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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Schmuck trug - keinen Siegelring, keinen Schulring, keine teure Armbanduhr, die im Licht golden funkelte. Aus irgendeinem Grund fand sie das irritierend.
    »Nein, das hab' ich gar nicht gemerkt. Tut mir leid. Ich versteh' nichts von Musik.«
    Erwartete er allen Ernstes, daß sie - mit ihrer durchschnittlichen Schulbildung - fähig sein würde, sich mit ihm sachverständig über klassische Musik zu unterhalten?
    »Ich verstehe auch nicht viel davon«, bekannte er freimütig. »Ich höre nur sehr viel. Ich bin einer von diesen Ignoranten, die immer sagen: ›Ich verstehe gar nichts davon, aber ich weiß, was mir gefällt.‹«
    Seine Worte überraschten sie. Dieser Mann hatte in Oxford studiert, sein Geschichtsstudium mit summa cum laude abgeschlossen. Wie konnte er sich da als Ignoranten bezeichnen? Aber vielleicht tat er es nur, um ihr mit einer großzügigen Dosis seines liebenswürdigen Charmes die Befangenheit zu nehmen. Darauf verstand er sich ja hervorragend. Es fiel ihm so leicht wie das Atmen.
    »Ich glaube, ich habe meine Liebe zur klassischen Musik im letzten Stadium der Krankheit meines Vaters entwickelt«, bemerkte er.
    Er nahm die Kassette aus dem Recorder, und so, wie vorher die Musik sie umhüllt hatte, tat es jetzt die Stille im Wagen, nur war sie viel beunruhigender. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er wieder sprach und dabei an seine letzte Bemerkung anknüpfte.
    »Er wurde einfach von Tag zu Tag weniger. Die Schmerzen müssen entsetzlich gewesen sein.« Er räusperte sich. »Für meine Mutter kam es überhaupt nicht in Frage, ihn ins Krankenhaus einweisen zu lassen. Selbst als es dem Ende zuging und es für sie vieles erleichtert hätte, wollte sie nichts davon wissen. Sie saß Tag und Nacht an seinem Bett und begleitete ihn bei seinem langsamen Sterben. Ich glaube, es war die Musik, die beide in diesen letzten Wochen vor der völligen Verzweiflung und dem Wahnsinn bewahrte.« Er hielt den Blick starr auf die Straße gerichtet. »Sie hielt seine Hand, während sie Tschaikowsky hörten. Am Ende konnte er nicht einmal mehr sprechen. Ich tröste mich mit dem Gedanken, daß die Musik für ihn gesprochen hat.«
    Es erschien Barbara plötzlich lebensnotwendig, die Richtung zu ändern, die das Gespräch zu nehmen drohte. Sie umklammerte die gefaltete Straßenkarte mit starren Fingern und suchte krampfhaft nach einem anderen Thema.
    »Sie kennen diesen Nies, nicht wahr?« Es kam plump und ungeschickt heraus, ein allzu offenkundiger Versuch abzulenken. Sie warf ihm einen furchtsamen Blick zu.
    Seine Augen verengten sich, sonst zeigte er keine unmittelbare Reaktion auf ihre Frage. Eine Hand ließ das Steuer los, und einen Moment lang glaubte Barbara absurderweise, er wolle ihr eins auf den Mund geben. Doch er nahm nur, ohne zu wählen, eine andere Kassette heraus und legte sie auf. Aber er schaltete den Recorder nicht ein. Barbara starrte in tödlicher Verlegenheit zum Wagenfenster hinaus.
    »Es wundert mich, daß Sie die Geschichte nicht kennen«, bemerkte er schließlich.
    »Welche Geschichte?«
    Erst da sah er sie an. Er schien in ihrem Gesicht nach Anzeichen von Unverschämtheit oder Sarkasmus zu suchen, vielleicht auch nach einem Hinweis darauf, daß sie ihn bewußt verletzen wollte. Doch offenbar beruhigt von dem, was er gesehen hatte, wandte er den Blick wieder zur Straße.
    »Vor fast genau fünf Jahren wurde mein Schwager Edward Davenport in seinem Haus nördlich von Richmond ermordet. Superintendent Nies hielt es für angebracht, mich zu verhaften. Es waren nur ein paar Tage, aber es war lang genug.« Wieder ein Blick zu ihr, ein ironisches Lächeln. »Sie haben diese Geschichte nicht gehört, Sergeant? Sie hat doch gerade den richtigen Biß, um auf Cocktailpartys die Runde zu machen.«
    »Ich - nein - nein, ich habe sie nie gehört. Außerdem geh' ich nicht auf Cocktailpartys.« Sie wandte sich mit starrem Blick wieder dem Fenster zu. »Jetzt müßte eigentlich bald die Abzweigung kommen. Höchstens noch ein paar Kilometer«, sagte sie.
    Sie war bis ins Innerste bewegt. Sie hätte nicht sagen können, warum, wollte nicht darüber nachdenken, zwang sich, die Landschaft zu betrachten, um sich nur ja nicht auf ein weiteres Gespräch einlassen zu müssen. Sie konzentrierte sich jetzt einzig auf die Landschaft, die ganz langsam begann, sie in ihren Bann zu ziehen. Das Land zeigte sich von kultivierten Wiesen und Feldern bis zur ungezähmten Einsamkeit des weiten Hochmoors in vielfältigen Schattierungen

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