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01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis

Titel: 01 - Miss Daisy und der Tote auf dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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schon ein Verdacht gekommen, als er so bald nach ihr aus dem Salon gegangen ist. Also bin ich ihm gefolgt und hab beobachtet, wie er in sein Zimmer ging. Ich bin in meins gegangen, aber ich hab die Tür noch einen Spaltbreit offengelassen und den Korridor nicht aus den Augen gelassen. Der Ärger ist nur, daß meine Tür die Angeln auf der falschen Seite hat. Ich kann Astwicks Zimmertür nicht sehen, ohne meinen Kopf ganz herauszustrecken. Ich dachte, das würde nichts ausmachen, denn er müßte ja an meinem Zimmer vorbeikommen und um die Ecke gehen, wenn er ins Boudoir oder ins Schlafzimmer wollte. Ich hab nicht gesehen, wie er über den Korridor zum Badezimmer geschlichen ist. Aber ich habe gehört, wie sich die Tür geschlossen hat, und Stimmen auch. Also bin ich schnell hingegangen und hab an seiner Schlafzimmertür gelauscht. In dem Moment hat er gelacht, und Annabel hat geschrien. Gott, was hatte ich für eine Angst, daß die Badezimmertür verschlossen ist. Ich hätte sie eingetreten, aber das hätte zuviel Zeit gekostet. Aber sie war noch nicht einmal ordentlich zugezogen. Die Tür ist mit einem Krachen aufgegangen. Astwick ist herumgewirbelt, wirklich. Er hatte sie immer noch fest am Arm. Während ich auf ihn zu bin, hat Annabel sich losgerissen und ist entkommen. Ich hab ihn gleich getroffen.«, sagte Geoffrey nicht ohne einen gewissen Stolz. »Es war ein hochprofessioneller Schlag von links ans Kinn. Allerdings kam es ja auch für ihn ziemlich unerwartet. Jedenfalls hat er das Gleichgewicht verloren, hat sich mit den Füßen in der Badematte verhakt und ist über den Schemel gefallen. Weiter hab ich nicht zugesehen. Ich hab schnell ein Handtuch von der Stange genommen und ihren Bademantel vom Stuhl und bin hinter ihr her ins Boudoir gelaufen. Ich wollte nicht, daß sie sich verkühlt«, erklärte er seinem Vater ernsthaft. »Ich wollte sie nur trösten und ihr versprechen, daß dieser Kerl ihr nie wieder zu nahe treten würde, das würde ich schon verhindern. Ich hab sie nicht angesehen, Ehrenwort. Ich mußte schließlich auch die Tür im Auge behalten, denn Astwick hätte ja hinterherkommen können.«
    »Er hat mir immer den Rücken zugewandt«, bestätigte Annabel mit zitternder Stimme, »bis ich mich abgetrocknet hatte und meinen Bademantel angezogen hatte, und darüber eine Strickjacke. Mir war kalt, so schrecklich kalt. Henry?« Ein verzweifeltes Flehen lag in dem Wort.
    Lord Wentwater lehnte sich vor und nahm ihre ausgestreckten Hände in seine. »Meine Liebe, dich trifft keine Schuld für das Benehmen dieses Lumpen, und auch für die Ritterlichkeit meines Sohnes bist du nicht verantwortlich. Wenn ich jetzt schweige, dann liegt das daran, daß ich diese für Euch so schmerzhafte Erzählung nicht unterbrechen möchte.«
    Annabel fuhr nach dieser Besänftigung mit ihrem Bericht fort: »Wir haben uns ein paar Minuten unterhalten, nicht lange. Von Lord Stephen kam nichts, er war weder zu sehen noch zu hören. Deswegen ist Geoffrey noch einmal ins Badezimmer gegangen, um sich zu vergewissern, daß er auch wirklich weg war.«
    »Er war aber eindeutig noch da«, sagte Geoffrey mit rauher Stimme. Er preßte die Ballen seiner Hände an die Augen, als wolle er den erinnerten Anblick auslöschen. »Er lag über den Badewannenrand gebeugt, Kopf und Schultern unter Wasser. Ich hab ihn herausgezogen, aber da war kein Herzschlag, kein Puls, er hat nicht mehr geatmet. Er war tot.«
    In der gespannten, fast greifbaren Stille im Arbeitszimmer fiel im Kamin ein Stück Kohle vom Rost, und Daisy fuhr zusammen.
    »Geoffrey ist nicht zurückgekommen«, sagte Annabel, »und ich hab so merkwürdige Geräusche gehört. Ich hatte Angst. Da hab ich ins Badezimmer geschaut und ihn da gesehen, wie er neben der Leiche kniete. Lord Stephen war auf dem Boden ausgestreckt, um ihn herum breitete sich eine Pfütze Wasser aus, und aus einer Schnittwunde an seiner Stirn rann das Blut. Ich dachte, ich müßte mich gleich übergeben. Geoffreys Gesicht war kalkweiß, entsetzt, voller Angst. Er schrie, er habe ihn nicht umbringen wollen. Das wußte ich ja, und ich hab mich so weit zusammenreißen können, daß ich ihn beruhigen konnte. Er ist aufgestanden und hat sich die Badewanne angesehen. Das Wasser war ganz rosa, und an einem der Wasserhähne war Blut. Die Wasserhähne in meinem Badezimmer sind wie Kakadus geformt«, sagte sie monoton.
    »Als Lord Stephen gestolpert ist und dann das Gleichgewicht verloren hat, muß er sich noch irgendwie

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