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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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machen lassen, oder?« fragte Barbara.
    »Natürlich. Er hat nur nicht die Absicht, sie uns zu geben. Das würde uns ja die Arbeit erleichtern.«
    Lynley schimpfte leise vor sich hin, während er die Kleider wieder in den Karton packte.
    »Und was tun wir jetzt?« fragte Barbara.
    Er wußte die Antwort. Er brauchte Simon: die Präzision des geschulten Fachmanns, die Klarheit und Sicherheit seines Könnens. Er brauchte ein Labor, in dem Tests durchgeführt werden konnten, und einen gerichtsmedizinischen Experten, dem er vertrauen konnte. Es war zum Verrücktwerden: er mochte das Problem drehen und wenden, wie er wollte, jeder Weg führte immer wieder zu Simon St. James.
    Er betrachtete den offenen Karton zu seinen Füßen und verfluchte für einen Moment den Mann aus Richmond. Webberly hat sich getäuscht, dachte er. Ich bin der letzte, dem er diesen Fall hätte übertragen sollen. Nies erkennt die Verurteilung durch London zu klar. Er sieht in mir nur den schweren Fehler, den er gemacht hat.
    Er erwog die Alternativen. Er konnte den Fall einem anderen übergeben; MacPherson zum Beispiel. Er würde hier ungehindert arbeiten und die Sache innerhalb von zwei Tagen erledigen können. Aber MacPherson hatte mit den Bahnhofsmorden zu tun. Undenkbar, ihn von einem Fall, wo seine Erfahrung und sein Können dringend gebraucht wurden, nur deshalb abzuziehen, weil Nies sich mit seiner Vergangenheit nicht aussöhnen konnte. Er konnte Kerridge in Newby Wiske anrufen. Kerridge war immerhin Nies' Vorgesetzter. Aber Kerridge einzuschalten, der alles daran setzen würde, die Scharte Romaniv auszuwetzen, war noch absurder. Außerdem verfugte Kerridge nicht über die Unterlagen, die Laborbefunde, die Protokolle der Zeugenaussagen. Alles, was er zu bieten hatte, war sein überwältigender Haß auf Nies. Die ganze Situation war ein einziges Durcheinander von frustriertem Ehrgeiz, Irrtum und Rache. Er hatte genug davon.
    Ein Glas klirrte vor ihm auf dem Tisch. Er blickte auf und traf Stephas ruhigen Blick.
    »Ich denke, jetzt wäre ein Schluck Odell's recht.«
    Er lachte kurz. »Sergeant«, sagte er, »möchten Sie auch ein Glas?«
    »Nein, Sir«, antwortete sie, und gerade als er dachte, sie würde ihn nun auf ihre frühere moralinsaure Art darauf hinweisen, daß sie im Dienst war, fügte sie hinzu: »Aber eine Zigarette könnte ich brauchen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Er reichte ihr Etui und Feuerzeug: »Bedienen Sie sich.«
    Sie zündete sich die Zigarette an.
    »Sie hat sich das Sonntagskleid angezogen, um dem Vater den Kopf abzuschlagen. Das ist doch blödsinnig.«
    »Daß sie das Kleid anhatte, war ganz normal«, bemerkte Stepha.
    »Wieso?«
    »Es war doch Sonntag. Sie wollte zur Kirche.«
    Lynley und Barbara blickten auf. Beide erkannten gleichzeitig die Tragweite von Stephas Worten.
    »Aber Teys wurde doch am Samstag abend getötet«, wandte Barbara ein.
    »Also muß Roberta am Sonntag morgen wie immer aufgestanden sein, ihre Kleider angezogen und auf ihren Vater gewartet haben.« Lynley blickte wieder auf das Kleid im Karton. »Er war nicht im Haus. Es ist anzunehmen, daß sie ihn irgendwo auf dem Hof vermutete. Sie wird sich natürlich nichts dabei gedacht haben, denn sie wußte ja, daß er rechtzeitig kommen würde, um mit ihr zur Kirche zu gehen. Er hat wahrscheinlich, solange sie lebte, nicht einmal den Kirchgang verpaßt. Aber als er nicht kam, wurde sie unruhig. Sie ging hinaus, um ihn zu suchen.«
    »Und sie fand ihn im Stall«, schloß Barbara. »Aber das Blut auf ihrem Kleid - wie soll das dahin gekommen sein?«
    »Ich nehme an, sie war im Schock. Sie wird die Leiche hochgehoben und auf ihren Schoß gezogen haben.«
    »Aber er hatte doch keinen Kopf. Wie konnte sie -«
    »Dann«, fuhr Lynley fort, »legte sie die Leiche wieder auf den Boden und blieb, immer noch im Schock, dort sitzen, bis Pater Hart kam.«
    »Aber warum sagte sie dann, sie hätte ihn getötet?«
    »Das hat sie nie gesagt«, widersprach Lynley.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie sagte: ›Ich war's. Es tut mir nicht leid.‹« In Lynleys Stimme war ein Ton der Entschiedenheit.
    »Für mich klingt das wie ein Geständnis.«
    »Durchaus nicht.« Er zeichnete mit einem Finger den Fleck auf dem Kleid nach. »Aber es klingt nach etwas anderem.«
    »Wonach?«
    »Es klingt danach, daß Roberta sehr wohl weiß, wer ihren Vater ermordet hat.«

    Lynley fuhr schreckhaft aus dem Schlaf. Das Licht des frühen Morgens sickerte ins Zimmer und bildete zarte

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