Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
auf, setzten ihn an eine Wand, und er sah ein Gesicht. Es war Grischanow.
    »Mein Gott«, sagte der Russe, die Wangen rotglühend vor Wut. Er drehte sich um und brüllte noch einmal etwas in seltsam klingendem Vietnamesisch. Augenblicklich erschien eine Feldflasche, und er goß den Inhalt über das Gesicht des Amerikaners. Dann brüllte er wieder, und Zacharias hörte, wie die Tür zuging.
    »Trink, Robin, trink das.« Er hielt dem Amerikaner eine kleine Metallflasche an die Lippen.
    Zacharias nahm den ersten Schluck so rasch, daß die Flüssigkeit schon in seinem Magen war, bevor er den beißenden Geschmack von Wodka registrieren konnte. Entsetzt hob er die Hand und versuchte, die Flasche wegzuschieben.
    »Ich darf nicht«, japste der Amerikaner, »darf das nicht... trinken... «
    »Robin, es ist Medizin. Das ist nicht zum losen Zeitvertreib. Dagegen hat deine Religion doch wohl nichts einzuwenden. Bitte, mein Freund, du brauchst das. Es ist alles, was ich für dich tun kann«, fügte Grischanow mit einer Stimme hinzu, die vor Enttäuschung bebte. »Du mußt, Robin.«
    Vielleicht ist es Medizin, dachte Zacharias. Einige Arzneien waren mit Alkohol versetzt, um sie haltbar zu machen, und seine Kirche ließ das zu, oder nicht? Er konnte sich nicht erinnern und da er es nicht wußte, nahm er noch einen Schluck. Genausowenig wußte er, daß zugleich mit der Auflösung des Adrenalins, das während der Mißhandlungen in seinen Organismus ausgeschüttet worden war, sein Körper sich durch das Trinken nur weiter entspannte.
    »Nicht zuviel, Robin.« Grischanow entzog ihm die Flasche, versorgte dann Robins Wunden, streckte dessen Beine aus und wischte ihm mit einem feuchten Tuch das Gesicht ab.
    »Wilde!« knurrte der Russe. »Dreckige, stinkende Wilde. Major Vinh werde ich dafür den Kragen umdrehen, ihm das knochige kleine Affengenick brechen.« Der russische Oberst setzte sich neben den amerikanischen Offizier auf den Boden und sprach frisch von der Leber weg. »Robin, wir sind Feinde, aber wir sind auch Männer, und selbst im Krieg gibt es Regeln. Du dienst deinem Land, ich diene meinem. Diese... diese Leute verstehen nicht, daß es ohne Ehre keinen wahren Dienst gibt, nur Barbarei.« Er hielt die Flasche wieder hoch. »Hier. Ich kann nichts anderes gegen die Schmerzen beschaffen. Es tut mir leid, mein Freund, aber ich kann es nicht.«
    Und Zacharias nahm einen weiteren Schluck, immer noch betäubt, immer noch desorientiert und verwirrter als je zuvor.
    »Guter Mann«, sagte Grischanow. »Ich habe das noch nie gesagt, aber du bist tapfer, mein Freund, daß du diesen Ratten so gut widerstehst.«
    »Muß ich ja«, stieß Zacharias hervor.
    »Selbstverständlich«, sagte Grischanow, während er dem Mann das Gesicht sauber wischte, so wie er es bei einem seiner Kinder getan hätte. »Das würde ich auch.« Er verstummte. »Mein Gott, einmal wieder fliegen können!«
    »Ja, Oberst, ich wünschte... «
    »Sag Kolja zu mir.« Grischanow wedelte mit der Hand. »Du kennst mich schon lange genug.«
    »Kolja?«
    »Mein Vorname ist Nikolaj. Kolja ist der - Spitzname, heißt es so?«
    Zacharias hielt den Kopf weiter an die Wand gedrückt schloß die Augen und dachte an das Hochgefühl beim Fliegen. »Ja, Kolja, ich würde auch gerne wieder fliegen.«
    »Kein großer Unterschied, stelle ich mir vor«, sagte Kolja, der sich nun neben den Mann setzte und ihm brüderlich den Arm um die zerschlagenen und schmerzenden Schultern legte, in dem Wissen, daß dies die erste menschlich warme Geste war, die er seit bald einem Jahr erfuhr. »Ich habe die MiG-17 am liebsten. Schon veraltet, aber mein Gott, was für eine Freude, sie zu fliegen. Den Steuerknüppel brauchst du bloß mit den Fingerspitzen anzutippen - du brauchst nur zu denken, es dir im Geiste vorzustellen, und das Flugzeug tut, was du willst.«
    »Die 86er war genauso«, erwiderte Zacharias. »Die sind auch alle weg.«
    Der Russe lachte kurz auf. »Wie deine erste Liebe, ja? Das erste Mädchen, das du als Kind angesehen hast, das dir zum erstenmal das Gefühl gab, ein Mann zu sein, ja? Das erste Flugzeug ist für unsereinen noch besser. Nicht so warm wie eine Frau, aber leichter zu beherrschen.« Robin versuchte zu lachen, mußte aber würgen. Grischanow bot ihm einen weiteren Schluck an. »Beruhige dich, mein Freund. Sag mir, welches hast du am liebsten?«
    Der Amerikaner zuckte mit den Achseln, spürte das leichte Brennen im Bauch. »Ich habe so ziemlich alles geflogen. Nur die F-94

Weitere Kostenlose Bücher