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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Zacharias Mormone war und nie in seinem Leben Alkohol angerührt hatte, für diese Helikopterbesatzungen hatte er genügend Drinks besorgt, um einen ganzen Marinetrupp damit flachzulegen, in Dankbarkeit und Ehrfurcht vor ihrer Tapferkeit. Auf diese Weise drückte man unter Kriegskameraden eben seine Bewunderung aus.
    Doch wie jeder andere Kamerad hatte er nie ernsthaft gedacht, daß gerade er gefangengenommen werden würde. Tod, diese Möglichkeit hatte er erwogen. Zacharias war König der Weasel gewesen. Er hatte mitgeholfen, diesen Berufszweig zu erfinden. Mit seinem Intellekt und ausgezeichneten fliegerischen Geschick hatte er die Doktrin aufgestellt und in der Luft ihre Gültigkeit bewiesen. Er hatte seine F-105 in das dichteste Luftabwehrnetz gesteuert, das je aufgebaut worden war, hatte noch dazu die gefährlichsten Waffen bewußt auf sich gelenkt und seine Ausbildung und Intelligenz benützt um sich mit ihnen zu duellieren, hatte alle taktischen Finessen ausgeschöpft, sein ganzes Geschick eingesetzt, sie geneckt, ihnen getrotzt, sie geködert in dem berauschendsten Wettkampf, den je ein Mensch erlebt hatte, ein dreidimensional mit Über- und Unterschallgeschwindigkeit durchgeführtes Schachspiel mit ihm in seiner zweisitzigen Thud und den anderen an den russischen Radargeräten und Raketenrampen. Wie Mungo und Kobra fochten sie jeden Tag aufs neue eine private Vendetta aus, und in seinem Stolz und seiner Erfahrenheit hatte er gemeint, er würde gewinnen oder schlimmstenfalls sein Ende in Form einer gelbschwarzen Wolke erleben, die den charakteristischen Tod eines richtigen Piloten kennzeichnete: unmittelbar, dramatisch und in luftiger Höhe.
    Er hatte sich nie für besonders tapfer gehalten. Aber er hatte seinen Glauben. Sollte ihn der Tod in der Luft ereilen, dann konnte er sich darauf freuen, Gott ins Antlitz zu blikken, wenn er demütig angesichts seines bescheidenen Rangs und stolz auf sein vergangenes Leben vor ihm stand, denn Robin Zacharias war ein rechtschaffener Mann, der kaum je vom Pfad der Tugend abgewichen war. Seinen Kameraden war er ein guter Freund, ein pflichtbewußter Anführer, der auf die Bedürfnisse seiner Männer Rücksicht nahm; ein aufrechter Familienvater mit starken, aufgeweckten und stolzen Kindern; aber vor allem war er ein Kirchenältester, der einen Zehnten seines Luftwaffensolds abgab, wie seine Stellung in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage es erforderte. Aus all diesen Gründen hatte er den Tod nie gefürchtet. Was jenseits des Grabes lag, erwartete er mit Zuversicht. Das Leben selber war eine unsichere Angelegenheit, und sein gegenwärtiges Leben ganz besonders, und selbst einem Glauben so stark wie dem seinen waren durch den Körper, in dem er steckte, Grenzen gesetzt. Diesen Umstand begriff er entweder nicht ganz, oder er wollte ihm keinen rechten Glauben schenken. Seine Religiosität, sagte sich der Oberst, sollte doch ausreichen, ihm über alles hinwegzuhelfen. Tat sie doch. Sie sollte es wenigstens. Nein, es war so. Das hatte er als Kind von seinen Lehrern gelernt. Doch diese Stunden waren in bequemen Klassenzimmern mit Blick auf die Wasatch Mountains erteilt worden, von Lehrern mit einem sauberen weißen Hemd und Krawatte, die ihre Unterrichtsbücher vor sich hielten und mit all dem Zutrauen redeten, das ihnen die Geschichte ihrer Kirche und deren Mitglieder vermittelt hatten.
    Hier ist es anders. Zacharias hörte die zaghafte Stimme, die das sagte, versuchte, sie zu ignorieren, versuchte nach Kräften, ihr nicht zu glauben, denn wenn er ihr glaubte, widersprach das seinem Gottvertrauen, und genau diesen Widerspruch konnte sein Denken nicht zulassen. Joseph Smith war für seinen Glauben gestorben, in Illinois ermordet. Andere hatten das gleiche Schicksal erlitten. Die Geschichte des Judentums und der Christenheit war voller Märtyrer - Helden für Robin Zacharias, denn so hieß das in seinen Berufskreisen -, die Folter durch römische oder andere Hände erlitten hatten und mit dem Namen Gottes auf den Lippen gestorben waren.
    Aber sie haben nicht so lange gelitten wie du, beteuerte die Stimme. Ein paar Stunden nur. Die kurzen höllischen Minuten auf dem brennenden Scheiterhaufen, vielleicht ein oder zwei Tage, ans Kreuz genagelt. Das nämlich war es: Ihr Ende war absehbar, und wenn man wußte, was nach dem Ende kam, konnte man sich darauf konzentrieren. Aber um über das Ende hinauszusehen, mußte einer erst mal wissen, wann genau dieses Ende

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