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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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prüfend einige der Stoffstücke hoch.
    »Das geht nicht, Goldkind. Tut mir leid, aber das sind bestimmt ein paar Stunden Arbeit, und wir müssen zum Zug.«
    »Was soll ich Simon nur sagen? Er hat ewig an der Sache getüftelt.«
    Lynley überlegte. »Eine Möglichkeit gibt es -«
    »Ja?«
    »Professor Abrams vom Chelsea Institute. Kennst du ihn?« Als sie den Kopf schüttelte, fuhr er fort. »Er und Simon habendes öfteren gemeinsam als Gutachter ausgesagt. Zuletzt im Fall Melton im letzten Jahr. Sie kennen sich. Vielleicht würde er dir helfen. Ich könnte ihn für dich anrufen, ehe wir fahren.«
    »Ach ja, Tommy. Ich wäre dir unheimlich dankbar. Ich würde alles für dich tun.«
    Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Sagt man so etwas einem Mann beim Frühstück?«
    Sie lachte. »Ich würde sogar das Geschirr spülen. Ich würde sogar Caroline dafür aufgeben.«
    »Und Jeffrey Cusick?«
    »Auch Jeffrey. Der arme Kerl. Ohne Zögern für ein paar Einschußlöcher hingegeben.«
    »Also schön. Ich kümmere mich gleich nach dem Frühstück darum. Wir dürfen doch noch fertig frühstücken?«
    »Aber ja, natürlich.«
    Sie machte sich erleichtert über ihren Teller her, während Lynley wieder seine Brille aufsetzte und sich erneut in seine Unterlagen vertiefte.
    »Was ist das denn für ein Fall, um den Sie sich da kümmern müssen?« fragte Helen Barbara, während sie sich eine zweite Tasse Tee einschenkte und große Mengen Zucker dazugab.
    »Eine Enthauptung.«
    »Das klingt ja schrecklich. Weit von hier?«
    »Oben in Yorkshire.«
    Helen stellte ihre Teetasse wieder ab. Ihr Blick ging zu Lynley. Sie schaute ihn kurz an, bevor sie weitersprach.
    »Wo in Yorkshire ist denn das, Tommy?« fragte sie ruhig.
    Lynley las ein paar Zeilen. »Es ist ein Ort namens - Moment, hier ist es. Keldale. Kennst du es?«
    Sie antwortete nicht gleich, sondern schien die Frage zu bedenken. Ihr Blick war gesenkt und ihr Gesicht ausdruckslos. Als sie aufsah, lächelte sie, doch das Lächeln wirkte aufgesetzt.
    »Keldale? Nein, keine Ahnung.«

5

    Lynley legte seine Zeitung weg und musterte Barbara Havers. Er brauchte es nicht verstohlen zu tun, denn sie saß über den Bericht aus Keldale gebeugt, der vor ihr auf dem Klapptisch aus graugrünem Resopal lag. Er wußte über Havers Bescheid. Wie alle anderen. Bei ihrem ersten Anlauf bei der Kripo hatte sie jämmerlich versagt, hatte es lediglich geschafft, sich in rascher Folge MacPherson, Stewart und Hale zu Feinden zu machen; die drei, mit denen die Zusammenarbeit am problemlosesten war.
    Besonders MacPherson mit seinem trockenen schottischen Humor und seiner väterlichen Art hätte für jemanden wie Havers eigentlich der Mentor par excellence sein müssen. Der Mann war der reinste Teddybär. Hatte je ein Sergeant sich mit ihm in die Wolle bekommen? Nein, nur Havers.
    Lynley erinnerte sich an den Tag, als Webberly beschlossen hatte, sie wieder in Uniform zu stecken. Alle hatten gewußt, daß das kommen würde. Seit Monaten schon. Aber keiner war auf ihre heftige Reaktion vorbereitet gewesen.
    »Ja, wenn ich zu den feinen Leuten gehörte, die in Eton zur Schule gegangen sind, dann würden Sie mich behalten«, hatte sie in Webberlys Büro mit überschnappender Stimme geschrien, so laut, daß man sie in der ganzen Etage gehört hatte. »Wenn ich ein dickes Scheckbuch hätte und einen hochtrabenden Titel und alles durchbumsen würde, was mir in die Quere kommt - Frau, Mann, Kind oder Tier -, dann wäre ich garantiert gut genug für Ihre beschissene Abteilung.«
    Bei der Erwähnung Etons hatten sich blitzartig drei Köpfe nach Lynley gedreht. Am Ende der wütenden Tirade verriet ihm entsetztes Schweigen, daß alle rundherum ihn anstarrten. Er hatte bei einem Aktenschrank gestanden, auf der Suche nach dem Dossier über diesen armseligen kleinen Wurm Harry Nelson, und merkte plötzlich, daß seine Finger wie erstarrt waren. Natürlich brauchte er das Dossier nicht unbedingt. Nicht gerade in diesem Moment. Und er konnte ja nicht ewig dort stehenbleiben; er mußte sich umdrehen, an seinen Schreibtisch zurückgehen.
    Er zwang sich dazu, in leichtem Ton zu sagen: »Lieber Gott, bei Tieren mach' ich aber wirklich die Grenze«, zwang sich, ruhig durch den großen Raum zu gehen.
    Nervöses, unbehagliches Lachen quittierte seine Bemerkung. Dann schlug krachend die Tür von Webberlys Büro zu, und Havers stürmte wie eine Wilde durch den Korridor, den Mund verzerrt vor Wut, das Gesicht fleckig von Tränen, die sie

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