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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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wärst du gut beraten, mich nicht anzulügen, nicht wahr? - Also: Wie kommen die Drogen ins Land?«
    Keine Gnade, hielt Kelly sich vor. Einem Hund, einer Katze oder einem wilden Tier hätte er den Gnadenschuß versetzt, wäre es im gleichen Zustand wie dieser... wie dieses Objekt. Doch Billy war kein Hund, keine Katze, er war auch kein wildes Tier. Er war trotz allem ein menschliches Wesen - allerdings schlimmer als jeder Zuhälter, schlimmer als jeder Dealer. Unter umgekehrten Vorzeichen hätte er sich nicht mit solchen Gefühlen abgegeben wie Kelly jetzt. Er war ein Wesen mit einem äußerst begrenzten Horizont. Seiner umfaßte nur einen einzigen Menschen, nämlich sich selber, umgeben von Personen, die einzig dazu da waren, von Billy zu seinem Spaß oder für seinen Profit manipuliert zu werden. Billy genoß es, anderen Schmerz zuzufügen, sich seine Dominanz über andere zu sichern, deren Gefühle ohne Bedeutung waren, selbst wenn sie unübersehbar existierten. Er hatte nie begriffen, daß es in diesem Universum außer ihm noch Menschen gab, die das gleiche Recht auf Glück und Leben besaßen wie er. Und weil er die Existenz anderer nicht wahrnahm, hatte es auch passieren können, daß er, ohne es zu merken, einem anderen zu nahe getreten war und ihn herausgefordert hatte. Jetzt wurde er zwar eines Besseren belehrt, aber das kam denn doch ein bißchen zu spät Nun stand er vor der Erkenntnis, daß die Zukunft ein einsames Universum war, nicht von Menschen belebt, sondern allein von seinem Schmerz. Da er klug genug war, dies zu begreifen, brach etwas in Billy entzwei. Es zeigte sich nicht auf seinem Gesicht. Statt dessen begann er zu reden, holpernd und keuchend, doch schließlich völlig ehrlich. Es war nur ungefähr zehn Jahre zu spät, schätzte Kelly, während er von seinen Notizen aufblickte. Fast schon ein Jammer und ganz bestimmt schade für die vielen, die Billys exzentrisches Universum bevölkert hatten. Vielleicht hatte er sich nie vorstellen können, daß jemand ihm das antun würde, was er so vielen anderen, Kleineren und Schwächeren, angetan hatte. Doch auch für derartige Betrachtungen war es jetzt zu spät. Zu spät für Billy, zu spät für Pam und in gewissem Sinne auch zu spät für Kelly. Die Welt war voller Ungerechtigkeit, das war die schlichte Wahrheit. Vielleicht hatte Billy nicht gewußt, daß es da draußen ein Recht gab, das nur auf ihn wartete, es hatte ihn einfach nie jemand vorgewarnt. Und so hatte er eben gespielt - und verloren. Kelly würde sein Mitleid für andere aufsparen.
    »Ich weiß es nicht... ich weiß -«
    »Ich habe dich gewarnt!« Kelly öffnete den Hahn und brachte ihn auf achtzehn Meter zurück. Die Blutgefäße in der Retina mußten frühzeitig geplatzt sein. Kelly meinte, ein wenig Rot in der erweiterten Pupille zu sehen, während ihr Besitzer schrie, obwohl er keine Luft mehr in den Lungen hatte. Seine Knie, Füße, Ellenbogen trommelten gegen die Stahlwand. Kelly ließ es geschehen, er wartete eine Weile, bevor er den Luftdruck wieder ansteigen ließ.
    »Sag mir, was du weißt, Billy, oder es kommt noch Schlimmeres auf dich zu. Und beeil dich.«
    Die Stimme war jetzt die eines reuigen Sünders. Wenn seine Informationen stimmten, waren sie bemerkenswert. Und kein Mensch mit seinem Charakter war in der Lage, derartiges zu erfinden. Das abschließende Verhör dauerte drei Stunden, in denen die Luft nur einmal für ein oder zwei Sekunden aus der Kammer zischen mußte. Nachdem Kelly ihn allein gelassen hatte, überprüfte er die Antworten, doch er fand keine Abweichungen zu Billys früheren Aussagen. Vielmehr lieferten sie ihm neue Fakten, mit deren Hilfe er bestimmte Einzelheiten verknüpfen konnte, so daß er einen immer klareren Gesamteindruck bekam. Gegen Mitternacht war er überzeugt, daß aus Billy nichts mehr herauszuholen war. Er harte alle nützlichen Informationen geliefert, die er kannte.
    Fast wäre Kelly von Mitleid überwältigt worden, als er den Kugelschreiber hinlegte. Wenn Billy mit Pam gnädiger verfahren wäre, hätte er vielleicht anders gehandelt, denn seine eigenen Wunden waren, genau wie Billy gesagt hatte, Geschäftsrisiko - oder vielmehr durch seine eigene Dummheit verursacht. Er konnte einem anderen wohl kaum guten Gewissens Schaden zufügen, bloß weil er aus Kellys Fehlern Nutzen gezogen hatte. Doch Billy hatte es nicht damit bewenden lassen. Er hatte die Frau, die Kelly liebte, gefoltert, und aus diesem Grunde war Billy kein Mann und hatte

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