01 - Ekstase der Liebe
vertraulich zu, »dass man ein
leichtes Taillenkorsett tragen kann, wenn man es wünscht.« Und ob Adelaide das
wünschte. Dieses nackte Aussehen, an das Charlotte sich so schnell gewöhnte,
war nichts für sie!
Dennoch
... Adelaide lächelte und dachte mit Genugtuung an die boshaften Bemerkungen,
die einige Witwen in letzter Zeit über ihre jüngste Tochter gemacht hatten,
dass sie wahrscheinlich »in ihren Händen bleiben« und »niemals flügge werden«
würde. Unsinn. Niemand, der Charlottes lange, schlanke Beine und ihre
blütenweiße Haut sah, würde Charlotte jemals wieder für eine alternde Jungfer
halten. Nicht in dieses Kleidern!
Am
Nachmittag kam Monsieur Pamplemousse und bevor Charlotte es sich anders
überlegen konnte, lag ihr langes Haar in dünnen Strähnen um den Stuhl in ihrem
Ankleidezimmer.
»Regardez«, sagte
Monsieur Pamplemousse aufgeregt. »Sie sind unvergleichlich!« Er küsste seine
Fingerspitzen. »Ah, meine Scheren sind aus Gold.«
Charlotte
betrachtete sich im Spiegel. Ihr Haar lockte sich in kunstvoller Fülle und ihr
Kopf fühlte sich so leicht an, als wäre er ein Ballon, der jeden Augenblick in
die Luft aufsteigen könne. Befreit von all dem schweren Haar, sahen ihre Lippen
größer aus und die Wangenknochen wirkten ungewöhnlich hoch.
»Lady
Charlotte«, meinte Marie ernst. »Sie sehen schöner aus als je zuvor. Sie werden
einen Begeisterungssturm auslösen!«
Charlotte
lächelte sie im Spiegel an. Monsieur Pamplemousse wirbelte herum und zeigte
Marie, wie sie bei Bedarf ein Band um den Kopf ihrer Herrin legen konnte,
obwohl - er richtete sich wichtigtuerisch auf.
»Bei
wichtigen Anlässen muss Lady Charlotte mich unbedingt kommen lassen.« Für den
folgenden Tag war er wegen des Balls des Herzogs von Clarence vollkommen
ausgebucht, aber er würde eine ganz besondere Ausnahme machen und um vier Uhr
zum Calverstill House kommen.
»Ich
möchte nicht, dass meine Kreation verdorben wird« sagte er und betrachtete
Marie mit gerunzelter Stirn. Marie begann zu zittern und brach auf Französisch
in wilde Proteste aus. Monsieur Pamplemousse ignorierte sie und fuchtelte mit
den Händen in der Luft herum.
»Ich
muss gehen, ich muss gehen!«, rief er mit starkem Akzent.
Charlotte
lachte in sich hinein. Es war ihr nicht entgangen, dass Monsieur Pamplemousse
Marie nicht auf Französisch antwortete; tatsächlich waren nicht alle seiner
zahlreichen ausländischen Wörter französisch: Er schien auch Italienisch zu
benutzen. Sie sah sich noch einmal an. Es war egal, und wenn er vom Südpol
käme, seine Schere war tatsächlich aus Gold. Sie - Charlotte -
fühlte sich zum ersten Mal schön, wirklich schön. Um ehrlich zu sein, sie fand
sich hinreißend. Sie war schön, begehrenswert und exquisit gekleidet. Warum
sollte sie sich schämen? Sie konnte es gar nicht erwarten, zu dem Ball des
Herzogs von Clarence zu gehen!
Deshalb war, als Alexander
McDonough Foakes, der neue Graf von Sheffield und Downes, an seinem allerersten
Abend in London seinem Club einen Besuch abstattete, eine sehr begehrte Erbin
namens Charlotte das einzige Gesprächsthema. Zwei linkische junge Männer
drohten damit, sich wegen der Streitfrage, wen sie denn nun am liebsten hatte,
zu duellieren. Sein alter Freund Braddon Chatwick blickte elend drein, wenn sie
erwähnt wurde.
Sie
setzten sich zusammen in eine ruhige Ecke der Bibliothek und streckten die
Beine vor dem warmen Feuer aus. Alexander spielte mit seinem Brandyglas,.
während er abwesend zuhörte, wie Braddon sein Leid klagte ... er hatte sie
gebeten, ihn zu heiraten, sie hatte nein gesagt, gestern Abend hatte sie
zweimal mit ... Meine Güte! Wie hatte er vergessen können, wie langweilig das
alles war! Es war ihm gleichgültig, mit wem dieses hochnäsige Ding tanzte. Er
sah Braddon finster an.
»Halt
den Mund, Braddon«, sagte er langsam. »Sie muss ein vollkommenes Schaf sein.
Wer sonst würde einen Grafen abweisen? Es ist ja nicht so, als hättest du
siebzehn Kinder oder etwas in der Art.«
»Was
weißt du schon davon, Alex?«, fragte Braddon hitzig. »Du hast immer Glück bei
den Frauen ...« Plötzlich verstummte er und erinnerte sich an die schlimmen
Gerüchte, die er in der Freude, seinen alten Freund nach drei Jahren in den
Club kommen zu sehen, vergessen hatte.
Alex
schien sein Zögern nicht bemerkt zu haben und Braddon warf ihm über sein
Brandyglas hinweg einen verstohlenen Blick zu. Sein Herzschlag wurde ruhiger.
Alex humpelte nicht und sah auch
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