Haar zu tanzen. Sie trug ein dunkelblaues Abendkleid und er sah sie voller
Bewunderung und mit nacktem Verlangen in den Augen an.
Er
neigte den Kopf und seine Lippen berührten ihre, einmal, zweimal, dreimal,
einladend, fordernd, verheißungsvoll. Charlotte wälzte sich im Schlaf ruhelos
hin und her und wachte mit klopfendem Herzen auf. Sie starrte eine Zeit lang
nachdenklich ins Dunkel. Morgen früh würde sie sich erkundigen, ob William
Holland eine Frau gefunden hatte. Es war seltsam, dachte Charlotte vergnügt,
sich so spät in die Reihe der nach Ehemännern suchenden Frauen einzureihen.
Aber es schien ihr keineswegs aussichtslos. Und wegen ihres neuen Reichturms
musste sie nur jemanden mit Verstand finden. Verstand und etwas, was sie nicht
benennen konnte, dachte Charlotte. Was dieser Lakai gehabt hatte. Mit einem
Seufzer schmiegte sie sich wieder in ihre Decken und schlief ein.
Kapitel 4
Niemand freute sich
mehr über Charlottes Entscheidung, sich neu einzukleiden, als ihre Mutter. Sie
suchten Antonin Carême gemeinsam auf und während Charlotte unbekümmert Dutzende
von zarten, hochtaillierten Kleidern bestellte, die so dünn waren, dass man die
Umrisse ihres Körpers sehen konnte, schaute Adelaide von einem bequemen Stuhl
aus zu.
Monsieur
Carême wiederum war begeistert. Er sah in Charlotte eine junge Dame mit
exquisiter Figur und perfekten Knochen: Man würde sich um seine Kleider reißen,
wenn diese wunderschöne Tochter eines Herzogs mit seinen Kreationen auf den
Bällen erschien. Adelaides Augen funkelten, als sie den Preis eines bestimmten
Kleides hörte, das Charlotte in Betracht zog. Sie schätzte, dass die genannte
Summe höchstens die Hälfte der sonst üblichen betrug, aber es war ein
geschickter Schachzug von Antonin, den Preis zu senken.
Ohne
Korsett zeigte sich, dass der Körper ihrer Tochter natürliche, üppige Kurven
entwickelt hatte. Die Männer würden dahinschmelzen, wenn ihre vollendet
geformten Brüste sich vollkommen natürlich und sanft aus Carêmes winzigen
Miedern wölbten. Und die Frauen würden das gleiche Kleid in der Hoffnung
bestellen, denselben Effekt zu erzielen.
»Sie
wird dieses Oberteil doch nicht verlieren, oder, Antonin?«, fragte Adelaide
besorgt.
Charlotte
stand vor einem dreiseitigen Spiegel und trug ein umwerfendes Kleid. Es war
vollkommen weiß und sein einziger Schmuck bestand in sieben schmalen Bändern,
die auf den Rock hinunterfielen, der endlos lang wirkte, da er direkt unter
Charlottes Brüsten begann. Und es hatte fast kein Oberteil, dachte Adelaide und
fragte sich, was Marcel sagen würde, wenn er das Kleid sähe. Noch nie hatte
Adelaide ein so elegantes Kleid gesehen.
Sie
räusperte sich. »Charlotte«, sagte sie. »Das musst du nehmen. Du wirst eine
neue Mode einführen.«
Charlotte
drehte sich um. »0 ja«, entgegnete sie glücklich. »Ich werde es nehmen. Vielen
Dank, Monsieur.« Monsieur Carême lächelte und winkte ein Mädchen herbei, das in
der Ecke mit der nächsten Kreation auf den Armen wartete.
Mit
ihren einundvierzig Jahren hielt sich Adelaide für viel zu alt für diese neue
Mode, aber auch sie wurde überredet, einige Morgenkleider zu kaufen:, blasse,
zarte Kreationen mit dem jetzt so modischen griechischen Muster am Saum. »Sie
sind so entworfen«, flüsterte Monsieur Carême ihr
Weitere Kostenlose Bücher