01 - Nicht ohne meine Tochter
wir müssen schnell arbeiten.«
»Ich will es versuchen.«, sagte Amahl. »Aber sorgen Sie sich nicht zu sehr.« Er erklärte mir, dass ich einen iranischen Pass benötigen würde. Unser jetziger iranischer Pass, mit dem wir eingereist waren, galt für uns alle drei. Um ihn zu benutzen, würden wir als Familie reisen müssen. Ich konnte ihn allein nicht benutzen, und auch nicht den amerikanischen Pass, den Moody irgendwo versteckt hatte. Ich brauchte einen eigenen iranischen Pass. »Er hat keine Möglichkeit, Ihnen sehr schnell einen Pass zu beschaffen.«, beruhigte mich Amahl. »Die normale Wartezeit beträgt ein Jahr. Selbst wenn jemand es wirklich eilig hat, selbst mit Beziehungen, kann es sechs Wochen oder zwei Monate dauern. Das schnellste, was ich gehört habe, sind sechs Wochen. In der Zeit kann ich Sie rausschaffen. Haben Sie Geduld.«
Noch am selben Nachmittag sprach ich mit meiner Schwester Carolyn. Dad hatte die Operation überlebt. Er lebte noch! Carolyn erzählte, dass er auf dem Weg in den Operationssaal allen Ärzten und Schwestern gesagt hatte, dass Betty und »Tabby« nach Hause kämen. Sie war sicher, dass ihm das die Kraft gegeben hatte, die Sache durchzustehen. Aber er war noch bewusstlos, und die Ärzte glaubten, er schwebe noch in Lebensgefahr.
An jenem Abend kamen Mammal und Madschid zu Besuch. Sie verbrachten einige Zeit bei Moody in der Praxis und besprachen die Vorbereitungen für die Reise, die ich nicht zu machen entschlossen war. Ich war allein in der Küche, als Mahtab hereinkam. Ihr Gesichtsausdruck sagte mir, dass etwas Schreckliches vorgefallen sein musste. Sie weinte nicht, aber in ihren Augen stand eine Mischung aus tiefsitzendem Zorn und Schmerz. »Du willst mich verlassen, nicht?«, sagte sie. »Wovon redest du?« »Daddy hat mir gesagt, dass du ohne mich nach Amerika fährst.« Dann strömten die Tränen. Ich machte einen Schritt auf sie zu, um sie in die Arme zu nehmen, aber sie wich zurück, zur Tür hin. »Du hast mir versprochen, dass du nie ohne mich fahren würdest.«, weinte sie. »Und jetzt willst du mich verlassen.« »Was hat Daddy dir gesagt?« »Er hat gesagt, du lässt mich hier, und du wirst mich nie mehr wiedersehen.« »Komm mit!«, sagte ich und schnappte ihre Hand. In mir stieg eine heiße Wut hoch. »Wir sprechen mit Daddy darüber.« Krachend öffnete ich die Tür zu seinem Behandlungszimmer und trat den Männern, die dort ein Komplott gegen mich schmiedeten, gegenüber. »Warum hast du Mahtab gesagt, dass ich ohne sie nach Amerika fahre?«, schrie ich. Moody schrie zurück. »Nun, es hat keinen Sinn, es vor ihr zu verbergen. Sie wird sich daran gewöhnen müssen. Damit kann sie ebenso gut gleich anfangen.« »Nein, ich fahre nicht.« »Doch, du fährst.« »Nein, ich denke nicht daran.«
Wir brüllten einander viele Minuten lang an, keiner von uns kam dem anderen entgegen. Mammal und Madschid schienen von meiner Erklärung und der Wirkung dieser Geschichte auf Mahtab ganz und gar unberührt zu bleiben. Schließlich stürmte ich aus dem Zimmer. Mahtab und ich gingen nach oben, in mein Schlafzimmer. Ich hielt sie in meinen Armen und wiederholte immer wieder: »Mahtab, ich fahre nicht ohne dich. Ich werde dich nie verlassen.« Mahtab wollte mir glauben, aber ihren Augen konnte ich ansehen, dass es ihr nicht gelang. Sie kannte die Macht, die ihr Vater über uns hatte. Ich versuchte es noch einmal. »Ich will nicht, dass Daddy davon weiß, aber wenn er seine Meinung nicht vor dem Flug ändert, dann werde ich furchtbar krank, so krank, dass ich nicht ins Flugzeug kann. Das darfst du Daddy auf keinen Fall sagen:« Dennoch wusste ich, dass sie mir nicht glaubte, und ich wagte nicht, ihr von Amahl zu erzählen. Noch nicht. Sie weinte sich in den Schlaf und klammerte sich die ganze lange Nacht hindurch an mich.
Moody fuhr zum Passamt, verbrachte den ganzen Tag dort, frustriert von langen Schlangen und bürokratischer Unfähigkeit. Wie von Amahl vorhergesagt, kam er mit leeren Händen zurück. »Du musst selbst hingehen.«, sagte er. »Du gehst morgen, und ich komme mit.« »Was ist mit Mahtab?«, fragte ich schnell auf der Suche nach einem Ausweg. »Du warst den ganzen Tag dort. Ich weiß, dass wir morgen den ganzen Tag brauchen werden. Wir kommen nicht nach Hause, bevor sie aus der Schule kommt.« Moody dachte nach. »Du fährst allein.«, sagte er schließlich. »Ich gebe dir die Anweisungen. Ich bleibe zu Hause und warte auf
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