01 - Ekstase der Liebe
er die Frechheit haben sollte, mich um ihre Hand zu bitten! Ich
werde nicht zulassen, dass eine meiner Töchter eine schlappe Karotte, einen ...«
Er verstummte, als ihm einfiel, dass manche Redewendungen besser nicht in
Gegenwart einer Dame wiederholt wurden, selbst wenn die betreffende Dame die
eigene Frau war.
»Ich
versteh dich ja, Marcel!«, erwiderte Adelaide beruhigend. »Und ich stimme dir
zu, Liebling, natürlich. Aber ich glaube, dass wir Charlotte gestatten sollten
zu tanzen, mit wem sie möchte.«
»Sei
doch nicht so naiv, Adelaide! Sie hat keine Ahnung, habe ich Recht?« Marcel
betrachtete sie mit gerunzelter Stirn.
»Nein«,
gab Adelaide zu.
»Na ja,
du musst es ihr sagen, das ist alles. Ich nehme an, er wird etwas peinlich,
aber irgendwann muss sie die Wahrheit erfahren. Verdammt! Du hast Violetta und
Winifred doch auch davon erzählt, bevor du sie zu ihrer Hochzeit geschickt
hast, oder etwa nicht?«
»Ja«,
antwortete Adelaide unglücklich, »aber ...«
»Du
wirst es einfach tun müssen, Addie. Wir können nicht zulassen, dass ganz London
über unsere nichts ahnende Tochter lacht. Die Hälfte von ihnen scheint sie für
eine Mitgiftjägerin zu halten, der es egal ist, ob ihr Mann ein ... Waschlappen
ist, und die andere Hälfte lacht über sie. Ich werde das nicht dulden, hörst
du?« Sein Gesicht war beängstigend rot. »Weißt du, dass viele Leute die
Impertinenz besessen haben, mich zu fragen, wie ich mich dabei fühle, dass
meiner Tochter von einem Weichei der Hof gemacht wird?«
»Ein
Weichei«, wiederholte Adelaide, gegen ihren Willen fasziniert. »Das ist
ziemlich gut - ein Weichei.«
»Mein
Gott! Wiederhole es nicht auch noch, Addie. Das ist unanständig«, stöhnte ihr
Ehemann. »Verstehst du jetzt, was ich meine? Die Leute wetteifern darum, neue
Spitznamen für den Mann zu erfinden. Halte mich nicht für herzlos. Persönlich
mag ich ihn eigentlich ganz gern. Er hat neulich im Oberhaus eine erstaunlich
gute Rede über die Getreideunruhen in Suffolk gehalten. Da hat keiner über
seine Beeinträchtigung geflüstert! Aber Tatsache ist, dass er kein Mann ist,
von dem ein Vater möchte, dass er seiner Tochter den Hof macht. Keine Kinder,
Adelaide. Bist du dir darüber im Klaren?« Er starrte seine Frau vorwurfsvoll
an.
»Marcel«,
protestierte sie. »Ich sage ja nicht, dass Charlotte den Mann heiraten soll;
ich möchte das Thema nur nicht anschneiden. Schließlich gibt es keinerlei
Anzeichen, dass sie ihn ihren anderen Verehrern vorzieht. Warum können wir es
nicht für den Augenblick dabei belassen?«
»Weil
er sie jede Minute für sich gewinnen kann! Du hättest ihn im Oberhaus sehen
sollen, Addie. Dieser Mann kann mit Engelszungen reden. Und er sieht verdammt
gut aus, das will ich ihm zugestehen. Niemand, der ihn sieht, wird vermuten,
dass mit ihm etwas nicht stimmt. Abgesehen von seinem Problem würde ich sagen,
er wäre der perfekte Ehemann für Charlotte.«
»Ich
verstehe«, erwiderte Adelaide. »Du hast Angst, sie könnte sich in ihn
verlieben.«
»Wenn
das geschieht, stecken wir in Schwierigkeiten. Du weißt, wie eigensinnig sie
ist, Addie. Wir konnten ja noch nicht einmal Winifred davon abhalten, diesen
Amerikaner zu heiraten, und sie war die Gefügigste von all unseren Kindern.
Wenn Charlotte es sich in den Kopf setzt, wird sie es tun. Und sie wird der
Frage, ob er impotent ist oder nicht, keine Beachtung schenken.«
Er ließ
sich auf das Bett fallen. »Aber sie wird nicht glücklich sein, Addie. Sie kann
den lieben langen Tag in ihrem Atelier malen, aber das wird sie nicht glücklich
machen.« Marcel streckte die Hand nach seiner Frau aus und zog sie neben sich
aufs Bett. »Es wäre nicht richtig.«
Adelaide
schmiegte sich an die Seite ihres Mannes, hinund hergerissen, ob sie ihm von
Charlottes Erlebnis in Kent vor drei Jahren erzählen sollte. Besser nicht,
entschied sie. Er würde fuchsteufelswild werden und würde wahrscheinlich wie
ein Bulle in Alexander Foakes' Stadthaus stürmen. Und dann war da noch der
Zwillingsbruder. Was, wenn es der andere gewesen war - wie hieß er noch
gleich? Irgendein irischer Name, dachte sie. Was wenn der Zwillingsbruder der
Mann im Garten gewesen war? Konnte Charlotte die beiden unterscheiden? Sie
verzagte bei der Vorstellung, ihre Tochter zu fragen.
»Es
gibt eine Sache, die ich nicht verstehe, Marcel. Sarah Prestlefield hat mir
erzählt - du weißt, wie gehässig sie sein kann -, dass Alexander
Foakes eine Tochter hat. Tatsächlich sagte
Weitere Kostenlose Bücher