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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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es schon gehen. Oder vielleicht mit einem Tuch um den Hals. Hatte sie eines mitgenommen? Auch ein Kopftuch würde gehen, nur um dem Kleid ein bißchen Farbe zu geben, es ein wenig zu verändern. Leise vor sich hin summend, kramte sie in ihren Sachen. Sie lagen ungeordnet in der Kommodenschublade, aber sie fand, was sie suchte. Ein rot-weiß kariertes Halstuch. Ein bißchen wie eine Tischdecke, aber das ließ sich jetzt nicht ändern.
    Sie ging zum Spiegel und war angenehm überrascht von ihrem Anblick. Die Landluft hatte ihrem Gesicht Farbe gegeben, und ihre Augen blitzten lebhaft. Das kommt von dem Gefühl, endlich zu etwas nutze zu sein, dachte sie.
    Es hatte ihr Spaß gemacht, allein durch das Dorf zu stromern. Es war das erstemal, daß ein Inspector ihr zugestanden hatte, etwas auf eigene Faust zu unternehmen. Es war das erstemal, daß ein Inspector gezeigt hatte, daß er ihr eigenständiges Denken zutraute. Sie fühlte sich beschwingt von der Erfahrung und wurde sich erst jetzt wirklich bewußt, wie tief ihr Selbstvertrauen durch die demütigende Rückkehr zur uniformierten Polizei erschüttert worden war. Das war wirklich eine grauenvolle Zeit gewesen: der schwelende Zorn, der sich zur unverständlichen Wut gesteigert hatte; die schmerzende Wunde der Erniedrigung; dieses Unglücklichsein; das Wissen, von den anderen als unfähig betrachtet zu werden, als Versager zu gelten.
    Versager: die kleinen Augen ihres Vaters blickten ihr aus dem Spiegel entgegen. Sie wandte sich ab.
    Jetzt ging alles viel besser. Sie war auf dem Weg, und nichts konnte sie aufhalten. Sie würde die Prüfung zum Inspector noch einmal machen. Und diesmal würde sie sie bestehen. Sie wußte es.
    Sie zog den Tweedrock aus, den Pullover, die Schuhe. Zwar hatte ihr niemand etwas über Russell Mowrey sagen können, aber alle hatten ihre Fragen ernst genommen. Alle hatten sie als das gelten lassen, was sie war: eine Vertreterin Scotland Yards. Eine gute Vertreterin: tüchtig, intelligent, klarsichtig. Genau das hatte sie gebraucht. Nun konnte sie sich wirklich an den Ermittlungsarbeiten beteiligen. Nun gehörte sie dazu.
    Sie legte den Gürtel um, band sich das Tuch locker um den Hals und ging die Treppe hinunter.
    Lynley war im Aufenthaltsraum. Gedankenverloren stand er vor dem Aquarell, das die alte Abtei zeigte. Stepha Odell war hinter dem Tresen und beobachtete ihn. Sie wirkten selbst wie die Figuren eines Bildes. Stepha rührte sich zuerst.
    »Noch etwas zu trinken, ehe Sie fahren, Inspector?« fragte sie liebenswürdig.
    »Nein, danke.«
    Lynley drehte sich um. »Ah, Havers«, sagte er zerstreut und rieb sich die Schläfen. »Fertig zum Angriff auf Keldale Hall?«
    »Ja«, antwortete sie.
    »Dann fahren wir.«
    Er nickte Stepha zu, nahm Barbara beim Arm und ging mit ihr hinaus.
    »Ich habe mir überlegt, wie wir am besten an die Sache herangehen«, bemerkte er, als sie im Wagen saßen. »Sie müssen uns dieses schreckliche amerikanische Paar so lange vom Hals halten, daß ich mit St. James sprechen kann. Schaffen Sie das? Es ist mir wirklich zuwider, Sie einem solchen Schicksal auszuliefern, aber ich fürchte, wenn der gute Hank mich hört, wird er sofort seinen Senf dazugeben wollen.«
    »Keine Sorge, Sir«, antwortete Barbara. »Ich werde ihn vollständig fesseln.«
    Er warf ihr einen argwöhnischen Blick zu. »Wie denn?«
    »Ich lasse ihn einfach von sich selbst reden.«
    Lynley lachte und sah plötzlich jünger aus und nicht mehr so ausgelaugt.
    »Ja, das müßte klappen.«

    »Passen Sie mal auf, Barbie«, sagte Hank augenzwinkernd, »wenn Sie schon hier in dieser gottverlassenen Gegend nach Mördern suchen, dann sollten Sie sich mal ein oder zwei Nächte hier einmieten. Ich sag' Ihnen, wenn's dunkel wird, spukt's hier, daß es eine wahre Wonne ist. Stimmt's, Böhnchen?«
    Sie waren im Eichenzimmer bei einem Drink. Hank, in blendend weißer Hose mit einem bestickten Hemd, das bis zum Gürtel geöffnet war und das unvermeidliche goldene Medaillon enthüllte, strahlte Barbara an. Er stand am großen steinernen Kamin, als wäre er der Schloßherr persönlich. Seine Hand, die das Kognakglas hielt, lag lässig auf einer stilisierten steinernen Rose des gemeißelten Simses, die andere war an der Taille, den Daumen in den Hosenbund gehakt. Es war eine beeindruckende Pose.
    Jojo saß in einem hochlehnigen Sessel und blickte bedauernd bald zu Barbara, bald zu Deborah. Lynley und St. James war es, wie Barbara mit Genugtuung feststellte,

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