01 - Gnadenlos
Maxwell entging das nicht. Er hatte diesen Ausdruck schon in Bereitschaftsräumen auf Flugzeugträgern gesehen, wenn die Piloten neben ihm sich geistig vorbereiteten, bevor die Würfel fielen. Der Admiral erinnerte sich auch wieder, wie es ihm selber ergangen war, wie seine Muskeln sich angespannt hatten, wie das Sehvermögen mit einem Schlag besser wurde. Als erster rein, als letzter raus, das war oft auch seine Mission gewesen, wenn er seine F6F Hellcat geflogen hatte, um Jäger abzuschießen und dann dem Angriffsflieger auf dem gesamten Heimflug Deckung zu geben. Mein zweiter Sohn, kam Dutch auf einmal in den Sinn, so tapfer wie Sonny und genauso schlau. Doch er hatte Sonny nie persönlich in die Gefahr geschickt, und Dutch war jetzt viel älter als damals in Okinawa. Es war wohl so, daß die anderen bevorstehende Gefahr größer und schrecklicher war als die, die einer selbst auf sich nahm. Aber so mußte es sein, und Maxwell wußte, daß Kelly ihm vertraute, so wie er zu seiner Zeit Pete Mitscher vertraut hatte. Er trug eine schwere Bürde, noch dazu, da er das Gesicht desjenigen vor sich hatte, den er allein in feindliches Gebiet schickte. Kelly fing Maxwells Blick auf, und ein wissendes Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht.
»Lassen Sie sich keine grauen Haare wachsen, Sir.« Er marschierte aus der Kabine, um seine Ausrüstung zusammenzupacken.
»Weißt du, Dutch -« Admiral Podulski zündete sich eine Zigarette an - »den Kerl hätten wir vor ein paar Jährchen gut gebrauchen können. Ich denke, der hätte toll dazugepaßt.« Es waren natürlich weit mehr als ein »paar Jährchen«, aber Maxwell wußte, wie es gemeint war. Sie waren auch einmal junge Krieger gewesen, und nun kam die neue Generation an die Reihe.
»Cas, hoffentlich paßt er auf sich auf.«
»Das wird er. Genauso wie wir früher.«
Der Seeschlitten wurde von den Leuten, die ihn vorbereitet hatten, aufs Flugdeck geschoben. Die Hubschraubermotoren liefen schon, der fünfblättrige Rotor drehte sich in der Dunkelheit vor Tagesanbruch, als Kelly durch die Tür im Schott auftauchte. Er holte noch einmal tief Luft, bevor er hinaustrat. Ein Publikum wie dieses hatte er noch nie gehabt. Irvin war zusammen mit drei weiteren gleichrangigen Marineoffizieren zur Stelle, dann Albie, die Flaggoffiziere und dieser Ritter. Sie verabschiedeten ihn, als wäre er die leibhaftige Miss America oder so was. Doch dann kamen die beiden Navy Chiefs zu ihm heran.
»Batterien sind alle voll geladen. Ihre Taucherausrüstung liegt in dem Behälter. Sie ist wasserdicht, also dürfte es keine Schwierigkeiten geben. Das Gewehr ist geladen und schußbereit, aber noch nicht entsichert, falls Sie es in der Eile brauchen. Alle Funkgeräte haben neue Batterien und zwei Reservepackungen. Mir fällt nichts mehr ein, was noch fehlen könnte«, überschrie der Obermaschinist den Lärm der Hubschraubermotoren.
»Klingt gut!« brüllte Kelly zurück.
»Zeigen Sie's denen, Mr. Clark!«
»Bis bald - und danke!« Kelly schüttelte beiden Chiefs die Hände und wandte sich an Kapitän Franks. Aus Jux stand er vor ihm stramm und salutierte. »Erbitte Erlaubnis, von Bord gehen zu dürfen, Sir.«
Kapitän Franks spielte mit. »Erlaubnis erteilt, Sir.«
Dann sah Kelly sich die anderen an. Als erster rein, als letzter raus. Ein angedeutetes Lächeln, ein flüchtiges Nicken, größere Gesten waren nicht nötig, um den Männern etwas von der eigenen Zuversicht zu vermitteln.
Der schwere Sikorsky-Rettungshubschrauber hob sich ein paar Meter in die Luft. Ein Mannschaftsmitglied befestigte den Schlitten an der Unterseite des Helikopters, der dann abdrehte aus den Turbulenzen der Schiffsaufsbauten, ohne Scheinwerfer in die Dunkelheit flog und im Nu verschwunden war.
Die USS Skate war ein altmodisches Unterseeboot, dem ersten atomgetriebenen Boot, der USS Nautilus, nachempfunden. Ihr Rumpf war beinahe wie ein richtiges Schiff geformt und nicht wie ein Wal, was sie unter Wasser relativ langsam machte, aber ihre Doppelschrauben gewährten eine größere Manövrierfähigkeit, besonders in seichten Gewässern. Schon seit Jahren tat die Skate ihre Pflicht als küstennahes Spionageschiff, kroch dicht an der vietnamesischen Küste entlang und fuhr ihre Antennenfühler aus, um Radar und andere elektronische Botschaften aufzufangen. Sie hatte schon mehr als einen Schwimmer an den Strand gebracht. Dazu hatte vor einigen Jahren auch Kelly gehört. Aber von der Mannschaft war
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