01 - Ekstase der Liebe
Händen zerzaust. Allein die Wölbung ihrer Augenbrauen weckte in ihm den
Wunsch, wie ein Tiger zu knurren und sie über die Schulter zu werfen. Ihr
Anblick verstärkte seine Entschlossenheit. Egal, was sie sagte, sie gehörte zu
ihm, in sein Bett, und dort würde sie auch sein. Sie hatte alles, was er
wollte: Sie besaß wahre Anmut, bis hin zu den feinen, gesenkten Lidern, und
eine verzehrende Leidenschaft, die er noch nie bei einer adeligen Frau
angetroffen hatte.
Entschlossen
presste er die Kiefer aufeinander. Er war einfach zu schnell vorgegangen, das
war alles. Charlotte war eine junge, schöne Frau, der halb London den Hof
machte. Wie konnte er erwarten, dass es genügte, sie einfach darüber in
Kenntnis zu setzen, dass sie in einer Woche heiraten würden? Sie hatte
wahrscheinlich noch nie einen derartigen Sturm der Leidenschaft gespürt, wie
sie ihn heute geteilt hatten. Er hatte sie erschreckt. Er musste langsam
vorgehen und ihr den Hof machen, statt sie an einem Ufer zu verführen.
Alex
geleitete die gereizte Daphne zu seiner Kutsche und rief Will, der Charlotte zu seiner Kutsche geleitete, höflich auf wiedersehen zu. Er ignorierte das
eisige Lächeln, mit dem sich Charlotte von ihm verabschiedete. Sein Mädchen
befand sich in einer Zwickmühle, das war klar, aber darum würde er sich morgen
kümmern. In der Kutsche konzentrierte er sich darauf, Miss Daphne mit
Schmeicheleien aus ihrer missmutigen Stimmung zu bringen. Das gelang ihm -
indem er Komplimente auf sie niederregnen ließ - so gut, dass ihr hell
klingendes Lachen die Kutsche immer wieder erfüllte. Daphne hätte geschworen,
dass Alexander Foakes' Aufmerksamkeit einzig und allein ihr gehörte. Aber
tatsächlich dachte Alex an den köstlichen Moment zurück, als Charlotte sich an
seinen Körper drängte. Seine Frau. Das klang verdammt gut.
Kapitel 7
In der darauf
folgenden Woche wurde der Londoner Gesellschaft der Genuss zuteil zu
beobachten, wie der schöne, aber vollkommen unmögliche Graf von Sheffield und
Downes die regierende Schönheit Lady Charlotte Daicheston bestürmte. Niemand
konnte herausfinden, was sie dabei fühlte. Sie lachte und flirtete mit all
ihren Verehrern, ohne eine besondere Vorliebe für den Grafen zu zeigen. Sie
wurde mit prüfenden Augen beobachtet, als sie einem anderen Grafen, Braddon
Chatwin, zwei Tänze gewährte. Und dann tanzte sie zweimal mit Will Holland und
schockierenderweise dreimal mit einem Mann, der alt genug war, um ihr Vater zu
sein, Sylvester Bredbeck. Aber alle Welt tat das als bloßen Übermut ab, er war
ein Freund ihrer Mutter.
Die
alles krönende Frage war natürlich: Hatte es ihr jemand erzählt? Charlottes
Mutter wehrte Dutzende von liebenswürdigen Fragen ab, deren Ziel es war, zum
Kein der Sache vorzustoßen. Zeigte ihre Tochter Alexander Foakes die kalte
Schulter, weil sie von seiner Beeinträchtigung wusste, oder folgte sie in ihrer
Unschuld nur ihren eigenen Instinkten? Oder war sie, wie einige weniger
freundliche Leute andeuteten, ein berechnendes junges Weib, das genau wusste,
dass der werbende Eifer des Grafen nur zu ihren Gunsten arbeiten konnte, und
deshalb mit Absicht alle im Unklaren ließ?
Aber
die Wahrheit war, niemand hatte ihr etwas gesagt. Ganz London wusste von Alex'
Impotenz, nur Charlotte hatte keine Ahnung. In Anbetracht der verstohlenen
Bemerkungen, die verschiedene Leute in ihrer Hörweite über seine frühere Ehe
gemacht hatten, war sie misstrauisch geworden, aber diese Bemerkungen waren
eher gehässig als informativ. Und Impotenz war sicherlich nichts, was ihr im
Zusammenhang mit Alex in den Sinn kam. Schließlich hätte gerade sie das Gegenteil
bestätigen können.
Ihre
Mutter war hin- und hergerissen. Hätte Adelaide nicht den starken
Verdacht gehegt, dass Alex der Mann mit dem silberschwarzen Haar war, der ihre
Tochter vor drei Jahren entjungfert hatte, hätte sie Charlotte ohne Zögern die
Wahrheit gesagt und sie dazu ermahnt - ja ihr sogar befohlen, sich von
ihm fern zu halten. Aber... was sollte sie tun? Ihre Tochter hatte sich ihr
nicht anvertraut und Charlottes Verhalten ermunterte sie nicht dazu, das Thema
anzuschneiden.
Marcel
andererseits war nie über das Missgeschick seiner Tochter in jenem Garten vor
drei Jahren in Kenntnis gesetzt worden. Und deswegen stand er der Aussicht,
Charlotte könne Alexander Foakes' Antrag annehmen, stark ablehnend gegenüber.
»Und
das werde ich ihm auch sagen«, tobte er seiner Frau gegenüber. »Ich werde es
ihm sagen, wenn
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