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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Antwort, die Simon ihm geben würde, schon einig gewesen, noch ehe er um Unterstützung gebeten hatte. Es war eine klare und einfache Antwort gewesen. »Natürlich, Tommy. Was kann ich tun?«
    Es war so typisch für die beiden. Es war typisch für Deborah, daß sie bei ihrem Gespräch am Morgen sogleich seine Sorgen erfaßt hatte. Es war typisch für sie, daß sie ihm den Weg zu Simon geebnet hatte. Und es war typisch für Simon, daß er seine Unterstützung ohne jedes Zögern zugesagt hatte, da das kleinste Zögern die Schuld aufgestört hätte, die wie ein gefährlicher verwundeter Tiger zwischen ihnen lag.
    Er lehnte sich in die Kissen und schloß müde die Augen, während er erschöpft seine Gedanken in die Vergangenheit zurückschweifen ließ. Er gab sich den betörenden Bildern früheren Glücks hin, die ungetrübt waren von Schmerz und Kummer.

›The lovely Thais by his side
    Sate like a blooming Easter bride,
    In flow'r of youth and beauty's pride.
    Happy, happy, happy pair!
    None but the brave deserves the fair.‹

    Wie von selbst schlichen sich Drydens Worte in sein Bewußtsein. Er wollte sie nicht. Er schob sie weg und zwang sie, in sein Unbewußtes zu versinken. So sehr war er darauf konzentriert, daß er nicht hörte, wie die Tür geöffnet wurde und jemand an sein Bett kam. Er nahm erst wahr, daß jemand in seinem Zimmer war, als eine kühle Hand sanft seine Wange berührte. Er riß die Augen auf.
    »Ich glaube, Sie brauchen ein Odell's, Inspector«, flüsterte Stepha.

12

    Verblüfft starrte er sie an. Vergeblich wartete er auf den inneren Umschlag, auf das prompte Erscheinen jenes Mannes von Welt, der lachte und tanzte und auf alles eine geistreiche Erwiderung hatte. Seine Maske wollte sich nicht einstellen, nichts geschah. Stephas Eindringen in sein Zimmer, das so unmerklich vor sich gegangen war, schien seinen einzigen Abwehrmechanismus zerstört zu haben; alles, was ihm von seinem ganzen Repertoire als Mann von Welt geblieben war, war die Fähigkeit, ruhig dem Blick ihrer schönen Augen zu begegnen.
    Er spürte, daß er sich vergewissern mußte, daß sie Realität war, keine Traumgestalt aus den Nebeln seiner Erinnerung. Er berührte ihr Haar. Weich, dachte er verwundert.
    Sie nahm seine Hand, küßte die Handfläche, das Gelenk. Ihre Zunge streichelte sachte seine Finger.
    »Komm heute nacht in meine Arme. Laß mich den Wahnsinn und die höllischen Bilder vertreiben.«
    Ihre Stimme war nur ein Hauch, so daß er sich fragte, ob auch sie Teil eines Traumes wäre. Aber ihre weichen Hände spielten über seine Wangen und seinen Hals, und als sie sich zu ihm herabneigte und er die Süße ihres Mundes kostete, wußte er, daß sie Wirklichkeit war, die Gegenwart, die gelassen die dicken Abwehrmauern seiner Vergangenheit einreißen wollte.
    Er wollte fliehen vor der Belagerung, Zuflucht suchen in den verklärten Erinnerungen, die ihn in diesem vergangenen Jahr so gut abgeschirmt hatten; in diesem Jahr, in dem alles Begehren ausgelöscht gewesen war, alle Sehnsucht tot, das ganze Leben unvollständig. Aber sie gestattete keine Flucht, und während sie zielstrebig die Wehrmauern zerstörte, die ihn schützten, spürte er wiederum nicht herrliche Befreiung, sondern jenes beängstigende Verlangen, einen anderen mit Leib und Seele zu besitzen. Er konnte nicht. Er würde es nicht zulassen. Verzweifelt suchte er die letzten, schon zerstörten Abwehrkräfte zusammenzuraffen, jenes gefühllose Geschöpf zu retten, das schon tot war. An seiner Stelle wurde - zart und verletzlich - der Mensch wiedergeboren, der die ganze Zeit über dagewesen war.

    »Erzähl mir von Paul.«
    Sie stützte sich auf einen Ellbogen, berührte mit einem Finger seine Lippen, zeichnete ihre Kontur nach. Das Licht fiel auf ihre Haare, ihre Schultern, ihre Brüste. Feuer und Milch und ein kaum wahrnehmbarer Veilchenduft. »Warum?«
    »Weil ich dich kennenlernen möchte. Weil er dein Bruder war. Weil er sterben mußte.«
    Ihr Blick wich dem seinen aus.
    »Was hat Nigel dir erzählt?«
    »Daß Pauls Tod jeden veränderte.«
    »Ja, das ist wahr.«
    »Bridie sagte, er wäre fortgegangen und hätte ihr nie auf Wiedersehen gesagt.«
    Stepha ließ sich neben ihn sinken, in seine Arme.
    »Paul hat sich das Leben genommen, Thomas«, sagte sie leise. Sie zitterte bei den Worten, und er hielt sie fester. »Wir haben es Bridie nicht gesagt. Wir sagen, daß er an Huntington's Chorea gestorben ist, und in gewisser Weise stimmt das ja auch. Es war die

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