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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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von Grün. Die Straße tauchte in Täler ein, wo Wälder schmucke Dörfer schützten, und klomm dann in Haarnadelkurven wieder in die Einöde hinauf, wo der Wind, von der Nordsee kommend, erbarmungslos über Heide und Ginster pfiff. Hier wanderten die Schafe frei, nicht eingegrenzt von den uralten, aus losem Gestein aufgetürmten Mauern, die unten in den Tälern das Land aufteilten.
    Dort, wo das Land kultiviert war, wucherte üppiges Leben aus jeder Hecke und jeder Furche. Spätblühende Blumen, Bärenklau, Lichtnelken und Wicken, bedrängten die immer schmaler werdende Straße, während der Fingerhut majestätisch im Wind stand. Hier konnte man jederzeit von einer Herde Schafe aufgehalten werden, die kluge Hunde die Straße hinuntertrieben ins nahe gelegene Dorf, während der Schäfer, seinen Tieren vertrauend, pfeifend hinterherwanderte. Bis plötzlich das idyllische Bild mit seinen Blumen und Wiesen, den Dörfern und stolzen alten Eichen und Ulmen zurückblieb und vor der wilden Schönheit des Hochmoors verblaßte.
    Rasch treibende weiße Wolken türmten sich am blauen Himmel, der das rauhe, ungezähmte Land zu berühren schien. Hier gab es nichts als Himmel und Erde und die schwarzköpfigen Schafe, die diese Einsamkeit bewohnten.
    »Herrlich, nicht?« sagte Lynley. »Trotz allem, was ich hier erlebt habe, liebe ich Yorkshire. Ich glaube, es ist die Einsamkeit. Diese absolute Ödnis.«
    Wieder nahm Barbara das angebotene Vertrauen nicht an, ließ die hinter den Worten schimmernde Botschaft, daß hier ein Mensch war, der verstand, nicht an sich heran.
    »Ja, es ist sehr hübsch, Sir. Ganz ungewohnt für mich. Ich glaube, hier müssen wir abbiegen.«
    Die Straße nach Keldale führte sie in Haarnadelkurven in den tiefsten Teil des Tals hinunter. Augenblicke nachdem sie abgebogen waren, schloß der Wald sie ein. Grüne Äste neigten sich über die Straße, Farn wucherte dicht an ihren Rändern. Sie kamen auf dem gleichen Weg ins Dorf wie Cromwell und fanden es vor wie er damals: verlassen.

    Das Läuten der Kirchenglocken verriet ihnen augenblicklich, warum im Dorf kein Lebenszeichen zu entdecken war. Erst als die Glocken, die Lynley bis in alle Ewigkeit zu läuten schienen, den letzten Schlag getan hatten, öffnete sich das Kirchenportal, und die Leute kamen langsam heraus.
    »Endlich«, murmelte er.
    Er stand an den Bentley gelehnt, den er direkt vor der Keldale Lodge abgestellt hatte, einem adretten kleinen Gasthaus mit grünbewachsenen Mauern und weißgestrichenen Sprossenfenstern. Von hier aus konnten sie das Dorf in allen vier Himmelsrichtungen überblicken. Unglaublich, dachte Lynley, daß hier ein Mord verübt worden sein sollte.
    Im Norden war die High Street, eine schmale Straße mit grauen Steinhäusern und schindelgedeckten Dächern, wo die Dorfbewohner alles fanden, was für das tägliche Leben notwendig war: ein kleines Postamt, ein Lebensmittelgeschäft, einen Laden mit einem rostigen gelben Reklameschild, das Lyons Keks anpries, und der, wie es schien, vom Motoröl bis zur Babynahrung so ziemlich alles liefern konnte; auch eine Methodistenkapelle, die höchst unpassend zwischen Sarah's Tea Room und Sinji's Haarstudio (frisch frisiert ist halb gewonnen‹) eingeklemmt war. Der Bürgersteig zu beiden Seiten der Straße war nur wenig erhöht, und vor den Haustüren standen noch Wasserpfützen vom morgendlichen Regen. Aber der Himmel war jetzt klar, die Luft so frisch, daß Lynley meinte, ihre Reinheit schmecken zu können.
    Im Westen führte eine Straße, die den Namen Bishop Furthing Road trug, zu den Feldern und Weiden hinaus, zu beiden Seiten durch die allgegenwärtigen Steinmäuerchen dieser Gegend begrenzt. An der Ecke dieser Straße stand ein kleines, von Bäumen beschattetes Haus mit einem eingezäunten Garten, aus dem das erregte Gebell junger, anscheinend spielender Hunde ins stille Dorf drang. »Polizei« stand in blauen Lettern auf einem weißen Schild, das von einem der Fenster des Hauses zur Straße hinausragte. Heim des Erzengels Gabriel, dachte Lynley und lächelte leise.
    Im Süden liefen hinter der verwilderten, mit zwei Sitzbänken bestückten Gemeindewiese zwei Straßen auseinander: die Keldale Abbey Road, die zu der alten Abtei führte, und über die schiefe Brücke, die den träge fließenden Kel überspannte, die Church Street, an deren Ecke sich auf einer Anhöhe die St.-Catherine's-Kirche erhob. Auch sie war von einer niedrigen Steinmauer umgeben, in die eine Gedenktafel an die

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