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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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Tod. Gewiss nicht in der
Schlacht - man war sich viel zu sehr der Tatsache bewusst, dass die
Männer, die man tötete, nicht schlechter waren oder eher den Tod verdienten als
man selbst. Und nicht einmal, wenn der, den man tötete, ein Mörder war, der die
Mutter der eigenen Ehefrau umgebracht und mehrmals versucht hatte, auch sie
umzubringen. Es hatte vielleicht eine gewisse Genugtuung darin gelegen, Dorsey
zu beobachten, wie er nach dem Köder der so nachlässig hingelegten Pistole
griff und ihm damit letztendlich keine andere Wahl ließ, als ihn zu töten -
zumal Portfrey die Auseinandersetzung, wer ihn bestrafen durfte, bevor man ihn
den Behörden übergab, für sich entschieden hatte. Aber gewiss kein Genuss.
    War es
erfreulich, die Wahrheit über Lilys Geburt erfahren zu haben? Erfahren zu
haben, dass sie ihn im Rang übertraf? Dass er ihr nichts bieten konnte, was sie
nicht selbst im Überfluss hatte? Aber hatte er gehofft, Lily mit seiner
Position und seinem Reichtum zu gewinnen, weil ihre drohende Armut sie zu ihm
zurückzwingen würde? Bestimmt nicht. Er wollte, dass sie ihm gleichgestellt
war, dass sie sich gleichgestellt fühlte. Die Tatsache, dass sie sich
ihm weit unterlegen gefühlt hatte, hatte jede Chance auf Glück, die sie gehabt
haben mochten, als sie nach Newbury gekommen war, zunichte gemacht.
    Er
sollte sich also über den Gang der Entwicklung freuen. Warum tat er es nicht?
Es war wegen Lily selbst, erkannte er schließlich. Die arme Lily hatte in den
letzten anderthalb Jahren so viel durchgemacht. Wie sollte sie da noch den
Verlust ihrer eigenen Wurzeln verkraften? Würde er sie zusammengebrochen
vorfinden, wenn er am Nachmittag Elizabeth' Haus besuchte? Schlimmer noch,
würde sie immer noch so völlig anders sein, als es ihrem unbezähmbaren Ich
entsprach, betäubt und passiv wie am vergangenen Abend?
    Er
näherte sich Elizabeth' Haus mit großer Nervosität. Fast hoffte er, als er das
Haus betrat und fragte, ob Miss Doyle ihn empfangen würde, sie möge es
ablehnen. Aber sie tat es nicht. Der Butler führte ihn zum Salon. Sowohl Lily
als auch Elizabeth waren anwesend.
    »Neville«,
sagte Elizabeth und kam auf ihn zu, nachdem er sich verbeugt und beide begrüßt
hatte. Sie küsste ihn auf die Wange. »Ich werde dir einige private Worte mit Lily
gestatten.« Und sie verließ den Raum ohne weitere Umstände.
    Lily
sah nicht niedergeschlagen aus - oder betäubt. Ganz im Gegenteil, sie
sprühte vor Leben in ihrem schönen, mit Zweigmuster versehenen Musselinkleid.
Ihr Haar umrahmte in weichen Locken ihr Gesicht.
    »Du
hast Mr. Dorsey getötet«, sagte sie. »Mein Vater hat es mir heute Morgen
erzählt. Es tut mir nicht Leid, dass er tot ist, obwohl ich noch nie jemandem
den Tod gewünscht habe. Aber es tut mir Leid, dass du dazu gezwungen warst. Ich
weiß, dass es nicht leicht ist zu töten.«
    ja,
Lily musste es wissen. Sie war in einer Armee aufgewachsen, deren Geschäft es
war zu töten.
    Aber -
mein Vater?
    »Diesmal«,
sagte er, »war es beinahe leicht.«
    »Wir
werden nie wieder darüber sprechen«, sagte sie ruhig. Sie war von ihrem Stuhl
aufgestanden und kam durch das Zimmer auf ihn zu. »Neville, ich werde am Montag
mit meinem Vater und Elizabeth nach Rutland reisen. Es wird morgen in den
Zeitungen stehen. Ich werde einige Zeit mit ihm verbringen, lernen, seine
Tochter zu sein, und ihm Gelegenheit geben, mein Vater zu sein. Ich werde
meinen Großvater kennenlernen und das Grab meiner Mutter sehen. Ich werde ...
gehen.«
    »Ja.«
Es fühlte sich an, als ob sein Herz sich überschlug und anschließend bis auf
die Sohlen seiner Stiefel stürzte selbst als er sich sagte, dass er sich für
sie freute.
    Sie
lächelte ihn unsicher an. »Ich war Lily Doyle«, sagte sie. »Dann war ich Lily
Wyatt - und dann wieder nicht. jetzt bin ich Lily Montague. Ich muss
herausfinden, wer ich wirklich bin. Als ich hierher nach London kam, dachte
ich, ich würde die Antwort finden, aber heute scheint sie so weit entfernt zu
sein wie eh und je.«
    »Du
bist Lily.« Er versuchte, ihr Lächeln zu erwidern.
    Sie
nickte und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Wie
lange?«, fragte er.
    Sie
schüttelte den Kopf.
    Er
durfte sie nicht unter Druck setzen. Sie brauchte keine weitere Bürde auf ihren
Schultern. Und er wusste, dass die Frage nicht zu beantworten war.
    Nach
allem, was geschehen war, hatte er angefangen, an eine gemeinsame Zukunft zu
glauben. In Vauxhall war er kurz davor gewesen, erneut um ihre Hand

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