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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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meinen Sie auch alles, Inspector. Sie sind doch ein Mann, dessen Worte ernst zu nehmen sind. Oder hofften Sie, ich würde Ihnen den ganzen Kram durch jemand anderen schicken lassen und Ihnen so weitere Gespräche mit mir ersparen?«
    Lynley senkte den Blick zu den Sachen auf dem Boden. Frauenkleider offenbar.
    »Vielleicht haben Sie zuviel getrunken«, sagte er milde.
    Nies trat einen Schritt vor. Das Blut schoß ihm ins Gesicht.
    »Das würde Ihnen so passen, wie? Daß ich mich vor lauter Kummer darüber, Sie wegen Davenports Tod für ein paar Tage ins Kittchen gesteckt zu haben, dem Alkohol ergebe? War natürlich auch nicht die Art von Unterkunft, die Seine Lordschaft gewöhnt sind, wie?«
    Noch nie hatte Barbara das Bedürfnis eines Menschen, einen anderen niederzumachen, so deutlich vorgeführt bekommen; noch nie hatte sie es erlebt, daß sich jemand so vollkommen von seinem Haß treiben ließ. Sie erlebte es jetzt bei Nies, sah es in seiner Haltung, in den zu Fäusten geballten Händen, in der ungeheuren Anspannung seines Körpers. Was sie nicht verstehen konnte, war Lynleys Reaktion. Nach dem ersten Moment der Spannung war er unnatürlich ruhig geworden. Und das schien der Grund für Nies' wachsende Wut zu sein.
    »Haben Sie den Fall gelöst, Inspector?« höhnte Nies. »Haben Sie jemanden verhaftet? Nein, natürlich nicht. Dazu braucht man Fakten. Ich will Ihnen einige nennen, damit Sie ein bißchen Zeit sparen. Roberta Teys hat ihren Vater getötet. Sie schlug ihm den Kopf ab, setzte sich neben ihn und wartete darauf, entdeckt zu werden. Und Sie können an Beweismaterial ausgraben, was Sie wollen, es wird an den Tatsachen nichts ändern. Aber graben Sie ruhig, Sie Schlaumeier, viel Spaß dabei. Von mir haben Sie nichts mehr zu erwarten. Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg.«
    Nies stürzte an ihnen vorbei, schlug krachend die Haustür hinter sich zu und stürmte zu seinem Wagen. Der Motor heulte auf, die Gänge krachten. Dann war er fort.

    Lynley sah die beiden Frauen an. Stepha war sehr bleich. Barbara war von einer stoischen Ruhe. Aber beide erwarteten unverkennbar eine Reaktion von ihm. Doch dazu war er jetzt nicht fähig. Er wollte nicht über Nies sprechen. Er hätte dem Mann gern ein Etikett umgehängt: Paranoiker, Psychopath, Wahnsinniger, fielen ihm ein. Aber er wußte zu gut, wie es war, wenn einen reine Anstrengung und Erschöpfung bei der Bearbeitung eines Falls an den Rand des Zusammenbruchs stießen. Lynley sah klar, daß Nies nur um Haaresbreite davon entfernt war, unter dem Druck zusammenzubrechen, den Scotland Yard mit der erbarmungslosen Prüfung seiner Kompetenz auf ihn ausübte. Wenn es daher dem Mann auch nur einen Moment lang Erleichterung brachte, sich über ihren Zusammenstoß vor fünf Jahren zu erregen, so ließ er ihm gern freie Bahn.
    »Würden Sie mir die Akte Teys aus meinem Zimmer holen, Sergeant?« sagte er zu Barbara. »Sie liegt auf der Kommode.«
    Barbara starrte ihn an. »Sir, dieser Mensch hat -«
    »Sie liegt auf der Kommode«, wiederholte Lynley.
    Er ging durch das Zimmer zu dem Haufen Kleidungsstücke auf dem Boden, hob das Kleid auf und legte es ausgebreitet über das Sofa. Es war ein in blassen Farben bedrucktes Kleid mit einem weißen Matrosenkragen und langen Ärmeln, die weiße Manschetten hatten.
    Auf dem linken Ärmel war ein großer rostbrauner Fleck.
    Ein zweiter, unregelmäßig geformter Fleck zog sich etwa in Kniehöhe über den Rock. Der Saum des Rocks war voller Spritzer. Blut.
    Er befühlte den Stoff und erkannte das Material, ohne nach dem Etikett sehen zu müssen: Seide.
    Auch die Schuhe waren da, große schwarze Pumps, an der Kante, wo Oberleder und Sohle zusammentrafen, schmutzverkrustet. Auch sie hatten rostrote Flecken.
    »Das ist ihr Sonntagskleid«, sagte Stepha und fügte tonlos hinzu: »Sie hatte zwei. Eines für den Winter und eines für den Sommer.«
    »Ihr bestes Kleid?« fragte Lynley.
    »Soviel ich weiß, ja.«
    Er fing langsam an zu begreifen, warum die Dorfbewohner sich so hartnäckig zu glauben weigerten, daß das Mädchen den Mord gegangen hatte. Jede neue Information machte es unwahrscheinlicher.
    Barbara kehrte mit der Akte zurück. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Schon ehe er die Unterlagen durchzublättern begann, wußte er, daß er das, was er suchte, nicht finden würde. Und so war es auch.
    »Dieser verdammte Kerl«, murmelte er verärgert und sah Barbara an. »Er hat uns keine Analyse der Flecken gegeben.«
    »Aber er hat sie doch

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