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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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öffnete, ein Stück Toast in der Hand, die Lesebrille auf der edlen, aristokratischen Nase.
    »Ah, Havers«, sagte er und sah sie über die Ränder der Brillengläser an. »Sie sind früh dran. Ausgezeichnet.«
    Er führte sie durch das Haus in ein luftiges, helles Frühstückszimmer mit blaßgrünen Wänden. Durch die vorhanglose Terrassentür blickte man auf einen Garten, in dem noch späte Blumen blühten. Auf einer schönen alten Kredenz war in silbernen Schalen und Schüsseln das Frühstück aufgetischt. Der appetitliche Duft von warmem Brot und gebratenem Schinken ließ Barbaras Magen leise knurren. Sie preßte einen Arm auf ihre Mitte und versuchte, nicht an ihr eigenes Frühstück an diesem Morgen zu denken, das aus einem zu hart gekochten Ei und einer Scheibe Toast bestanden hatte. Der Tisch war für zwei gedeckt, was Barbara im ersten Moment überraschte, bis ihr Lynleys abendliches Rendezvous mit Lady Helen Clyde wieder einfiel. Die Lady ruhte gewiß noch in seinem Bett.
    »Bedienen Sie sich bitte.« Lynley wies mit seiner Gabel zerstreut zur Kredenz und schob einige Blätter des Polizeiberichts zusammen, die unordentlich zwischen dem Geschirr lagen. »Beim Essen kann man am besten denken. Aber nehmen Sie lieber nicht von den Räucherheringen. Die scheinen nicht mehr ganz gut zu sein.«
    »Nein, danke«, sagte sie höflich. »Ich habe schon gefrühstückt, Sir.«
    »Nicht mal ein Würstchen? Die sind ganz ausgezeichnet. Haben Sie auch festgestellt, daß die Metzger endlich wieder mehr Fleisch als Mehl in die Würstchen füllen? Das ist ausgesprochen wohltuend. Fast fünfzig Jahre seit dem Zweiten Weltkrieg, und endlich wird die Rationierung aufgehoben.« Er griff zur Teekanne, die genau wie das übrige Geschirr auf dem Tisch aus feinstem Porzellan war. »Eine Tasse Tee? Ich muß Sie allerdings warnen. Ich habe eine Leidenschaft für Lapsang Souchong Tee. Helen behauptet, er schmeckt wie schmutzige Socken.«
    »Ich - ja, eine Tasse Tee nehme ich gern. Danke, Sir.«
    »Gut«, sagte er. »Probieren Sie und sagen Sie mir, wie Sie ihn finden.«
    Sie gab gerade ein Stück Zucker in ihre Tasse, als es draußen läutete. Hastige Schritte waren zu hören, dann eine Frauenstimme. »Ich geh' schon hin, Sir.« Die Frau sprach mit einem fremden Akzent. »Tut mir leid wegen vorhin. Aber der Kleine, Sie wissen ja.«
    »Sie sollten mit ihm zum Arzt gehen«, rief Lynley zurück. »Das ist bestimmt Krupp.«
    Eine zweite Frauenstimme klang hell durchs Haus. »Beim Frühstück?« Ein unbefangenes Lachen. »Da bin ich ja gerade richtig gekommen, Nancy. Er wird nie glauben, daß es reiner Zufall ist.«
    Bei den letzten Worten trat Helen Clyde ins Zimmer. Barbara warf nur einen Blick auf sie und war wie gelähmt vor Schreck.
    Sie trugen fast die gleichen Kostüme. Aber während Helens offensichtlich von der Hand des Modeschöpfers persönlich stammte, war Barbaras von der Stange, eine Kaufhauskopie, die entsprechend schlecht saß. Barbara fühlte sich noch häßlicher und unvollkommener als gewöhnlich. Das einzige Glück ist, dachte sie, daß die Farben anders sind. Verzweifelt griff sie nach ihrer Teetasse, hatte jedoch nicht die Kraft, sie zum Mund zu führen.
    Helen stutzte nur einen Moment, als sie Barbara sah.
    »Ich bin in einer fürchterlichen Patsche«, erklärte sie freimütig. »Gott sei Dank, daß Sie auch hier sind, Sergeant. Ich hab' nämlich das düstere Gefühl, daß mindestens drei Köpfe nötig sind, um mich aus dem Schlamassel zu retten, in das ich mich gestürzt habe.«
    Sie stellte eine große Einkaufstüte auf den nächsten Stuhl und ging zur Kredenz, um eingehend sämtliche Platten und Schüsseln zu inspizieren, als wäre eine delikate Mahlzeit das einzige, was ihr Dilemma erträglicher machen konnte.
    »Was denn für ein Schlamassel?« fragte Lynley. Dann sah er Barbara an. »Wie schmeckt Ihnen der Lapsang?«
    Ihre Lippen waren wie erstarrt. »Er schmeckt sehr gut, Sir.«
    »Nicht schon wieder dieser gräßliche Tee«, stöhnte Helen. »Wirklich, Tommy, du kennst kein Erbarmen.«
    »Ich wußte nicht, daß du kommst. Ich dachte, einmal in der Woche könnte ich ihn mir wohl gönnen«, antwortete er spitz.
    Sie lachte unbekümmert. »Sehen Sie, jetzt ist er gekränkt, Sergeant. So, wie du redest, Tommy, könnte man meinen, ich wäre jeden Morgen hier, um dich arm zu essen.«
    »Denk an gestern, Helen.«
    »Ach, du Scheusal!« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Büffet zu. »Die Heringe riechen ja

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