01 - Nicht ohne meine Tochter
einzupacken. Aga Reza, der Besitzer des »Super« sagte zu mir: »Sie sind die beste Frau im Iran. Die meisten Iranerinnen sind verschwenderisch.« Alle drei nannten mich »Khanom Doktor« und sie fanden stets einen Jungen, der mir meine Einkäufe nach Hause brachte.
Moody wollte seinen Traum verwirklichen, ganz wie der wohlhabende, in den USA ausgebildete Arzt kultiviert und standesbewusst, über den Schmutz seiner Umgebung erhaben, zu leben, aber er hatte nicht die Zeit, sich um die Einzelheiten zu kümmern. Er überschüttete mich mit Geld. »Kaufe, was wir brauchen.«, sagte er. »Mach das Haus schön, statte die Praxis aus.« Für mich bedeutete das, die Herausforderung anzunehmen und als Fremde in einer Stadt von vierzehn Millionen, zuweilen feindseligen und immer unberechenbaren Menschen das Alltagsleben zu meistern. Ich kannte keine andere Frau, weder iranisch, noch amerikanisch, noch sonst eine, die die Risiken ganz normaler Besorgungen innerhalb Teherans ohne Begleitung eines Mannes oder zumindest einer anderen erwachsenen Frau auf sich nahm.
Eines Tages bat mich Moody, ins Zentrum zu fahren, in ein Geschäft, das dem Vater von Malouk gehörte, der Frau, die für Mahtab gesorgt hatte, als Moody sie mir weggenommen hatte. Er wollte, dass ich Handtücher kaufte und Stoff für Bettlaken, Luxusartikel, die uns deutlich in die Oberschicht aufrücken ließen. »Nimm den Bus.«, schlug Moody vor. »Es ist eine lange Fahrt, und er kostet nichts.« Er gab mir ein ganzes Heft Fahrkarten, wie sie kostenlos an Regierungsangestellte ausgeteilt wurden. Mir war es gleichgültig, ob ich für Moody ein paar Rials sparen konnte, aber ich wollte gern alle möglichen Verkehrsmittel meistern lernen, deshalb folgten Mahtab und ich seinen Anweisungen. Zuerst liefen wir in die Pasdaran-Straße, eine der Hauptverkehrsadern, und nahmen ein Taxi bis zu einer Bushaltestelle in der Nähe von Mammals Haus. Wir stiegen in einen Bus, der eher einem Reisebus glich als einem amerikanischen Nahverkehrsbus. Alle Plätze waren besetzt, und viele Passagiere mussten stehen. Die Fahrt in das Stadtzentrum dauerte über eine Stunde. Der Bus hielt oft an, und jedes Mal stiegen Dutzende von Menschen aus und ein. Niemand wartete geduldig, sondern alle versuchten gleichzeitig, aus- und einzusteigen, stießen einander dabei mit den Ellbogen und fluchten lauthals.
Endlich fanden wir das Geschäft und machten unsere Besorgungen. Mittlerweile waren Mahtab und ich erschöpft. Mit Paketen schwer beladen, kämpften wir uns durch die überfüllten Straßen, bis wir an ein Busdepot kamen, an dem viele Busse standen. Ich konnte keinen Bus mit der Nummer finden, die Moody uns angegeben hatte, und ich geriet in Panik. Es war für mich wichtig, diese Aufgabe richtig zu erledigen. Wenn ich versagte, würde Moody annehmen, dass ich solche Dinge nicht allein schaffen konnte. Schlimmer noch, er könnte misstrauisch werden, wenn wir ohne Erklärung länger ausblieben. Meine Aufregung muss mir deutlich im Gesicht gestanden haben, denn ein Iraner fragte: »Khanom, tschi mikhahi? Was suchen Sie, meine Dame?« »Sayyed Khandan.«, sagte ich. Das war das Stadtviertel, in dem Mammal wohnte, dort konnten wir in ein orangefarbenes Taxi umsteigen und leicht nach Hause kommen. Ich zeigte auf einen Bus. »Sayyed Khandan?« »Na.«, sagte er und schüttelte den Kopf. Er bedeutete Mahtab und mir, ihm zu folgen und führte uns zu einem leeren Bus. »Sayyed Khandan.«, sagte er. Ich nickte zum Dank. Mahtab und ich kletterten schwerbeladen hinein. Da wir die Wahl hatten, setzten wir uns auf den ersten verfügbaren Sitz, direkt hinter dem Fahrer. Bald füllte sich der Bus mit Fahrgästen nach Sayyed Khandan. Zu meiner Überraschung stieg auch der Mann, der mir den Bus gezeigt hatte, ein und setzte sich auf den Fahrersitz. Der Zufall wollte, dass er der Fahrer war.
Ich hielt ihm unsere Fahrkarten hin, aber er winkte ab. Jetzt tat es mir Leid, dass wir diesen Sitz genommen hatten denn der Fahrer war ein besonders übelriechender Iraner. Er war klein und glattrasiert, aber das war das einzig Saubere an ihm. Seine Kleider stanken und sahen aus, als wären sie seit Monaten nicht gewaschen worden. Als es Zeit war abzufahren, ging der Fahrer durch den schmalen Gang nach hinten und begann, die Fahrkarten einzusammeln. Ich schenkte ihm keine Beachtung. Mahtab war sehr müde und quengelig. Unsere Pakete lagen schwer auf unserem Schoß. Wir versuchten vergeblich, auf unserem
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