01 - Nacht der Verzückung
anzuhalten.
Er hasste es, sich an jene Nacht zu erinnern, die so magisch verheißungsvoll
begonnen hatte. Nun müsste er erneut eine unbestimmte Zeit warten müssen, ohne
eine Gewissheit, die das Warten erträglich machen könnte.
Er
reichte ihr beide Hände und sie legte ihre hinein.
»Du
wirst ihn mögen, Lily«, sagte er. »Ich wage sogar zu behaupten, dass du ihn
lieben wirst. Er ist ein guter Mann und er ist dein Vater. Geh also und finde
dich selbst. Und sei glücklich. Versprichst du mir das?«
Er sah,
dass sie sich auf die Oberlippe biss.
Er
drückte ihre Hände und hob sie eine nach der anderen an seine Lippen. »Ich bin
nicht allzu wild auf London«, sagte er. »Ich werde froh sein, den Sommer auf
Newbury zu verbringen. Ich schätze, ich werde morgen oder übermorgen abreisen.
Vielleicht könntest du mir einen Brief schreiben, wenn du es für angebracht
hältst?«
»Ich
kann nicht ... gut genug schreiben«, sagte sie.
»Aber
bald.« Er lächelte sie an. »Und du wirst auch meine Antwort lesen können.«
»Meinst
du?«, fragte sie ihn. »Manchmal wünsche ich mir - oh, wie sehr ich mir
wünsche, ich wäre wieder Lily Doyle und du Major Lord Newbury und Papa ...«
»Aber
wir sind es nicht«, sagte er traurig. »Trotzdem sollst du eines wissen, Lily.
Du darfst es nicht als Last empfinden, aber du sollst wissen, dass einige Dinge
unverändert und unveränderlich sind. Ich liebte dich, als ich dich heiratete.
Ich liebe dich heute. Ich werde dich bis zu meinem letzten Atemzug lieben. Ich
habe dich geliebt und werde dich in jedem Moment deiner Abwesenheit lieben.«
»Tja.
Aber dies ist nicht der richtige Augenblick«, sagte sie und ihre Augen
verdunkelten sich mit einer Gefühlsregung, die er nicht deuten konnte. Arme
Lily. So vieles war ihr in letzter Zeit widerfahren und sie hatte es alles mit
solcher Würde und Redlichkeit ertragen.
»Ich
will diesen Besuch nicht in die Länge ziehen«, teilte er ihr mit. »Ich werde
jetzt gehen, Lily. Würdest du mich bei Elizabeth entschuldigen?«
Sie
nickte.
Sie
hielten sich noch für einige Augenblicke an den Händen. Aber sie hatte Recht.
Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Wenn sie zu ihm zurückkam - wenn sie
zu ihm zurückkam -, durfte es kein anderes Bedürfnis in ihrem Herzen
geben, als für den Rest ihres Lebens mit ihm zusammen zu sein.
Er zog
zärtlich seine Hände zurück, behielt das Lächeln in seinen Augen und ging ohne
ein weiteres Wort.
Er
hatte bereits den halben Weg nach Kilbourne House blicklos durch die Straßen
laufend zurückgelegt, bevor er sich erinnerte, dass er mit seinem Zweispänner
zu Elizabeth gefahren war.
5. Eine Hochzeit
Teil V
Eine Hochzeit
Kapitel 25
Lily blickte
ungeduldig aus dem Fenster der Kutsche und unternahm nicht einmal den Versuch,
vornehm zu erscheinen. Upper Newbury sah so sehr vertraut aus. Dort war der
Gasthof, wo sie der Linienkutsche entstiegen war, und dort der steile Weg, der
hinunter zum unteren Dorf führte. Und dort ...
»Oh,
können wir die Kutsche anhalten?«, fragte sie.
Der
Herzog von Portfrey klopfte von dem gegenüberliegenden Sitz aus gegen die
vordere Täfelung und die Kutsche hielt unverzüglich an. Trotz der Kühle des
Tages hatte Lily im Handumdrehen das Fenster geöffnet und steckte den Kopf
heraus.
»Mrs.
Fundy«, rief sie. »Wie geht es Ihnen? Und wie geht es den Kindern? Oh, wie
das Kleine gewachsen ist.«
Während
der Herzog und Elizabeth stillschweigend amüsierte Blicke austauschten,
lächelte Mrs. Fundy, die mit offenem Mund die stattliche Kutsche mit dem
herzöglichen
Emblem
angestarrt hatte, übers ganze Gesicht, blickte dann plötzlich verwirrt drein
und machte einen Knicks.
»Uns
allen geht es sehr gut, danke, Mylady«, sagte sie. »Es ist schön, Euch wieder
zurück zu wissen.«
»Oh, es
ist schön, wieder zurück zu sein«, sagte Lily. »Ich werde Sie bald besuchen,
wenn ich darf.«
Sie
strahlte Mrs. Fundy an, während sich die Kutsche wieder in Bewegung setzte. Es
war keine Heimkehr, rief sie sich in Erinnerung. Newbury Abbey war nicht ihr
Zuhause. Oh, aber sie fühlte sich so, als ob es das war. Sie hatte Rutland
Park ins Herz geschlossen, so wie es ihr Vater vorausgesagt hatte. Sie hatte
auch ihn ins Herz geschlossen, so wie sie es sich vorgenommen hatte - und
es war alles andere als schwierig gewesen. Sie hatte sogar ihren ausgedehnten
Besuch auf Nuttall Grange genossen, wo sie die Zuneigung ihres bettlägerigen
Großvaters gewonnen hatte und ihrer beiden
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