01 - Gnadenlos
abendlicher Fernsehkrimi. Ein Rest blieb immer unaufgeklärt. Wenn bekannt war, wer es getan hatte, war oft nicht herauszubekommen, warum, zumindest nicht auf ganz und gar zufriedenstellende Weise. Und wenn man diese wunderbar glatten Theorien auf einen tatsächlichen Todesfall anwenden wollte, stellte man ganz schnell fest, daß echte Menschen eben nicht besonders gut in Theorien paßten. Einmal angenommen, dieses Erklärungsmodell für die Geschehnisse der vergangenen Monate stimmte, dann bedeutete das außerdem, daß genau jetzt ein sehr umsichtiges, gnadenloses und tödlich erfolgreiches Individuum in Ryans Stadt verbrecherische Machenschaften betrieb - keine besonders angenehme Vorstellung.
»Tom, das kauf ich dir nicht ab.«
»Schön, wenn es sich um den von dir vermuteten Elitekämpfer handelt, warum hat er dann aufgehört?« fragte Douglas.
»Wenn ich mich recht entsinne, warst du doch derjenige, der diese Idee aufgebracht hat.«
»Na und?«
»Und du leistest deinem Lieutenant keine große Hilfe.«
»Wir können das ganze Wochenende lang darüber nachdenken. Ich persönlich werde den Rasen mähen und das Schlägerspiel am Sonntag ansehen und einfach so tun, als wär ich ein ganz normaler Bürger. Unser Freund ist verschwunden, Em. Ich weiß nicht, wohin, aber er könnte genauso gut am anderen Ende der Welt sein. Wenn du mich fragst, dann war das jemand von auswärts, der mit einem Auftrag herkam, den Job erledigt hat und nun wieder verduftet ist.«
»Augenblick mal!« Das war eine völlig neue Theorie, mit einem gedungenen Mörder wie im Film, doch solche Leute existierten nicht wirklich. Aber Douglas stürmte schon aus dem Büro und ließ seinem Kollegen keine Chance mehr zu einer Diskussion, bei der wohl auch nur herausgekommen wäre, daß jeder der Ermittlungsbeamten halb im Recht und halb im Unrecht war.
Die Schießübungen wurden unter den wachsamen Augen des Kommandoteams durchgeführt; außerdem unter denen sämtlicher Matrosen, denen eine passende Ausrede eingefallen war, um sich vom Dienst zu entschuldigen. Die Marinesoldaten bildeten sich ein, die beiden neu eingetroffenen Admiräle und der neue CIA-Fatzke müßten im gleichen Maße wie sie unter dem Jetlag leiden. Sie konnten natürlich nicht wissen, daß Maxwell, Greer und Ritter den Großteil der Strecke als VIPs zurückgelegt und den Pazifik schneller und in bequemen Sitzen mit einer Auswahl von Drinks zu ihrer Verfügung überquert hatten.
Alle möglichen Sachen, die nicht mehr gebraucht wurden, wurden bei einer Fahrtgeschwindigkeit von fünf Knoten über die Reling gekippt. Die Marines durchlöcherten die verschiedenen Holzstücke und Papiersäcke bei dieser Übung, die für die Mannschaft eher Unterhaltungs- als Übungswert besaß. Als Kelly an der Reihe war beherrschte er sicher sein CAR-15 und traf das Ziel mit zweifachen und dreifachen Feuerstößen. Als alles vorbei war, verstauten die Männer ihre Waffen wieder und begaben sich zu ihren Unterkünften. Ein Chief fing Kelly ab, als dieser wieder oben auftauchte.
»Sind Sie der Kerl, der allein reingeht?«
»Das geht Sie nichts an.«
Der Erste Maschinist kicherte bloß. »Folgen Sie mir, Sir.«
Sie entfernten sich von der Marineeinheit und landeten unversehens im beeindruckenden Werkstattbereich der Ogden. Er mußte schon eindrucksvoll sein, denn er diente nicht nur für die Wartung des Schiffs allein, sondern mußte auch für alles bewegliche Gerät, das eventuell hier landen konnte, zur Verfügung stehen. Auf einer der Werkbänke sah Kelly den Seeschlitten, den er auf seinem Weg flußaufwärts benützen würde.
»Den haben wir schon in San Diego an Bord bekommen, Sir. Unser Erster Elektriker und ich haben ein bißchen daran herumgespielt. Wir haben ihn auseinandergenommen, alles gereinigt und die Batterien überprüft - sind übrigens verdammt gute. Er hat neue Dichtungen, sollte also das Wasser abhalten. Wir haben ihn sogar im Brunnendeck getestet. Auf der Garantie steht fünf Stunden. Deacon und ich haben da ein bißchen manipuliert. Jetzt hält er sieben Stunden«, sagte der Chief nicht ohne Stolz. »Ich schätze, das paßt Ihnen in den Kram.«
»Wird es, Chief. Vielen Dank.«
»Lassen Sie mal dieses Gewehr sehen.« Kelly händigte es ihm nach kurzem Zögern aus, und der Chief zerlegte es in fünfzehn Sekunden in seine Einzelteile. Doch das war ihm nicht genug.
»Halt, halt!« fauchte ihn Kelly an, als er auch noch die Halterung für das Korn abmontierte.
»Das ist zu
Weitere Kostenlose Bücher