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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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verstummte. Sie sah aus, als hätte sie einen Schlag empfangen. Hastig beugte sie sich über ihr Stativ und machte sich daran zu schaffen.
    Er ging zu ihr.
    »Es tut mir leid«, sagte er. Sie hantierte weiter mit gesenktem Kopf, so daß das herabfallende Haar das Gesicht verbarg, an ihren Geräten herum. »Ich komm' nicht darüber hinweg. Ich versuche es, aber es ist einfach sinnlos.« Sie hielt das Gesicht abgewandt, als betrachtete sie die fernen Hügel. »Ich sage mir immer wieder, daß es für uns alle so das beste ist, aber ich glaube es nicht. Ich liebe dich immer noch, Deb.«
    Erst da wandte sie sich ihm zu. Ihr Gesicht war weiß. Ihre Augen glänzten feucht.
    »Du mußt loslassen.«
    »Mein Verstand begreift das, aber mein Gefühl weigert sich.«
    Eine Träne löste sich aus ihrem Auge. Er hob die Hand, um sie wegzuwischen, und ließ den Arm sogleich wieder sinken.
    »Ich wachte heute morgen mit einem so verzweifelten Verlangen auf, dich wieder in den Armen zu halten, daß ich sofort raus mußte aus dem Zimmer, weil ich sonst vor lauter Schmerz die Wände hochgegangen wäre. Ich glaubte, hier auf dem Friedhof würde ich ein bißchen Ruhe finden. Ich rechnete nicht damit, daß ich dich hier treffen würde.« Er blickte auf ihre Geräte. »Was tust du hier? Wo ist Simon?«
    »Er ist im Hotel. Ich - ich bin früh aufgewacht und bin gleich aufgestanden, weil ich mir das Dorf ansehen wollte.«
    Es hörte sich an, als würde sie lügen. »Ist er krank?« fragte er.
    Sie blickte zu den Zypressen hinauf. Eine Veränderung in Simons Atemzügen hatte sie kurz vor sechs geweckt. Er lag so still, daß sie einen entsetzlichen Moment lang geglaubt hatte, er stürbe. Er atmete leise und vorsichtig, und sie erkannte plötzlich, daß es ihm einzig darum ging, sie nicht zu wecken. Aber als sie nach seiner Hand griff, schlossen sich seine Finger wie eine Klammer um sie.
    »Warte, ich hole dir deine Medizin«, flüsterte sie und stand auf, um die Tabletten zu holen. Danach hatte sie stumm sein Gesicht beobachtet, während er darum kämpfte, der Schmerzen Herr zu werden.
    »Kannst du - nur für eine Stunde, Liebes?«
    Dies war jener Teil seines Lebens, aus dem sie immer ausgeschlossen sein würde. Sie war gegangen.
    »Er hatte - er hatte heute morgen etwas Schmerzen.«
    Lynley zuckte zusammen unter ihren Worten. Er begriff so gut alles, was sie bedeuteten.
    »Mein Gott, gibt es denn kein Entrinnen?« fragte er bitter. »Selbst das geht auf mein Konto.«
    »Nein!« widersprach sie erschrocken. »Sag das nicht. Sag das niemals. Tu dir das nicht an. Es ist nicht deine Schuld.«
    Sie hatte hastig gesprochen, ohne daran zu denken, welchen Eindruck ihre Worte bei Lynley hervorrufen würden, und plötzlich hatte sie Angst, zuviel gesagt zu haben - mehr, als sie beabsichtigt hatte. Sie wandte sich wieder ihrer Kamera zu, schraubte das Objektiv ab, nahm die Kamera vom Stativ, verstaute alles in ihrer Tasche.
    Er beobachtete sie. Ihre Bewegungen waren ruckhaft wie in einem alten Stummfilm. Vielleicht wurde sie sich dessen selbst bewußt, merkte, was ihr Unbehagen verriet; sie ließ die Hände sinken und blieb mit gesenktem Kopf reglos stehen. Ein Sonnenstrahl lag auf ihrem Haar. Es hatte die Farbe des Herbstes.
    »Ist er noch im Hotel? Hast du ihn dort zurückgelassen, Deb?« Es war nicht so, daß er es wissen wollte, sondern er spürte, daß sie das Bedürfnis hatte, es ihm zu sagen. Selbst jetzt schaffte er es nicht, dieses Bedürfnis zu ignorieren.
    »Er wollte - es war der Schmerz. Er möchte nicht, daß ich das mit ansehe. Er glaubt mich zu schützen, wenn er mich zwingt zu gehen.« Sie sah zum Himmel auf, als erwarte sie von dort ein Zeichen. »Er schließt mich aus. Es ist so bitter. Ich hasse es.«
    Er verstand. »Weil du ihn liebst, Deb.«
    Sie starrte ihn einen Moment lang an, ehe sie antwortete.
    »Ja, das tue ich. Ich liebe ihn wirklich, Tommy. Er ist ein Teil meines Selbst. Eine Hälfte meiner Seele.« Sie legte ihm zaghaft die Hand auf den Arm, eine kaum spürbare Berührung. »Ich wünsche dir, daß du jemanden findest, den du so liebst. Du brauchst es. Du verdienst es. Aber ich - ich kann das für dich nicht sein. Ich will es nicht einmal sein.«
    Sein Gesicht wurde blaß bei ihren Worten. Während er versuchte, die Fassung zu bewahren, fiel sein Blick auf das Grab zu ihren Füßen, und er nutzte es als Ablenkung.
    »Ist das der Grund deiner morgendlichen Exkursion?« fragte er in leichtem Ton.
    »Ja.« Sie glich ihren Ton

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