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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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neben Mahtab, aber die Frau - seine Mutter? - starrte ihn böse an, und er saß wieder still. An meiner anderen Seite blieb der »Mann, der wiedergekommen war« weiter stumm.
    Wir saßen vielleicht eine halbe Stunde so da, als ein anderer Mann das Zimmer betrat. Sein Erscheinen rief bei den Frauen einige Geschäftigkeit hervor. Sie brachten ihm sofort heißen Tee und Brot. Sie bedienten ihn und füllten seine Tasse immer wieder nach. Er saß auf dem Fußboden, uns gegenüber, und schenkte uns keinerlei Beachtung. Er holte eine Rolle Tabakpapier aus einer Falte seiner Kleider, machte sich daran, sich eine Art Zigarette zu rollen, aber aus irgendeiner weißen Substanz. Marihuana, Haschisch, Opium? Ich kannte mich in diesen Dingen nicht aus, aber jedenfalls sah es nicht wie Tabak aus. Plötzlich erkannte ich diesen Mann! Er war der Mann auf dem Bild an der Wand. Offensichtlich war er der Herr des Hauses. Waren dies alles seine Frauen? Hatte ich eine Männergesellschaft verlassen, um nun in eine noch extremere zu geraten?
    »Wann können wir fort?«, flüsterte Mahtab. »Ich mag dies Haus nicht.« Ich sah auf die Uhr. Der Abend nahte. »Ich weiß nicht, was kommt.«, sagte ich zu Mahtab. »Halte dich einfach bereit.« Langsam wurde das Zimmer dunkler. Jemand brachte eine Kerze herein, und als sich die Finsternis auf uns senkte, machte ihr kleines, flackerndes Licht die Szene noch unwirklicher. Das regelmäßige Geräusch des Kerosinofens versetzte uns in eine Art Trance. So blieben wir stundenlang sitzen und beobachteten argwöhnisch die seltsamen Männer und Frauen, die uns ebenso argwöhnisch beäugten. Der Bann wurde endlich durch Hundegebell gebrochen, das jemanden ankündigte. Alle im Zimmer sprangen auf die Füße, wachsam, erwartungsvoll.
    Nach wenigen Minuten schlüpfte ein alter Mann ins Haus. Er mag um die sechzig gewesen sein, aber ich konnte es nur raten. Dies ist ein hartes Land, die Haut altert schnell. Er trug Khaki-Kleidung, wahrscheinlich aus Armeebeständen, eine Fellkappe und eine olivfarbene Militärjacke. Der Herr des Hauses sagte etwas zu uns, es war wohl eine Art Vorstellung. »Salam.«, murmelte der alte Mann. Er ging schnell im Zimmer auf und ab, wärmte sich die Hände kurz am Ofen und plauderte mit den anderen. Er war frisch, voller Energie, bereit für alles, was da kommen mochte. Eine der Frauen brachte uns neue Kleider und bedeutete mir, die vielen Schichten meiner kurdischen Kleidung auszuziehen, bis ich nur noch meine eigenen Kleider trug. Dann half sie mir, vier andere Kleider überzuziehen, die sich in einigen Kleinigkeiten von den anderen unterschieden. Sie waren, gemäß der Sitte einer anderen Gegend, noch stärker gerüscht als die anderen. Als die Frauen mit mir fertig waren, war ich so fest eingepackt, dass ich mich kaum rühren konnte.
    Während des Umziehens war der alte Mann die ganze Zeit ungeduldig im Zimmer umhergehüpft, denn er wollte gehen. Sowie ich fertig war, winkte er Mahtab und mir, ihm in das kleine Zimmer, in dem unsere Stiefel waren, zu folgen. Er sagte etwas, und eine der Frauen blies die Kerze aus und tauchte damit das ganze Zimmer in Dunkelheit, nur der Kerosinofen verbreitete noch ein schwaches Licht. Dann öffnete er die Tür gerade weit genug, dass wir hinauslangen und unsere Stiefel holen konnten. Er schloss die Tür wieder, schnell und geräuschlos. Mahtab hatte Schwierigkeiten, sich die Stiefel anzuziehen, und ich konnte mich kaum bücken, um ihr zu helfen. »Schnell! Schnell!«, trieb uns der alte Mann an. Endlich waren wir fertig. Mahtab ergriff tapfer meine Hand. Wir wussten nicht, wohin es ging, aber wir waren froh, von hier fortzukommen. Vielleicht brachte uns dieser alte Mann zur Rotkreuz-Ambulanz. Schweigend folgten wir dem Herrn des Hauses und unserem neuen Führer in die eiskalte Nacht. Der »Mann, der wiedergekommen war« folgte uns. Schnell schloss sich die Tür hinter uns. Geräuschlos wurden wir hinter das Haus geleitet. Der Hund bellte wütend, sein Geheul hallte durch die Nacht und wurde im aufkommenden orkanartigen Wind weitergetragen. Er kam zu uns gelaufen und stieß uns mit seiner Schnauze an. Ängstlich wichen wir zurück. Ich hörte das Wiehern eines Pferdes.
    Es war eine sternenklare Nacht, aber aus irgendeinem Grunde erhellten sie den Boden nicht. Stattdessen leuchtete der Himmel in unheimlichem Grau-Weiß. Wir konnten kaum ausreichend sehen, um unserem Führer zu folgen. Als wir uns einem wartenden Pferd näherten,

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