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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty Mahmoody
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wurden zusehends lauter. Der Tonfall des Soldaten war bösartig, unverschämt. Mahtab krallte ihre Hand in meine. Ich hatte Angst, auch nur Luft zu holen.
    Schließlich, nach einer Ewigkeit, machte der Soldat einen Schritt zurück. Unser Fahrer blickte seinen Begleiter an und stieß einen hörbaren Seufzer der Erleichterung aus. Seine Geschichte war glaubhaft gewesen. Wir fuhren wieder weiter, holperten querfeldein, bis wir an eine Landstraße kamen. Militärfahrzeuge fuhren in beiden Richtungen an uns vorüber. Vor uns drohte ein Kontrollpunkt, doch bevor wir ihn erreichten, hielt unser Fahrer am Straßenrand und bedeutete uns, auszusteigen. Der andere Mann verließ den Jeep und winkte uns, ihm zu folgen. Offensichtlich mussten wir den Kontrollpunkt umgehen. Mahtab und ich folgten dem Mann auf das flache, offene Feld, eine Hochebene, die mit Eis, Schnee und gefrorenem Schlamm bedeckt war. Wir waren von dem Kontrollpunkt aus gut zu sehen, konnten niemanden an der Nase herumführen. Ich kam mir vor wie eine Zielscheibe in einer Jahrmarktsbude. Wir stapften mehrere Minuten über das Feld, bis wir auf eine andere Landstraße trafen, auf der starker Verkehr in beide Richtungen floss. Ich nahm an, der Jeep würde uns hier wieder einsammeln, oder vielleicht das rote Auto, von dem Mosehn gesprochen hatte. Aber anstatt stehenzubleiben, machte sich unser Führer auf den Weg. Wir folgten ihm frierend, unglücklich und verwirrt am Straßenrand entlanggehend.
    Wir liefen gefährlicherweise mit dem Verkehr in dieselbe Richtung, bergauf, bergab, in gleichmäßigem Tempo, ohne den Schritt zu verlangsamen, selbst wenn furchterregend laute Militärlastwagen an uns vorüberrauschten. Zuweilen rutschten wir auf dem vereisten Schlamm aus, aber wir eilten weiter. Mahtab setzte einen kleinen Fuß vor den anderen, ohne sich auch nur einmal zu beschweren. Wir stapften etwa eine Stunde lang so an der Straße entlang, bis unser Führer am Fuß eines besonders steilen Hügels einen ebenen Platz im Schnee fand. Er gab uns mit einer Handbewegung zu verstehen, dass wir uns dort ausruhen sollten. Mit ein paar Worten Farsi und etwas Zeichensprache erklärte er uns, wir sollten sitzenbleiben, er würde wiederkommen. Dann ging er mit schnellen Schritten davon. Mahtab und ich saßen im Schnee, alleingelassen, und sahen zu, wie er über den Kamm eines langen, eisbedeckten Hügels verschwand. Warum sollte er wiederkommen?, fragte ich mich. Es ist hier schrecklich. Amahl hat diese Männer im Voraus bezahlt. Man hat eben auf uns geschossen. Warum in Gottes Namen sollte dieser Mann sich die Mühe machen, wiederzukommen? Ich weiß nicht, wie lange wir dort saßen und voller Sorge warteten und beteten. Ich hatte Angst, es würde jemand anhalten, um uns zu überprüfen oder uns Hilfe anzubieten. Was sollte ich dann sagen?
    Einmal sah ich den offenen Jeep vorbeifahren, gesteuert von dem Mann, der sich bei dem Soldaten aus der Gefahr herausgeredet hatte. Er sah uns direkt an, gab aber nicht zu erkennen, dass er wusste, wer wir waren. Der Mann wird nicht wiederkommen, wiederholte ich stumm. Wie lange würden wir hier sitzenbleiben und warten? Wohin konnten wir uns wenden? Mahtab sagte nichts. Ihre Miene war entschlossener denn je. Sie war auf dem Weg nach Amerika. Der Mann wird nicht zurückkommen, dessen war ich mir jetzt sicher. Wir würden bis zum Einfall der Dunkelheit hier sitzenbleiben. Dann würden wir etwas unternehmen müssen. Was? Uns selbst auf den Weg machen, Richtung Westen. Mutter und Tochter allein sollten sich bemühen, zu Fuß über die Berge in die Türkei zu kommen? Würden wir den Weg zurück zum Kontrollpunkt finden können, um dort unsere Träume und vielleicht unser Leben zu verlieren? Oder würden wir einfach im Laufe der Nacht erfrieren und einander in den Armen liegend an der Landstraße krepieren? Der Mann wird nicht wiederkommen. Ich musste an die Geschichte denken, die Helen mir vor so langer Zeit erzählt hatte, die Geschichte von der iranischen Frau und ihrer Tochter, die auf genau die gleiche Art ausgesetzt worden waren. Die Tochter war gestorben. Die Frau war fast gestorben und hatte während der Tortur alle Zähne eingebüßt. Das Bild dieser erledigten Frau spukte durch mein Hirn.
    Ich war zu starr vor Kälte und vor Panik, um das rote Auto zu bemerken, das herannahte. Es hielt schon am Straßenrand an, bevor ich es erblickte. Der Mann war zurückgekommen! Er schob uns schnell in das rote Auto und befahl dem

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