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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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machte: »Ja, warum fährst du dann nicht nach Hause und besuchst ihn?« »Ich kann nicht.« »Betty, du machst einen großen Fehler, wenn du nicht zu ihm fährst.« Sie erzählte mir eine Geschichte. »Als ich in Schuschtar lebte und mein Vater hier in Teheran war, hatte ich eines Tages eine böse Ahnung. Irgendwas sagte mir, dass ich zu meinem Vater musste, und das sagte ich meinem Mann. Er sagte: 'Nein, du fährst jetzt nicht. Du fährst nächsten Monat, wenn die Schule aus ist.' Wir stritten uns furchtbar, das erste und einzige Mal in unserem Leben. Ich sagte: 'Wenn du mich nicht zu meinem Vater fahren lässt, verlasse ich dich.' Also ließ er mich fahren.« Als Chamsey im Hause ihres Vaters in Teheran eintraf, erfuhr sie, dass er am darauffolgenden Tag für einige Routinetests ins Krankenhaus eingeliefert werden sollte. Sie blieben an jenem Abend lange zusammen und unterhielten sich, tauschten Neuigkeiten und Erinnerungen aus, und am folgenden Morgen begleitete sie ihn ins Krankenhaus, wo er noch am gleichen Tag überraschend an einem Herzschlag starb. »Wenn ich nicht zu ihm gefahren wäre, als mir das Gefühl es eingab, hätte ich mir das niemals verziehen.«, sagte Cham-sey zu mir. »Ich hätte mich wahrscheinlich deswegen von meinem Mann scheiden lassen. Aber aus irgendeinem Grund musste ich meinen Vater sehen. Du musst auch zu deinem Vater fahren.« 
    »Ich kann nicht.«, schluchzte ich, und die Tränen strömten mir über das Gesicht. Dann erzählte ich ihr, warum nicht. »Ich kann nicht glauben, dass Moody dir so etwas antun würde.« »Er hat mich hierher gebracht, und jetzt läuft es auch wirklich gut. Ich bin froh, dich zur Freundin zu haben, aber wenn er davon erfährt, dass du Bescheid weißt, und erfährt, dass ich so dringend heim will, wird er mir verbieten, deine Freundin zu sein.« »Keine Angst.«, sagte Chamsey. »Ich sage ihm nichts.« Sie hielt Wort. Und von jenem Tag an gab es einen merklichen Wandel in ihrer Einstellung zu Moody. Sie war kühl, unnahbar, unterdrückte ihre Wut, aber nur ungefähr so gut, wie ihr Tschador aus durchsichtigen Spitzen ihre Kleidung verhüllte.
    Irgendwie huschte der Sommer vorüber. Die Kriegswoche in den letzten Augusttagen kam als böse Erinnerung daran, dass Mahtab und ich nun schon über ein Jahr im Iran gefangen waren. Jeden Abend gab es auf den Straßen laute Aufmärsche. Männer marschierten in Formation und führten die rituellen Geißelungen durch. In einem präzisen Rhythmus schlugen sie sich mit Ketten auf die Schultern, über den bloßen Rücken - erst über die rechte, dann über die linke Schulter. Mit ihrem kontinuierlichen Singsang steigerten sie sich in eine Art Trance. Blut floss ihnen über den Rücken, aber sie fühlten keinen Schmerz.
    Die Fernsehnachrichten waren in ihrer Rhetorik noch bösartiger als sonst, aber diesmal war das leichter zu ertragen, weil ich inzwischen besser Bescheid wusste über den riesengroßen Abstand zwischen iranischen Worten und iranischen Taten. Die wütenden Ansprachen und die laut tönenden Gesänge waren alle Ta'arof. »Ich möchte wirklich gern eine Geburtstagsfeier für Mahtab geben.«, sagte ich. »Gut, aber wir werden niemanden aus meiner Familie einladen.«, sagte Moody. Zu meiner Überraschung fügte er hinzu: »Ich mag sie ohnehin nicht im Hause haben. Sie sind schmutzig und stinken.« Noch vor wenigen Monaten wäre das unvorstellbar gewesen. »Wir werden Chamsey und Zaree und Ellen und Hormoz und Maliheh und ihre Familie einladen.« Maliheh war unsere Nachbarin aus der Wohnung, die an unser Schlafzimmer angrenzte. Sie sprach nicht viel Englisch, aber sie war sehr freundlich zu mir. Wir redeten täglich miteinander, und sie verbesserte meine Farsi-Kenntnisse sehr. Moodys Gästeliste machte deutlich, wie sehr sich unser Freundeskreis verändert hatte, und wieviel nachgiebiger seine Einstellung zu Ellen und Hormoz geworden war. Auch er hatte begriffen, dass sie ihr Möglichstes getan hatten, um in der Krise zu helfen. In dieser relativ klaren Zeit in Moodys trübem Leben war seine Bereitschaft, sich Ellen und Hormoz anzunähern, eine stille Anerkennung, dass ein Teil des ganzen Kummers von seiner Verrücktheit herrührte. 
    Mahtab wollte diesmal keinen Kuchen aus der Bäckerei, stattdessen wollte sie, dass ich einen backte. Das war eine große Herausforderung. Die Höhenlage von Teheran und die Maßeinteilung am Backofen machten meine Backkünste zunichte. Der Kuchen war brüchig und

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