01 - Nicht ohne meine Tochter
englischen Obszönitäten entgegen, die ihm einfielen. Ich fing an zu weinen, plötzlich ohnmächtig gegen seine Wut. Dann versuchte Mahtab mich zu retten, indem sie sich zwischen uns schob. Moody sah auf sie herab, als wenn sie ihm da erst wieder eingefallen wäre. In blinder Wut schlug er ihr mit dem Handrücken brutal ins Gesicht. Blut quoll aus einem Schnitt rechts an der Oberlippe und tropfte in den Staub. »Naäsches.«, murmelten die Menschen um uns herum, »schmutzig.« Blut wird im Iran als Verunreinigung angesehen und muss sofort weggewischt werden. Aber niemand griff ein in das, was deutlich nach einem Familienstreit aussah.
Weder Ameh Bozorg noch sonst jemand von der Verwandtschaft machte den Versuch, Moodys Wut zu beschwichtigen. Sie starrten auf den Boden oder in die Luft. Mahtab weinte vor Schmerzen. Ich nahm sie auf den Arm und versuchte, mit dem Zipfel meines Tschadors das Blut zu stillen, während Moody die Flut von Obszönitäten nicht abreißen ließ und mir unflätige Ausdrücke an den Kopf warf, die ich noch nie von ihm gehört hatte. Durch einen Tränenschleier sah ich, wie sich sein Gesicht zu einer hasserfüllten, fürchterlichen Grimasse verzerrte. »Wir müssen Eis für ihre Lippen besorgen.«, schrie ich. Der Anblick von Mahtabs blutverschmiertem Gesicht ließ Moody etwas ruhiger werden, auch wenn er keine Reue zeigte. Er hatte sich wieder in der Gewalt, und zusammen suchten wir einen Verkäufer, der bereit war, ein paar Eisstückchen von einem großen schmutzigen Block abzuschlagen und uns einen Becher voll zu verkaufen. Mahtab wimmerte. Moody war mürrisch, kein bisschen reumütig. Und ich versuchte mit der Entdeckung fertig zu werden, dass ich mit einem Verrückten verheiratet war und in der Falle saß, in einem Land, in dem die Gesetze ihn zum absoluten Herrscher über mich machten.
Fast ein Monat war vergangen, seit Moody uns gefangen genommen hatte, und je länger wir im Iran blieben, desto mehr gab er der unbegreiflichen Anziehungskraft seiner ursprünglichen Kultur nach. Irgendetwas in Moodys Innerem war schrecklich durcheinandergeraten. Ich musste meine Tochter und mich aus diesem Alptraum befreien, bevor er uns umbrachte.
Einige Tage später, während der trägen Nachmittagsstunden, als Moody weggegangen war, beschloss ich, eine verzweifelte Flucht in die Freiheit anzutreten. Ich fischte ein paar iranische Rials aus ihrem Versteck, nahm Mahtab und verließ eilig das Haus. Wenn ich mit der Botschaft nicht per Telefon Kontakt aufnehmen konnte, musste ich irgendwie selbst dorthin finden. In meinen Manto und meinen Rusari eingewickelt, hoffte ich, nicht als Ausländerin aufzufallen. Ich hatte keine Lust, jemandem mein Verhalten erklären zu müssen. Ich hatte meinen Rusari tief ins Gesicht gezogen, um nicht die Aufmerksamkeit der Pasdar, der allgegenwärtigen, schreckenerregenden Geheimpolizei zu erregen. »Wohin gehen wir, Mommy?«, fragte Mahtab. »Ich sage es dir gleich. Beeil dich.« Ich wollte ihr keine Hoffnungen machen, bevor ich uns nicht in Sicherheit glaubte.
Wir gingen schnell, eingeschüchtert durch das wilde Treiben in der geschäftigen Stadt, und wussten nicht, in welche Richtung wir uns wenden sollten. Mein Herz klopfte vor Angst. Wir hatten uns entschieden. Ich konnte die Grausamkeit von Moodys Verhalten nicht voraussagen, wenn er erst herausgefunden hatte, dass wir geflohen waren, aber ich hatte auch nicht vor, zurückzukehren. Ich erlaubte mir einen leisen Seufzer der Erleichterung über die erfreuliche Tatsache, dass wir ihn nie wiedersehen würden.
Schließlich fanden wir ein Gebäude mit einem Schild, auf dem das Wort »Taxi« in englischer Sprache zu lesen war. Wir gingen hinein, um uns nach einem Taxi zu erkundigen, und in fünf Minuten waren wir auf dem Weg in die Freiheit. Ich versuchte, dem Fahrer zu erklären, dass er uns zur amerikanischen Vertretung in der Schweizer Botschaft bringen sollte, aber er konnte mich nicht verstehen. Ich wiederholte die Adresse, die meine Mutter mir am Telefon durchgegeben hatte: »Park Avenue und siebzehnte Straße.« Bei dem Wort »Park Avenue« heiterte sich sein Gesicht auf, und er fuhr los, mitten durch das Verkehrschaos. »Wohin fahren wir, Mommy?«, fragte Mahtab wieder. »Wir fahren zur Botschaft.«, sagte ich. Jetzt, wo wir auf dem Weg dorthin waren, konnte ich wieder leichter atmen. »Dort sind wir sicher. Von da aus können wir nach Hause fliegen.« Mahtab jubelte.
Nachdem er mit seinem Wagen
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