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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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volle Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer hatte - »dann begann in der Abtei, wo alle Dorfbewohner versammelt waren, ein Baby zu weinen. O Gott!« Sie drückte beide Hände an ihren jungen Busen. »Der Schreck! Die Angst! Sie waren Cromwell entkommen, nur um von einem Baby verraten zu werden. Die Mutter versuchte, das kleine Kind zu beruhigen, indem sie ihm die Brust gab. Aber das half nichts. Das Baby schrie und schrie. Sie hatten Todesangst, daß wegen des Geschreis die Hunde zu bellen anfangen würden und daß Cromwell sie dann finden würde. Da hielten sie dem armen Kind den Mund zu. Und erstickten es.«
    »Ach Gott!« murmelte Deborah. Sie rückte näher an Simons Sessel heran. »Genau die richtige Geschichte für eine Hochzeitsnacht, nicht?«
    »Ja, aber Sie müssen doch Bescheid wissen.« Dannys Ton war eindringlich. »Das Schreien des Babys bringt nämlich schreckliches Unglück, wenn man nicht weiß, was man tun muß.«
    »Eine Knoblauchknolle mit sich herumtragen?« fragte Simon. »Oder mit einem Kruzifix in der Hand schlafen?«
    Deborah gab ihm einen leichten Stoß.
    » Ich möchte es aber wissen. Soll ich mich unglücklich machen lassen, nur weil ich einen Zyniker geheiratet habe? Sagen Sie mir, was man tun muß, Danny, wenn man das Baby schreien hört.«
    Danny nickte ernst. »Das Baby schreit immer nur nachts. Sie müssen auf Ihrer rechten Seite schlafen, Ihr Mann auf seiner linken. Und Sie müssen sich fest umarmen, bis das Weinen aufhört.«
    »Sehr interessant«, meinte Simon. »Eine Art lebendes Amulett. Darf man hoffen, daß dieses Baby häufig weint?«
    »Nein, so sehr häufig nicht. Aber ich -« Sie schluckte, und man merkte, daß dies keine hübsch ausgedachte Geschichte für verliebte Hochzeitsreisende war; sie nahm die Geschichte durchaus ernst, und ihre Furcht war echt. »Aber ich hab' es vor ungefähr drei Jahren selbst gehört. So was vergißt man nicht.« Sie stand auf. »Vergessen Sie nicht, was Sie tun müssen.«
    »Nein, nein, wir vergessen es nicht«, versicherte Deborah.
    Sie schwiegen, nachdem das Mädchen gegangen war. Deborah lehnte ihren Kopf an Simons Knie. Er strich ihr sacht durch das lange Haar. Sie sah zu ihm auf.
    »Ich hab' Angst, Simon. Nicht ein einziges Mal hab' ich das ganze vergangene Jahr gedacht, daß ich Angst haben würde, aber nun hab' ich sie.« Sie sah in seinen Augen, daß er sie verstand. Natürlich verstand er sie. Hatte sie je ernsthaft daran gezweifelt?
    »Ich auch«, antwortete er. »Den ganzen Tag heute, praktisch jeden Augenblick habe ich so etwas wie Panik in mir gespürt. Ich wollte mich nie verlieren, an dich nicht, an niemanden. Aber nun ist es eben doch geschehen.« Er lächelte. »Du hast mich mit einer Macht erobert - fast ein bißchen wie Cromwell -, der ich nicht widerstehen konnte, und nun merke ich plötzlich, daß die wahre Angst nicht die ist, mich zu verlieren, sondern dich zu verlieren.«
    Er berührte den Anhänger, den er ihr an diesem Morgen umgelegt hatte. Es war ein kleiner goldener Schwan, seit langem ihr gemeinsames Symbol fester Bindung: eine Wahl, ein Leben lang.
    »Hab keine Angst«, flüsterte er zärtlich.

    Jimmy Havers hatte kleine Schweinsäuglein, die unstet flackerten, wenn er nervös war. Er mochte sich einbilden, eine bravouröse Vorstellung hinzulegen, wenn er versuchte, sich mit faustdicken Lügen aus allem herauszureden; ob man ihn nun des Diebstahls beschuldigte oder auf frischer Tat ertappt hatte, Tatsache war, daß seine Augen ihn unweigerlich verrieten, wie eben jetzt.
    »Ich wußte nicht, ob du rechtzeitig heimkommen würdest, um Mama die Sachen über Griechenland zu besorgen, darum ist Jim gleich selbst gegangen.«
    Er sprach immer in der dritten Person von sich, so als könne er sich dadurch jeglicher Verantwortung für sein Tun entziehen. Wie eben jetzt. Nein, ich war nicht beim Buchmacher. Nein, ich hab' mir auch keinen Schnupftabak geholt. Wenn das einer getan hat, war's Jimmy, nicht ich.
    Barbara folgte dem unsteten Blick ihres Vaters, der quer durchs Zimmer irrte. O Gott, dieses grauenvolle Zimmer! Wie eine Todeszelle, keine fünfzehn Quadratmeter. Die Fenster, vom Dreck und Staub von Jahren verklebt, nicht mehr zu öffnen, die dreiteilige Sitzgarnitur, unerläßlich für stilvolles Wohnen, uralt und so zerschlissen, daß überall das künstliche Roßhaar hervorquoll. Die Tapete mit dem kitschigen Muster verschlungener Rosen, die sich bis zur Decke hinaufrankten. Rennzeitschriften auf Tischen und Boden und

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