01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet
Kontaktnahme, des Umgangs mit Agenten ebenso lernen wie das Fotografieren mit dem Teleobjektiv, die Installierung verborgener Mikrofone und so weiter, und sich desgleichen im Sendewesen ausbilden, im Schreiben unsichtbarer Nachrichten mit Hilfe spezieller Tinten, im Chiffrieren und allem, was noch dazugehört.
Aktion bedeutet, daß Sie in gewissen, äußerst selten eintretenden Fällen kämpfen oder sich verteidigen müssen - wie in den Spionageromanen, aber mit einem wesentlichen Unterschied: Der Romanspion gerät von einer Schlägerei in die andere, während der gute Spezialagent im wirklichen Leben niemals in eine Prügelei verwickelt wird; er bleibt unbemerkt und ist nur dann bereit, sich zu schlagen, wenn's gar nicht anders geht! Verstanden? Trotzdem bringt dies notwendigerweise mit sich, daß Sie sich alle Methoden des Nahkampfes, des instinktiven Schießens, des Umgangs mit Explosivkörpern sowie mit gewissen Drogen wie zum Beispiel Einschläferungsmitteln zu eigen machen müssen.
Schutz ist die Gesamtheit von alldem plus Tarnungsmethoden sowie Techniken des Ausfragens und verstohlenen Beobachtens - mit einem Wort: alles, was bewirkt, daß ein Spezialagent einem Polizisten gleicht.
Zum Schluß möchte ich euch in Erinnerung bringen, daß ihr einen feindlichen Agenten unter euch habt. Er ist nur angeblich feindlich, wohlgemerkt, aber ihr wißt ja, daß man erst auf Zielscheiben schießt, bevor man Menschen aufs Korn nimmt.
Ich wünsche euch viel Glück - zumindest neunundzwanzig von euch!«
Oberst Moriol ließ seinen durchdringenden und scharfen Blick von einem zum anderen der dreißig auf ihn gerichteten Gesichter schweifen, dann verließ er unvermittelt das Zimmer, um einem alten Schauspieler das Feld zu räumen, der von Maskenkunst, Verstellungen und Verkleidungen zu sprechen begann.
»In der Armee nennt man unseren Dienst den ,Schnurrbartdienst'. Aber wir tragen nie einen falschen Schnurrbart! Der Agent verwandelt sich nicht, um aufzufallen, sondern im Gegenteil, um in der Menge zu verschwinden - um nicht aufzufallen.«
Auf diese Stunde folgten dann Nahkampfübungen und ein Chiffrierkurs...
Im Speisesaal saßen die Schüler zu viert an kleinen Tischen, wobei die Sitzordnung jedesmal neu durch Los bestimmt wurde, damit jeder mit jedem näher bekannt werden konnte - und jeder gezwungen wurde, seine Rolle möglichst oft zu spielen.
Beim Mittagessen fand Lennet sich an einem Tisch mit Bertrand Bris, einem blonden Hünen, der sich als Sohn eines Universitätsprofessors ausgab und sehr langsam von Astrophysik und Jazzmusik sprach, Martin Leger, der über recht genaue, wenn auch papieren klingende Reitkenntnisse verfügte und auffallend eifrig mit ihnen protzte, und Nikola Bernard, die erzählte, daß ihr Bräutigam, ein Beamter des SDECE, ihr geraten hatte, zum FND zu gehen.
»So, so", Lennet lachte, fügte aber sonst kein Wort hinzu.
Während er sich am Abend die Zähne putzte, ließ sich der Lautsprecher vernehmen: »Armand, hören Sie mich?«
»Ja, Herr Oberst", antwortete Lennet, den Mund voll Schaum.
»Vor mir liegt der Bericht des Elektronengehirns vom heutigen Tag. Ihre Karte ist praktisch leer. Sie haben fast nichts gesprochen. Warum?«
»Ich habe zugehört, Herr Oberst.«
»Ein ausgezeichneter Grundsatz. Aber wie sollen wir Ihre Fähigkeiten beurteilen, wenn Sie nur schweigen?«
»Wenn Sie mir erlauben, Herr Oberst...«
»Ich erlaube alles.«
»Dann lassen Sie mich Ihnen sagen, daß das Ihretwegen geschieht.«
Nach einigem Schweigen bemerkte der Oberst trocken: »Die Idee ist richtig, aber einem Paul Armand von der Kadettenanstalt wäre sie nie eingefallen. Zumindest hätte er sie nicht mit solchen Worten ausgedrückt. Gute Nacht.«
Sobald sich Lennet ausgestreckt hatte, trat der Lautsprecher abermals in Aktion.
»Hypnosekurs Nummer l", begann eine unpersönliche Stimme. »Sie brauchen mir nicht zuzuhören oder die geringste Beachtung zu schenken. Schlafen Sie ein. Ich werde während Ihres Schlafes sprechen, und Sie werden meine Worte im Gedächtnis behalten, ohne sich dessen bewußt zu sein.
Hypnosekurs Nummer 1. Die Kunst, seine Persönlichkeit zu tarnen, besteht nicht darin, die Person, die man darstellen will, mit Äußerlichkeiten auszustatten, sondern eine innere Haltung zu erwerben, die...«
Lennet hielt nach einem Gegenstand Ausschau, der als Unterbrecher dienen könnte, fand aber keinen. Schließlich rollte er eine Decke zusammen und stopfte sie in die
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