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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Sicherheitsverriegelung, dankten der Vorsehung, daß sie einen weiteren Tag überlebt hatten, und fürchteten die Gefahren des nächsten. Nun blieben die Straßen den illegalen Geschäften überlassen. Diese nahmen ihren Gang bis gegen zwei, das hatte Kelly nun mehrfach festgestellt. Nach sorgfältiger Überlegung kam er zu dem Schluß, daß er alles wußte, worauf es ankam. Jetzt mußte er sich nur noch auf die Zufallselemente einstellen. Die gab es immer; doch der Zufall ließ sich nicht vorhersagen, er konnte sich nur innerlich darauf vorbereiten. Alternative Fluchtwege, unausgesetzte Wachsamkeit und Waffen konnten ihm dabei helfen. Doch vieles hing einfach nur vom Glück ab, und so unangenehm das auch sein mochte, das gehörte nun mal zum normalen Leben - nicht daß irgendwas an seiner Mission normal gewesen wäre -, und Kelly mußte es akzeptieren.
    Er stand auf, schleppte sich müde über die Straße und ging mit den gewohnten unsicheren Schritten eines Betrunkenen auf das Sandsteinhaus zu. Die Tür, stellte er fest, war unverschlossen. Die Messingscheibe hinter dem Türknopf hing schief herunter, das sah er mit einem einzigen Blick im Vorübergehen. Dieses Bild setzte sich in seinem Kopf fest, und noch auf dem Rückweg begann er mit der Planung für die kommende Nacht. Wieder hörte er Billys Stimme, sein Lachen - ein seltsamer Klang und ganz bestimmt nicht musikalisch - drang durch das Oberfenster. Eine Stimme, die ihm bereits verhaßt war und für deren Besitzer er etwas ganz Besonderes vorgesehen hatte. Zum erstenmal war er einem der Männer, die Pam ermordet hatten, und womöglich sogar zweien, wirklich nahe. Das hatte jedoch nicht den körperlichen Effekt, den man vielleicht erwartet hätte. Sein Körper entspannte sich. Diesmal würde er es richtig machen.
    Wir sehen uns wieder, Jungs, versprach er sich in der Stille der Nacht. Er stand vor seinem nächsten wichtigen Schritt und mußte aufpassen, daß er keinen Fehler beging. Den Blick fest auf den großen und den kleinen Bob knapp dreihundert Meter vor ihm gerichtet, die wegen ihrer Größe und der leeren breiten Bürgersteige deutlich zu erkennen waren, taumelte Kelly weiter voran.
    Dies war sein nächster Test - er mußte sich seiner selbst sicher sein. Er wandte sich nach Norden, ohne die Straße zu überqueren, denn wenn er geradewegs auf sie zuging, würde er ihnen auffallen, und sie würden neugierig, wenn nicht sogar mißtrauisch werden. Beim Anpirschen mußte er unsichtbar bleiben. Indem er den Winkel zu seinem Ziel änderte und im Zickzack auf sie zusteuerte, konnten seine gebeugten Umrisse mit den Häuserwänden oder geparkten Autos verschmelzen. Nur ein Kopf, eine kleine dunkle Gestalt, nicht weiter gefährlich. Eine Ecke vor ihnen überquerte er die Straße, nutzte auch diese Gelegenheit, um in alle vier Himmelsrichtungen zu spähen. Mit einer Wendung nach links trat er auf den Bürgersteig. Etwa drei Meter breit, nur unterbrochen von den Marmorstufen an den Hauseingängen, bot er genügend Raum für seine unsicheren, schwankenden Schritte. Kelly blieb stehen und setzte die in der Papiertüte steckende Weinflasche an die Lippen. Es war besser, dachte er, wenn er ihnen noch einen zusätzlichen Beweis für seine Harmlosigkeit lieferte. Er hielt vor einem Gully an, und pinkelte hinein.
    »Scheiße!« sagte eine Stimme. Ob es Big oder Little war, kümmerte Kelly nicht. Ihm reichte der Ekel in der Stimme, jener Ton, den ein Mann anschlägt, bevor er sich angewidert von etwas abwendet. Abgesehen davon hatte er sich wirklich erleichtern müssen.
    Beide Männer waren größer als er. Big Bob, der Dealer, maß zwei Meter, und Little Bob, sein Leutnant, war sogar noch größer. Dazu war er muskulös, obwohl sich bereits der Ansatz eines Bierbauchs abzeichnete. Diese beiden waren nicht zu unterschätzen, merkte Kelly, während er fieberhaft seine Taktik noch einmal durchspielte. Sollte er weitergehen und sie unbehelligt lassen?
    Nein.
    Trotzdem ging er zunächst an ihnen vorbei. Little Bob blickte auf die andere Straßenseite; Big Bob lehnte mit dem Rücken gegen eine Hauswand. Kelly zog in Gedanken zwischen den beiden eine Linie und zählte bis drei, bevor er sich langsam, um sie nicht mißtrauisch zu machen, nach links wandte. Gleichzeitig ließ er seine rechte Hand unter die neue alte Buschjacke gleiten. Als sie wieder zum Vorschein kam, legte er die linke darüber und umschloß den Griff der Colt Automatik. Kelly senkte die Augen und suchte den

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